© Stiftung Innovation in der Hochschullehre

VERANKERUNG DURCH EMOTIONEN

Ein experimentelles Projekt zur nachhaltigen Förderung überfachlicher Kompetenzen und beruflicher Orientierung im Studium

Steckbrief

Der Career Service der Universität Münster bietet Seminare zur Vermittlung überfachlicher Kompetenzen und zur beruflichen Orientierung an. Der langfristige Effekt dieser Seminare ist insbesondere für Studierende in solchen Fächern wichtig, die auf kein festes Berufsbild hin qualifizieren, sondern deren Studiengänge eine Vielzahl beruflicher Optionen eröffnen. In Studien und eigenen Seminarevaluationen geben Studierende an, dass Seminare zur beruflichen Orientierung und zur Vermittlung überfachlicher Kompetenzen als hilfreich empfunden werden. Die langfristige Wirksamkeit stellt jedoch eine Herausforderung dar, da in diesen Kursen erworbene Kompetenzen im Studienverlauf nicht fortlaufend aktualisiert werden. Die neuen Fähigkeiten werden insbesondere ab dem Berufseintritt relevant, angewandt und erlebbar. Dennoch müssen sie schon im Studienverlauf gestärkt werden, damit nach Studienabschluss passende nächste Schritte erfolgen können. Folglich müssen die Studierenden diese Kompetenzen zwar noch im Studium erwerben, dann aber „haltbar“ machen, um sie nach Studienabschluss einsetzen zu können. Im Projekt werden beispielhaft Seminarkonzepte entwickelt, experimentell erprobt und evaluiert, in denen Elemente zur emotionalen Involviertheit der Studierenden eingesetzt werden sollen. Überprüft werden soll, ob es mit diesem methodischen Ansatz möglich ist, eine stärkere und längerfristige Verankerung berufsrelevanter, überfachlicher Kompetenzen zu erreichen.

Laufzeit

01.09.2022 bis 31.12.2024

Drittmittelgeber

Stiftung Innovation in der Hochschullehre
Raboisen 30
20095 Hamburg
Stiftung Hochschullehre

Projektverantwortung

Andrea Schröder, M.A.
E-Mail: andrea.schroeder@uni-muenster.de

Projektfortschritte

Im Folgenden finden Sie die Projektfortschritte in den einzelnen Abschnitten.

  • September bis Dezember 2022

    Hier finden Sie die Projektfortschritte zwischen September bis Dezember 2022

    Die ersten Wochen und Monate waren geprägt von der Erhebung des wissenschaftlichen Kenntnisstandes zur Thematik, insbesondere zur Emotions- und Motivationsforschung, Verankerung von Wissen sowie zu Lehrmethoden. Dazu wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Als zentrale Erkenntnis kann man festhalten, dass der Einfluss von Emotionen insbesondere im Kontext der Schule gut erforscht ist. Für den Hochschulbereich gibt es Ansätze von einzelnen, konkreten Interventionen (z.B. using deliberate mistakes) und deren Auswirkung auf die Wiedergabeleistung des Erlernten im Fachstudium. Viele Wissenschaftler*innen beziehen sich dabei immer wieder auf die Forschung von Reinhard Pekrun (et al.), vor allem auf die Control-Value Theory of Achievement Emotions. Diese Erkenntnisse wurden im Dezember mit dem Hamburger Zentrum für Universitäres Lehren und Lernen besprochen.

  • Januar bis März 2023

    Hier finden Sie die Projektfortschritte zwischen Januar bis März 2023

    Im ersten Quartal 2023 wurde intensiv an der konzeptionellen und methodischen Entwicklung der für das Sommersemester 2023 in diesem Projekt geplanten Lehrveranstaltungen gearbeitet. Diese zwölf Lehrveranstaltungen werden mit einem experimentellen Design und einer jeweils themengleichen, aber methodisch unterschiedlichen Anlage mit Kontroll- und Interventionsgruppen durchgeführt und mittels einer Prä-, Post- und Follow-up-Befragung beforscht.

