Abschied aus der Johannisstraße: Die Pauluswand verlässt den alten Standort und passiert die Petrikriche.
© KTF | Eckhard Kluth

Ein neues Zuhause für die Pauluswand

Gelungener Kunst-Umzug dank Fingerspitzengefühl und viel Expertise

Der erste Umzug in den Hüffer-Campus ist geschafft: Die 300 Kilogramm schwere Pauluswand hat die Johannisstraße in Millimeterarbeit durch ein ausgebautes Fenster verlassen. Das Stahl-Mosaik des Künstlers Ewald Mataré von 1961 steht nun in den neuen Räumlichkeiten der Katholisch-Theologischen Fakultät, dem Campus der Theologien und Religionswissenschaft. Noch sind die Bauarbeiten dort im vollen Gange.

Bis zum letzten Moment war nicht klar, ob das alles überhaupt klappt. Die entscheidende Frage lautete: Ist das großformatige, 300 Kilogramm schwere Kunstwerk von Ewald Mataré überhaupt aus der Johannisstraße hinauszubekommen – und wie gelangt es dann in den zweiten Stock am neuen Standort im Hüffer-Campus?

Mit vereinten Kräften positioniert das Team die stabilisierte Pauluswand vor dem Fenster im Flur der Johannisstraße.
© KTF | Eckhard Kluth

„Wenn fest eingebaute Kunst umziehen soll, muss man immer auf Überraschungen gefasst sein und dieser Fall war besonders kompliziert“ fasst Dr. Eckhard Kluth den langen Umzugstag Ende August zusammen. „Dass alles aber trotzdem so erfolgreich geklappt hat, liegt an der wirklich guten Zusammenarbeit aller Beteiligten.“ Die Federführung für den Umzug lag beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB), dem die meisten Universitätsgebäude gehören. Als Betreuer des universitären Kunstbesitzes hat Kluth den Kunst-Umzug fachlich begleitet. Die eigentliche Arbeit lag aber in den Händen des selbstständigen Restaurators Wolf Meyer zu Bargholz: „Da es keine Unterlagen darüber gab, wie die Pauluswand in sich stabilisiert ist und wie sie sich für einen Transport befestigen lässt, musste Wolf Meyer zu Bargholz vor Ort richtig Archäologie betreiben“, sagt Eckhard Kluth.

Zusammenspiel von Größe und Fragilität

Vor 64 Jahren, 1961, schuf der Künstler und Bildhauer Ewald Mataré die Pauluswand: Ein Glasmosaik, in dem ineinander geschweißte Stahlprofile wie Spinnenweben die Mosaikgläser halten. Im Zentrum steht der Apostel Paulus in vergoldeter Bronze. Mit einer Größe von 3,90 mal 2,65 Metern und einem Gewicht von circa 300 Kilogramm hat das Kunstwerk enorme Ausmaße. Die Mosaikgläser dagegen sind nur 3 Millimeter dick – und entsprechend fragil.

Die Pauluswand von Ewald Mataré strahlt hell erleuchtet im Eingang der Katholisch-Theologischen Fakultät. Undatierte Archivaufnahme.
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„Weil das Material sehr empfindlich ist, konnte ich nur sehr feines Werkzeug einsetzen“, beschreibt Wolf Meyer zu Bargholz seine Arbeit. Bereits im Februar fing der Restaurator an, sich mit dem Kunstwerk, seiner Positionierung und der Beschaffenheit zu befassen. Drei Wochen vor dem Umzug hat er dann ununterbrochen vor Ort in der Johannisstraße gearbeitet und die Pauluswand freigelegt. „Sie war stark eingemauert und schnell war klar, dass eine Demontage ohne Glasbruch anspruchsvoll wird“, sagt Meyer zu Bargholz über die Herausforderungen.

Um nichts dem Zufall zu überlassen, gab es kurz vor dem geplanten Umzug einen Probelauf mit einem selbstgebauten Dummy, einer Kiste mit den Maßen der Pauluswand. Dabei zeigte sich, dass der zunächst geplante Weg durch den Keller der Johannisstraße an einer Stelle nur wenige Zentimeter zu eng war. Es blieb nur der Weg durch das Fenster, ein Plan, dem der BLB ganz pragmatisch schnell zustimmte.

Nur 30 Millimeter Spielraum: Ganz langsam hat der Kran das Kunstwerk durch das ausgebaute Fenster gehievt.
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Keine Aktionskunst, sondern Millimeterarbeit

Dafür musste ein kleiner Baukran auf der Rückseite der Katholisch-Theologischen Fakultät positioniert werden, am idyllisch gelegenen Schwester-Laudeberta-Weg entlang der Aa. Was für Passant:innen aussah wie Aktionskunst, war aber kein Happening, sondern hochprofessionelle Arbeit.

Eine Fensterbaufirma baute das Fenster am Umzugstag komplett aus, aber immer noch blieb es Millimeterarbeit. „Die Laibung des Fensters ist 3,93 Meter breit, der Mataré 3,90 Meter. Wir hatten also ein Spiel von nur 30 Millimetern. Da ist man natürlich nervös“, erklärt Wolf Meyer zu Bargholz. Zumal der Kran das 300 Kilo schwere Kunstwerk aus dem Fenster im ersten Stock hieven musste. Anstatt das Kunstwerk in einer geschlossenen Kiste zu transportieren, musste es daher auf Vorder- und Rückseite so versteift und gesichert werden, dass es sich in den Kranschlingen nicht wölbt und die fragilen Glasscheiben platzen.

