Trauer um Prof. a.D. Dr. Joachim Krecher


Das Institut für Altorientalische Philologie und Vorderasiatische Altertumskunde trauert um


Prof. a.D. Dr. Joachim Krecher

Am 12. Dezember 2020 verstarb im Alter von 87 Jahren in Münster Joachim Krecher, Professor im Ruhestand für altorientalische Philologie im Institut für Altorientalistik und Vorderasiatische Archäologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität. Mit ihm verlor die Altorientalistik einen der bedeutendsten Sumerologen des 20. Jahrhunderts.
Joachim Krecher wurde am 10. Juli 1933 in Dresden geboren. Er studierte an den Universitäten Göttingen und Heidelberg und wurde 1963 in Heidelberg bei A. Falkenstein mit einer Arbeit über sumerische religiöse Texte promoviert. 1970 habilitierte er sich schon in Münster über „Das Geschäftshaus Egibi in Babylon in neubabylonischer und achämenidischer Zeit“ und lehrte hier ab 1974 bis 1998.
Krechers Werke haben mehrere Generationen von Altorientalisten beeinflusst. Seine 1966 als Buch erschienene Dissertation („Sumerische Kultlyrik“) ist noch heute nicht veraltet und bleibt ein faszinierendes Beispiel einer akribischen und erschöpfenden Textanalyse. Krecher hatte vielfältige Fachinteressen und sehr breite Fachkenntnisse, sein Schwerpunkt war aber die Grammatik der sumerischen Sprache. Hierzu hat er zahlreiche bahnbrechende Aufsätze publiziert, doch fast noch wichtiger als einzelne Publikationen war seine strenge Methodologie der Sprachanalyse. Seine unveröffentlichten „Blätter zur sumerischen Grammatik“ hatten einen tiefen Einfluss auf den heutigen Stand der Sumerologie. In den 1990er Jahren war er ein Mitbegründer (zusammen mit J. Black) der Sumerian Grammar Discussion Group, die sich zu einer Reihe von Workshops traf, um verschiedene Fragen der sumerischen Grammatik zu diskutieren. Diese Diskussionen waren von einer großen Bedeutung für die weitere Entwicklung des Faches.
Neben der sumerischen Grammatik beschäftigte sich Krecher mit sumerischer Literatur, vor allem mit kultischen Klagen und anderen literarischen Kompositionen, die die emesal-Sprache verwenden, mit Fragen der sumerischen Orthographie und Phonologie sowie mit der Terminologie der frühmesopotamischen Rechtsurkunden. Mitte der 1980er Jahre leistete er auch mehrere wichtige Beiträge zu den Ebla-Studien.
Wir leben heute in einer digitalen Welt, wo kostenlose Online-Ressourcen in jedem Bereich der Altorientalistik für alle zugänglich sind. Es ist aber nicht allgemein bekannt, wieviel diese Welt Krecher schuldet. Er war einer der ersten Gelehrten, die Datenbanken sumerischer Texte erstellten; für seine Datenbank hat er selbst ein Suchprogramm geschrieben, mit dem man sehr komplizierte Suchen durchführen konnte. Als 1997 das Projekt Electronic Text Corpus of Sumerian Literature begann, überreichte Krecher dem Projekt großzügigerweise alle seine Dateien, was dessen Fortschritt immens erleichterte.
Krechers Großzügigkeit und Aufgeschlossenheit zeigten sich auch in vielerlei Hinsicht. Er war ein wunderbarer Lehrer, der sehr viel Zeit und Mühe in seine Schüler und Schülerinnen investierte. Studierende, die an Krechers Seminaren teilnahmen, spürten immer seine Begeisterung beim Lesen der Keilschriftexte, insbesondere wenn er selbst oder jemand aus der Studierendengruppe eine neue Interpretation vorschlagen konnte. Er hat uns aber nicht nur Sumerisch und Keilschrift beigebracht. Prägend waren auch seine Einstellung zur Forschung, sein Bemühen, immer eine klare Grenze zu ziehen zwischen den Fakten, die wir tatsächlich beweisen können, und Spekulationen jeder Art.
Wir werden Joachim Krecher mit Hochachtung und Dankbarkeit in Erinnerung behalten.