Wl 1105 Gehrau

Prof. Volker Gehrau

Es ist bereits eine Weile her, dass sich Ulrike Röttger und Volker Gehrau erste Gedanken über einen möglichen neuen Master-Studiengang mit der Bezeichnung "Strategische Kommunikation" machten. "Vor etwa drei Jahren", erinnert sich Volker Gehrau, "fing alles an." Die Sache entwickelte sich zügig. Den anfänglichen Überlegungen der Professorin und des Professors für Kommunikationswissenschaft folgten reichlich institutsinterne Gespräche, eine Analyse ähnlicher Angebote an anderen Hochschulen, die Ausarbeitung eines Konzepts und schließlich der redaktionelle Feinschliff: 138 Seiten dick ist der Akkreditierungsantrag, den die Hochschullehrer im Mai 2011 bei der Akkreditierungsagentur AQAS eingereicht haben. Hunderte Stunden Arbeit stecken in dem mächtigen Konvolut, das Auskunft gibt zu Profil und Zielen des Studiengangs, dem Curriculum, der Studierbarkeit oder den Ressourcen – kein Detail fehlt. Drei Jahre Arbeit, von denen das letzte Jahr, berichtet Volker Gehrau, "besonders hart" war.

Deutschland – Akkreditierungsland. Um die "Qualitätssicherung in Studium und Lehre" zu sichern und um an der "Verwirklichung des europäischen Hochschulraums mitzuwirken", wurde vor einigen Jahren die "Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland" gegründet. Seitdem haben die mittlerweile zehn vom Deutschen Akkreditierungsrat akkreditierten Agenturen rund 10.000 Bachelor- und Master-Programme deutscher Hochschulen mit dem Gütesiegel des Rates ausgezeichnet. Ein gewaltiges Pensum, aber noch längst nicht das Ende: Nach eigenen Angaben stehen für die Qualitätssicherer von AQAS, evalag, AKAST und Co. in den kommenden Jahren republikweit an die 4000 weiteren Programme zur Begutachtung an. Und in regelmäßigen Abständen folgen die Reakkreditierungen.

Aber wie funktioniert eine Akkreditierung eigentlich genau? Worauf legen die Gutachter Wert? Wie groß ist die Gefahr, mit seinem Antrag durchzufallen? Eine Akkreditierungs-Beobachtung am Beispiel des Masterstudiengangs Strategische Kommunikation:

"Der geplante Studiengang besticht durch seine konsequente Ausrichtung des Lehrangebots."

Die Mitarbeiter des Instituts für Kommunikationswissenschaft (IfK) sind guter Dinge, als sie sich an diesem Freitagmorgen, dem "Begehungstag", im Instituts-Raum 231 am Bispinghof versammeln. Denn sie kennen bereits die mit Spannung erwarteten Vorabstellungnahmen der vier Gutachter, die einen Tag zuvor aus Wien, Bamberg, Berlin und Greifswald angereist sind – ein Kollege und eine Kollegin vom Fach, eine Studentin der Kommunikationswissenschaft und eine Mitarbeiterin des Handwerk-Zentralverbands als Vertreterin der Berufspraxis. "Der geplante Studiengang besticht vor allem durch seine konsequente Ausrichtung des Lehrangebots", heißt es an einer Stelle. Ein anderer Gutachter schreibt: "Das Konzept ist durchdacht und schlüssig." Eine dritte Sachverständige lobt die "bisher einzigartige Kombination von Rezeptions-, Wirkungs- und Propagandaforschung". Eine üppige Portion Vorschusslorbeeren, die aber keine Garantie für die erhoffte positive Gesamtbeurteilung bieten. "Alles ist möglich", berichtet Dekan Volker Gehrau in einer Kaffeepause. "Eine Akkreditierung ohne Auflagen wäre der Ritterschlag. Meistens läuft es aber auf eine Akkreditierung mit Auflagen und Empfehlungen hinaus. Die Gutachter sind aber keine 'Verhinderer', sondern Kollegen, die uns helfen wollen, mögliche Fehler zu vermeiden und Lücken auszufüllen."

"Die externe Kontrolle nutzen wir zur Verbesserung unserer Studienprogramme."

Entsprechend ergeben sich zahlreiche Nachfragen und Anregungen. Dem einen Gutachter ist der Begriff Strategische Kommunikation nicht präzise genug beschrieben, der andere fragt nach der Internationalität des Studienangebots. Wie werden die Leistungspunkte verteilt? Sind Modul-Teilprüfungen möglich? Welche Prüfungsformen sind geplant? Keine Frage bleibt unbeantwortet: Mal ist es der Studiendekan, mal der Studiengangskoordinator oder ein Lehrender des Fachbereichs, die präzise Antworten liefern. Die Gutachter sind offenbar zufrieden, sie nicken und machen sich Notizen, die Stimmung ist locker. Mittagspause. Vor der Führung durch die Räume des Fachbereichs steht ein Gespräch der Gutachter mit neun Studierenden an. Die Einschätzung der Prüfer ändert sich offenbar auch dadurch nicht – die Zwischentöne deuten auf ein gutes Ende hin.

Spätestens jetzt wird deutlich, wie groß der Aufwand ist, den sowohl die Akkreditierungsagenturen als auch die Gutachter und die Hochschulen betreiben müssen. Denn für die Hochschulen ist mit dem Uni-TÜV ein hoher personeller und finanzieller Aufwand verbunden. Die Akkreditierung eines Studiengangs kostet zwischen 10.000 und 12.000 Euro. Mit ihren 250 Studiengängen müssen die Universität Münster und die Fachbereiche dafür pro Jahr entsprechende Beträge an die Agentur AQAS überweisen. "Selbstverständlich stellt das eine hohe finanzielle Belastung für die Universität Münster dar", unterstreicht Dr. Marianne Ravenstein, Prorektorin für Lehre, Studienreform und studentische Angelegenheiten. "Auf der anderen Seite haben wir dadurch neben unserer internen Qualitätssicherung eine externe Kontrolle, die wir zur Verbesserung unserer Studienprogramme nutzen."

All das spielt allerdings jetzt, gegen 16 Uhr im Abschlussgespräch keine Rolle mehr. Die Erleichterung der münsterschen Kommunikationswissenschaftler ist in ihren Gesichtern abzulesen, als einer der vier Gutachter im Namen der Gutachtergruppe zum Schlusswort anhebt. Die Bilanz fällt erfreulich aus: "schlüssiges Curriculum", "eindeutige Forschungsorientierung", ein insgesamt "sehr überzeugendes Konzept". Gleichzeitig empfehlen die Gutachter "zur Überarbeitung" kleinere Korrekturen der Modulbeschreibungen und die Bereitstellung von mehr Gruppen-Arbeitsräumen. Jetzt steht die wirklich letzte Etappe an: Vor der abschließenden Entscheidung hat die WWU die Möglichkeit, eine Stellungnahme zum Bewertungsbericht der Gutachter einzureichen – aller Voraussicht nach wird die Akkreditierungskommission im November ihr Votum bekanntgeben. Mit der Minimal-Kritik der Gutachter kann Dekan Volker Gehrau gut leben. "Wir sind sehr froh, dass wir es bis hierhin so gut geschafft haben."

   Norbert Robers