Resilient Healthcare in Times of Multiple Crises

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RE‑CARE ist ein von der DFG gefördertes deutsch-japanisches Forschungsnetzwerk, das sich mit der Rolle von Technologie in Krisen auseinandersetzt. Ziel ist es, disziplin- und kulturübergreifend zu erforschen, wie gesellschaftliche Resilienz gestärkt werden kann – etwa im Umgang mit Pandemien, demografischem Wandel oder technologischen Umbrüchen. Die nächste Konferenz wird am 25. Und 26. August 2025 in Münster stattfinden, das Programm kann auf der Homepage eingesehen werden.  RE-CARE Website

Gruppenbild der Konferenz in Tokio im März 2024
RE-CARE Konferenz in Tokio im März 2024
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Im Gespräch mit:
Dr. Dennis Krämer 

Wie kam es zur Gründung des Projekts RE-CARE? 
Schon vor RE-CARE gab es ein vom BMFTR gefördertes Projekt, das sich mit dem deutsch-japanischen Austausch zu COVID-19 beschäftigte. Inspiriert von dieser kriseninduzierten Zusammenarbeit, habe ich auf einer Konferenz damals einfach ganz konkret gefragt: Wer hätte Lust, gemeinsam etwas Größeres anzustoßen? 

Wer gehört zum Netzwerk – und wie ist es strukturiert? 
RE‑CARE ist seit Juni 2024 als DFG-Netzwerk offiziell bewilligt. Aktuell sind etwa 40 Personen beteiligt, 27 davon offiziell gelistet. Was für mich besonders wertvoll ist: Wir bringen nicht nur verschiedene Länder, sondern auch sehr unterschiedliche Disziplinen und Karrierephasen zusammen. Von Soziologie über Technik-, Gesundheits-, Rechts-, Sport- und Kulturwissenschaften ist alles dabei, Interdisziplinarität bleibt also nicht nur ein Buzzword. Und auch hierarchisch ist es durchmischt – etwa 50 % Professor*innen, der Rest Postdocs. Gerade diese Vielfalt sehe ich als Stärke: Ältere bringen Erfahrung, Jüngere bringen frische Ideen. Unterschiedliche Perspektiven kommen zusammen, ohne dass eine dominiert. Mein Ziel ist es, dass sich aus dem Netzwerk heraus eigenständige Projekte entwickeln – auch dann noch, wenn ich nicht mehr die Fäden in der Hand halte. 

Was hat Sie persönlich motiviert, dieses Projekt zu initiieren? 
Mein fachlicher Hintergrund liegt in Geschlechterforschung, Sport und Gesundheit. Nach meiner Promotion bin ich – auch durch Corona – stärker in Richtung Krisenforschung gegangen. Gemeinsam einem Freund und Kollegen aus Potsdam, der viel zu Technik machte, überlegten wir, wie man Krisen systematisch erforschen kann. Mich interessiert dabei besonders, wie „Krise“ kulturell verstanden wird. In Deutschland denken wir oft an Krieg, Inflation, Energie – sehr sicherheitsbezogen. In Japan hingegen ist zum Beispiel die demografische Entwicklung ein großes Thema, oder die Folgen von Natur- und Nuklearkatastrophen. Die japanische Gesellschaft ist sehr technikaffin – Pflegeroboter, Strahlenindikatoren in Fukushima, ein technologisch gestütztes Versicherungssystem - während in Deutschland Technik oft mit größerer Skepsis entgegengetreten wird. Diese Gegensätze finde ich spannend. Um ein Klischee zu bedienen: Ich bin sicher 100-mal mit der Bahn in Japan gefahren. Nicht ein Zug ist eine Minute zu spät abgefahren – vielleicht hatte ich auch einfach Glück.

An wen richtet sich das Projekt konkret – und was möchten Sie erreichen? 
RE‑CARE richtet sich in erster Linie an Forschende, die interdisziplinär und transkulturell zu Krisen, Gesundheit und Technologie arbeiten. Unser Ziel ist es, nicht nur Austausch zu ermöglichen, sondern gemeinsam zu forschen, dabei wollen wir verschiedene epistemologische Zugänge ernst nehmen und voneinander lernen – nicht nur nebeneinander her arbeiten. 

Was waren bisherige Meilensteine – und wo gab es Herausforderungen? 
Ein erster großer Meilenstein war die Konferenz in Tokio im März – mit vielen Partner*innen aus Japan. Im August folgte die zweite Konferenz in Münster. Für die Zukunft ist eventuell eine dritte in Kyoto geplant. Herausforderungen gab es natürlich auch: sprachliche Barrieren, verschiedene Englisch-Niveaus, Zeitverschiebung, ökonomische Grenzen. Es lässt sich leider nicht alles aus Projektmitteln finanzieren, dafür müssen andere Wege gefunden werden. Aber genau darin liegt auch das Potenzial – kreative Lösungen, neue Allianzen, Perspektivwechsel. 

Welche Wirkung hat das Projekt bisher entfaltet – wissenschaftlich oder persönlich? 
Wissenschaftlich erleben wir sehr viel Offenheit, Interesse und Unterstützung. Besonders beeindruckt hat mich die Zusammenarbeit mit einem Kollegen aus Tokio – ein Rechtswissenschaftler, der zusätzlich als Arzt arbeitet. Trotz dieser extremen Auslastung war er von Anfang an super verlässlich und unterstützend am Start – das beflügelt einen natürlich total. Auf persönlicher Ebene kann ich sagen: Es macht Freude. Die Leute geben einem genauso viel zurück, wie man selbst einbringt, das motiviert mich ungemein. 

Was würden Sie anderen empfehlen, die ähnliche Kooperationen aufbauen möchten? 
Ganz ehrlich: einfach machen. Klar, man braucht ein gutes, begründetes Forschungsvorhaben – aber vor allem den Willen, sich reinzuknien. Man muss vor Ort sein, präsent sein, Verantwortung übernehmen. Ich mache das selbst zum ersten Mal und merke, wie viel Arbeit es ist. Aber es lohnt sich. Außerdem habe ich gelernt, dass ein persönlicher Eindruck oft mehr zählt als zehn E-Mails. Falls es einem möglich ist, würde ich den Tipp geben so früh wie möglich einen persönlichen Kontakt herzustellen, im besten Fall durch eine Reise ins Kooperationsland.  

Ich bedanke mich herzlich bei Dr. Dennis Krämer für das offene und anregende Gespräch. 

Profilfoto von Dr. Dennis Krämer
© Dr. Dennis Krämer

Dr. Dennis Krämer ist Soziologe an der Universität Münster. Aufgewachsen in Hamburg, geprägt von japanischer Popkultur und einer frühen Faszination für Technik und Computerspiele, forscht er heute zu Resilienz, Gesundheit und Geschlechterverhältnissen im internationalen Vergleich. Er gründete und koordiniert das deutsch-japanische DFG-Netzwerk RE‑CARE.

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