Das IBET beteiligt sich am Adventskalender der WWU

Frage zur ehernen Schlange von Ludger Hiepel
© Uni MS

Hinter dem Türchen des WWU-Adventskalender am 23.12.2021 verbarg sich eine Frage von Ludger Hiepel. Diese bezog sich auf ein Objekt der digitalen Ausstellung „Die Bibel im Paulusdom“ , die Studierende im Rahmen eines Hauptseminars, das im Sommersemester 2021 in Kooperation mit den Kunsthistorikerinnen der Domkammer des St.-Paulus-Dom durchgeführt wurde, gemeinsam mit den Dozierenden entwickelt hatten. Gefragt war nach dem Tier auf der Pestmedaille von 1539. Die Vorderseite der Münze aus der Domkammer zeigt eine Schlange. Die sogenannte Murrgeschichte Numeri 21,4–9 aus dem Alten Testament erzählt, wie sich das Volk Israel auf seiner Wanderung ins gelobte Land beklagt und von Gott dafür bestraft wird. Die Israeliten sehen daraufhin ein, dass dieses Murren falsch war und bitten Mose um Hilfe, der bei Gott Fürsprache hält. Gott lässt Mose die eherne Schlange aufrichten, die Rettung ermöglicht. Diese Erzählung wird im Neuen Testament mit der Erhöhung Jesu bei der Kreuzigung in Verbindung gebracht (Johannes 3,14–15), die die der Rückseite der Medaille zeigt. Dieses Zueinander-in- Bezug-Setzen einer Szene aus dem Alten Testament mit einer Szene aus dem neuen Testament wird Typologie genannt. Die umlaufende Inschrift lautet „CHRISTI CREUTZ VND BLVT IST ALLEIN GERECHT VND GVT“ (Christi Kreuz und Blut ist allein gerecht und gut). Die Inschrift scheint hier ein Grundelement reformatorischer Rechtfertigungslehre aufzunehmen: Der Mensch erlangt allein durch die Gnade Gottes – sola gratia auf Lateinisch – Heil und ewiges Leben; er kann es aber nicht durch sein Handeln verdienen. Dieser Gedanke lässt sich auch mit den dargestellten Szenen verbinden. Sowohl die Schlange als auch Jesus stellen ein Lebenssymbol dar, die Schlange für die Israeliten, Jesus für die Christen. Wer die erhöhte Schlange ansieht, kann dem Tod entkommen, ebenso wie der Glaube an Jesus dem Menschen das ewige Leben schenkt. Aufgrund seiner beiden Darstellungen wurde die Medaille als Amulett gegen die Pest und andere Seuchen verwendet. Der Aufhänger am Rand weist daraufhin. Die Inschrift auf der Vorderseite „CHRISTI TODT WEIT VBRTRIFT ALTEN SCHLANGE GIFT“ (Christi Tod weit übertrifft alten Schlange Gift) ist ein Ausdruck einer alten Substitutionstheologie (von lateinisch substituere, „ersetzen“), wonach das Volk Israel, die Juden, nunmehr verworfen und die Bundesverheißungen aufgehoben seien. Mit Christus und dem Neuen Testament gäbe es eine Überbietung des Alten Testaments. In der Inschrift der Medaille wird dies durch das Verb „übertreffen“ beschrieben. Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) hat eine Neubestimmung des Verhältnisses von Christentum und Judentum in der katholischen Kirche stattgefunden. In der Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen Nostra Aetate vom 28. Oktober 1965 heißt es: „Nichtsdestoweniger sind die Juden nach dem Zeugnis der Apostel immer noch von Gott geliebt um der Väter willen; sind doch seine Gnadengaben und seine Berufung unwiderruflich.“ (NA 4)