    Zwei Arbeitsschritte waren im Zuge dieser Vorbereitung und Planung zentral:  Zum einen wurde die Entscheidung getroffen, welche Konstrukte Gegenstand der Befragungen sein sollen. Diese Konstrukte stehen in engem Zusammenhang mit den in den Seminaren behandelten Themenschwerpunkten.  Zur Erfassung der Ausprägung der Konstrukte wurden bereits vorhandene, validierte Fragenbögen recherchiert. Bei den Konstrukten handelt es sich um: Career Decision Self-Efficacy, Bewerbungskompetenz, Konfliktlösungskompetenz, Career Adaptability, Career Identity und Career Exploration. Die Fragebögen wurden für die drei Befragungszeitpunkte angelegt und mit einem  zusätzlichen „Manipulation Check“ versehen.

    Die Interventionen für die Seminare wurden auf der Grundlage der Control-Value Theory of Achievement Emotions von Reinhard Pekrun (2006) zusammen mit allen Referent*innen entwickelt. Es erfolgten außerdem weitere Gespräche mit Forschenden zum weiteren Aufbau von Expertise im Career-Service-Team und zum Austausch über den Fortgang des Projektes. Zusätzlich wurde die E-Learning-Einheit „Orientierung auf dem Arbeitsmarkt - wie finde ich meinen Weg?“ erstellt, die neben fünf Präsenzseminaren Gegenstand der Beforschung innerhalb des Projektes sein wird.

     

    Pekrun, R. (2006). The Control-Value Theory of Achievement Emotions: Assumptions, Corollaries, and Implications for Educational Research and Practice. Educational Psychology Review, 18, 315–341. https://doi.org/10.1007/s10648-006-9029-9

  • April bis Juli 2023

    Hier finden Sie die Projektfortschritte zwischen April und Juli 2023

    Das Sommersemester 2023 stand ganz im Fokus der Durchführung der zwölf Projektseminare zu den sechs Themen „Berufsorientierung“, „Bewerbungsvorbereitung“, „Konfliktlösung“, „Biografiearbeit“, „Entscheidungen treffen“ und „Orientierung auf dem Arbeitsmarkt“. Letztgenanntes Seminar wurde als Online-Lerneinheit angeboten, alle anderen als zweitägige Blockseminare in Präsenz. Sechs Seminare wurden als sogenannte Interventionsseminare angeboten und die mit allen Referent*innen vorab festgelegten Interventionen, die die Leistungsemotionen besonders aktivieren sollten, kamen zum Einsatz. Um die Güte und Eignung der eingesetzten Lehr-Interventionen zu überprüfen, wurde eine klärende Evaluation durch qualitative Interviews durchgeführt. Zentral war dabei die Frage, ob die Interventionen geeignet sind, Leistungsemotionen zu aktivieren, in welchem Ausmaß sie dies schaffen und welche Optimierungen vorgenommen werden sollten, bevor die Seminare im Wintersemester erneut durchgeführt werden. Pro Interventionsseminar wurden dabei zwei Teilnehmende befragt, um folgende Aspekte klären zu können:

    • Inwieweit werden die Interventionen von den Teilnehmenden wahrgenommen?
    • Welche Empfindungen schildern die Teilnehmenden in Bezug auf die Interventionen?
    • Welche Hinweise werden hinsichtlich Lernfortschritten und der Verbesserung der Interventionen genannt?

    Die qualitative Erhebung wurde im Laufe des Sommersemesters als neues Element zum laufenden Projekt hinzugefügt. Die im Projektantrag bereits eingeplante wirkungsfeststellende Evaluation wurde parallel als quantitative Erhebung realisiert. Die Seminare jeweils mit und ohne emotionsstimulierende Interventionen wurden vergleichend untersucht, indem alle Seminarteilnehmer*innen an einer Prä-, Post- und Follow-up-Befragung teilgenommen haben. Befragt wurde unmittelbar zum Seminarbeginn und nach Seminarabschluss, zusätzlich wird noch einmal drei Monate nach Seminarende befragt.  

  • August und September 2023

    Hier finden Sie die Projektfortschritte im August und September 2023

    Nach dem Semester ist vor dem Semester – damit standen die beiden Sommermonate ganz im Zeichen der Sichtung und Auswertung der gesammelten Daten, damit diese für das kommende Wintersemester strukturiert genutzt werden können. Im Folgenden wird eine Übersicht über die Projektfortschritte in den Monaten August und September beschrieben.