Kunst auf der Baustelle
Als die Pauluswand auf einem Anhänger am Hüffercampus ankommt, lärmen Maschinen, Staub liegt in der Luft, von den unverkleideten Decken hängen Kabel. Die Bauarbeiten bieten für den Einzug des Kunstwerks allerdings einen entscheidenden Vorteil: Das Umzugsteam kann einen Gerüstaufzug nutzen, der außen an der Fassade Baumaterialien nach oben transportiert.

Mit einem Gerüstaufzug wird das 300 Kilo schwere Kunstwerk in den zweiten Stock des Hüffer-Campus gefahren.
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Zusammen mit den Handwerkern befestigt, justiert und arretiert Meyer zu Bargholz die Pauluswand. Dann schwebt sie die erst teilweise verklinkerte Fassade ganz langsam nach oben. Mit einem eigens gebauten Fahrwerk rollt das Umzugsteam den 300 Kilo schweren Mataré über den nackten Betonboden an seinen endgültigen Standort.

Noch ist der Hüffercampus Baustelle. Die Pauluswand wartet verpackt auf dem neuen Dekanatsflur im zweiten Obergeschoss darauf, endgültig eingebaut zu werden. Das geschieht voraussichtlich im Frühling 2026, wenn auch die Räume weitgehend fertig sind.

Fotos

Ein letztes Mal strahlt der goldene Paulus im Zentrum des Stahl-Mosaiks, bevor Wolf Meyer zu Bargholz die Pauluswand für den Umzug vorbereitet.
Ein letztes Mal strahlt der goldene Paulus im Zentrum des Stahl-Mosaiks, bevor Wolf Meyer zu Bargholz die Pauluswand für den Umzug vorbereitet.
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  • Mit feinem Werkzeug legt Restaurator Wolf Meyer zu Bargholz die eingemauerte Pauluswand frei.
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  • Für den Transport vorbereitet: Die stabilisierte Pauluswand - ohne den Paulus.
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  • Mit vereinten Kräften positioniert das Team den Mataré vor dem Fenster im Flur der Johannisstraße.
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  • Millimeterarbeit: Ganz langsam zieht der Kran das Kunstwerk durch das ausgebaute Fenster.
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  • Auszug aus der Johannisstraße.
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  • Abschied aus der Johannisstraße: Die Pauluswand verlässt den alten Standort und passiert die Petrikriche.
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  • Die Pauluswand schwebt die erst teilweise verklinkerte Fassade ganz langsam nach oben.
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  • Dr. Eckhard Kluth, Leiter der Zentralen Kustodie und des Kulturbüros der Universität Münster, und Restaurator Wolf Meyer zu Bargholz vor der Baustelle des Hüffer-Campus.
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  • Geschafft: Die Pauluswand ist im Hüffer-Campus angekommen.
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  • Vorsichtiger Transport durch den engen Dekanatsflur im Hüffer-Campus.
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  • Restaurator Wolf Meyer zu Bargholz auf dem neuen Dekanatsflur im Hüffer-Campus.
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Ewald Mataré
Ewald Mataré (1887 bis 1965) war ein deutscher Bildhauer, Medailleur, Grafiker und Maler. Sein Gesamtwerk umfasst an die 600 plastische Werke, mehr als 400 Holzschnitte, rund 300 Zeichnungen und mehr als 200 Aquarelle. Im Mittelpunkt seines Schaffens stehen stilisierte Tierskulpturen und sakrale Auftragsarbeiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er einer der bedeutendsten und einflussreichsten deutschen Bildhauer und einer der wichtigsten Künstler der Klassischen Moderne. Anerkennung erwarb er sich unter anderem mit Aufträgen für das Südportal des Kölner Doms (1947 bis 1954) und dem Portal der Weltfriedenskirche in Hiroshima (1953 bis 1954). Als Professor an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf beeinflusste er zahlreiche Künstler. Zu seinen Meisterschülern gehörte unter anderem Joseph Beuys.

Campus der Theologien und Religionswissenschaft
Die Universität Münster schafft an der Robert-Koch-Straße in Münster einen weltweit einzigartigen Campus der Theologien und Religionswissenschaft. An einem Standort lehren und forschen ab voraussichtlich Mitte 2026 die Katholisch-Theologische Fakultät, die Evangelisch-Theologische Fakultät und das Zentrum für Islamische Theologie. Darüber hinaus finden sich hier auch alle Einrichtungen theologischer und religionsbezogener Forschung und Lehre an der Universität Münster. Der zentrale Gebäudekomplex bietet Platz für 4.400 Studierende und 500 Beschäftigte. Hier entsteht zudem
auf 4.000 Quadratmetern die voraussichtlich größte theologische Bibliothek Europas mit einem Bestand von gut einer halben Million Bänden und zahlreichen Fachzeitschriften.

Text: Dagmar Thiel