    An den zwölf Projektseminaren haben insgesamt 232 Teilnehmer*innen teilgenommen, das entspricht rund 26,04% aller Career-Service-Teilnehmenden im Sommersemester 2023. Die im Projektantrag angestrebten 240 Teilnehmenden pro Semester wurden damit im Sommersemester 2023 nahezu erreicht. Die Kontrollgruppen waren mit 124 TN etwas besser besucht als die sogenannten Interventionsgruppen mit 108 TN.

    Wichtigster Bestandteil der Auswertung aller Daten war der Beginn der Versendung der T3-Befragung, die im August gestartet ist und bis in den Oktober hineinreichen wird. Zugleich wurden die bereits vorhandenen Daten der T1- und T2-Befragung vorbereitet für die statistische Auswertung (die in Teilen bereits angefangen hat). Die sogenannten Methodenskizzen der Referent*innen (Abfrage der Seminarinhalte und der verwendeteten Methoden) und die schriftlichen Reflexionen der Studierenden in den Interventionsgruppen wurden evaluiert. Darüber hinaus werden die geführten qualitativen Interviews im Zuge einer Masterarbeit mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse in den kommenden Monaten ausgewertet.

    Eine zentrale Änderung zwischen dem Sommer- und dem Wintersemester wird der Einschub einer längeren Selbstlernphase zwischen den beiden Veranstaltungstagen der Blockseminare sein. In dieser Zeit reichen die Studierenden Teilaufgaben ein und bekommen explizites Feedback, damit die Leistungsemotionen noch einmal verstärkt werden - so die These. Diese wird mit den Ergebnissen der Befragung im Wintersemester überprüft werden.

    Hinsichtlich Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung wurde auf der csnd-Jahrestagung zudem das Projekt als Poster-Vortrag vorgestellt. Im „Career Service Netzwerk Deutschland e. V.“ (csnd) sind die Career Services der Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland vernetzt. Vom 20. bis zum 22. September 2023 trafen sich die Mitglieder des csnd erstmals an der Universität Münster zu ihrer bundesweiten 17. Jahrestagung – und feierten u. a. 25 Jahre Career-Service-Arbeit an Deutschlands Hochschulen. So konnte sich mit interessiertem Fachpublikum über das Projekt ausgetauscht werden. Außerdem entstanden intensivere Vernetzungsmöglichkeiten, u.a. mit dem Career Service in Hamburg: Hier wird es Ende November ein Treffen zur Vorstellung und Diskussion des Projekts an der Universität Hamburg geben, u.a. um zu schauen, ob und welche Übertragungsmöglichkeiten es geben könnte. Außerdem wird es ein weiteres Treffen im Dezember für eine Projektvorstellung mit allen Hamburger Career Services geben.

    Das Poster ist hier abrufbar.

  • Oktober 2023 bis März 2024

    Hier finden Sie die Projektfortschritte zwischen Oktober 2023 bis März 2024

    Die im Sommersemester begonnene Befragung wurde wie geplant im Wintersemester fortgeführt. Dies war somit das zweite Semester, in dem die vom Career Service angebotenen Seminare durchgeführt und mit einer begleitenden Befragung beforscht wurden. Erneut fanden Seminare mit emotionsbasierten Lehrmethoden als auch Kontrollgruppen ohne Interventionen statt und alle Seminare wurden von einer Prä-, Post- und Follow-up-Befragung begleitet. Diese quantitative Befragung wurde erneut von einer qualitativen Befragung begleitet. Alle gesammelten Daten werden im Anschluss ausgewertet.

    Außerdem wurden erste Vorbereitungen für die Abschlussveranstaltung getroffen. So findet ein begleitendes Projektseminar zum Thema Eventplanung im Sommersemester 2024 statt, in dem Studierende nicht nur die Vorbereitung und Durchführung des Abschluss-Events lernen und gestalten, sondern dann auch aktiv an der Veranstaltung teilnehmen. Sobald der geplante Termin finalisiert ist, informieren wir Sie u.a. an dieser Stelle.

    Darüber hinaus wurden bereits erprobte Elemente aus den vergangenen zwei Semestern in das aktuelle Sommersemester überführt. So wurde von den teilnehmenden Studierenden zum Beispiel oftmals sehr lobend das seminar-begleitende Feedback erwähnt, so dass dieses jetzt auch in Kurse ins Sommersemester einfließt. Dies ist bereits Teil der angestrebten Verstetigung der Lehrangebote.

  • April bis Dezember 2024

    Hier finden Sie die geplanten Projektfortschritte zwischen April bisDez. 2024

    In diesem Zeitraum werden...

    • die Ergebnisse aus beiden Befragungs-Semestern zusammengeführt und ausgewertet,
    • die Erkenntnisse, Erfahrungen und Ergebnisse publiziert,
    • die Ergebnisse mit zwei Videos präsentiert (werden hier veröffentlicht).
  • Literaturhinweise

    • Pekrun, R. (2006). The Control-Value Theory of Achievement Emotions: Assumptions, Corollaries, and Implications for Educational Research and Practice. Educational Psychology Review, 18, 315–341. DOI:  10.1007/s10648-006-9029-9
    • Frenzel, A. C. & Götz, T. & Pekrun, R. (2009): Emotionen. In E. Wild und J. Möller (Hrsg.), Pädagogische Psychologie. Heidelberg, 211–236. DOI: 10.1007/978-3-642-41291-2_9

    • Frenzel, A. C. & Stephens, E. J. (2017): Emotionen. In: T. Götz (Hrsg.): Emotion, Motivation und selbstreguliertes Lernen.  Paderborn, 16–77. DOI: 10.36198/9783838534817

    • Kuhbandner, C.; Frenzel, Anne (2019): Emotionen. In: D. Urhahne, M. Dresel und F. Fischer (Hrsg.), Psychologie für den Lehrberuf.  Berlin, Heidelberg, 185–206.
      DOI: 10.1007/978-3-662-55754-9_10

    • Pekrun, R. (2017). Emotion, Lernen und Leistung. In Springer eBooks (S. 215–231).
      DOI: 10.1007/978-3-658-18589-3_12

    • Pekrun, Reinhard; Linnenbrink-Garcia, Lisa (Hg.) (2014): International handbook of emotions in education. New York, NY: Routledge (Educational psychology handbook series).

    • Urhahne, Detlef; Dresel, Markus; Fischer, Frank (Hg.) (2019): Psychologie für den Lehrberuf. 1. Auflage 2019. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. Online verfügbar unter http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:31-epflicht-1530469.

    • Pekrun, Reinhard (1998): Schüleremotionen und ihre Förderung: Ein blinder Fleck der Unterrichtsforschung. In: Psychologie in Erziehung und Unterricht (44), S. 230–248.

    • Götz, Thomas; Frenzel, Anne C.; Pekrun, Reinhard (2007): Emotionen im Lern- und Leistungskontext. In: Katechetische Blätter.

    • Mayring, Philipp (2019). Qualitative Inhaltsanalyse – Abgrenzungen, Spielarten, Weiterentwicklungen [30 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 20(3), Art. 16, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-20.3.3343.

     

    Fragebögen:

    • Di Giusto, Flavio; Müller Werder, Claude; Reichmuth, Andrea (2018): Multiple-Choice-Aufgaben: Teaching Guide for Higher & Professional Education. Abgerufen von: https://digitalcollection.zhaw.ch/handle/11475/14508
    • Rowold, J. (2009). CES-D. Career Exploration Survey - deutsche Fassung [Verfahrensdokumentation und Fragebogen].
      Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID. DOI: 10.23668/psycharchives.4498

    • Schreiber, M., Mäder, R., Inniger, M., (2023). Handbuch Career Adapt-Abilities Skala (CAAS). Zürich. Abgerufen von https://www.laufbahndiagnostik.ch/downloads/de/Handbuch_Fragebogen_Laufbahn-Adaptabilitaet_CAAS__24_Fragen.pdf

    • Wendling, E., Sagas, M., (2022). Development and Validation of the Career Identity Development Inventory. Journal of Career Assessment 2022, Vol. 30(4), 678–696. DOI: 10.1177/10690727211063374

    • Taylor, K.M., Betz, N.E., (1983). Applications of self-efficacy theory to the understanding and treatment of career indecision. Journal of Vocational Behavior, 22 (1), 63 - 81. DOI: 10.1016/0001-8791(83)90006-4

    • Boyd, B. B., George, D. M. (2019). The Influence of an Undergraduate Conflict-Resolution Course to Effect Change in Student Cognitions, Attitudes and Behaviors in Their Personal Relationships. Journal of Research on Christian Education 2019, 28 (3), 309–324. DOI: 10.1080/10656219.2019.1703850