Islamwissenschaftler Bauer zum Tod von Bin Laden

Seebestattung verletzt laut Cluster-Wissenschaftler islamische Traditionen

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Prof. Dr. Thomas Bauer

Die USA haben sich mit der Seebestattung des Terroristen Osama bin Laden nach Expertenansicht über islamische Traditionen hinweggesetzt. „Die Tradition sieht eine Erdbestattung vor, bei der der Körper auf der rechten Seite liegt und das Gesicht in Richtung Mekka zeigt“, sagte der Islamwissenschaftler Prof. Thomas Bauer vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster am Montag der Nachrichtenagentur dpa.

„Seebestattungen sieht das islamische Recht nur als Notlösung vor, wenn der Tod auf hoher See eintritt.“ Obwohl es „eine große Seefahrertradition“ von Muslimen im Indischen Ozean gebe, sei ein Fall wie das Seegrab für Bin Laden bisher nicht bekannt, erläuterte der Islamwissenschaftler. „Dass jemand auf dem Land stirbt und dann auf See bestattet wird, ist kaum mit dem islamischen Recht in Deckung zu bringen. Das spricht dafür, dass die USA den Leichnam einfach schnellstmöglich verschwinden lassen wollen.“

Bauer geht nicht davon aus, dass ein Bin-Laden-Grab an Land zu einer Wallfahrtsstätte geworden wäre. „Das ist nicht realistisch. Bin Laden gehörte innerhalb des Islams zur Sekte der Wahhabiten.“ Für sie sei die anonyme Bestattung die Regel. „Sie lehnen eine Heiligen- oder Gräberverehrung vehement ab.“ Allerdings sei weiterhin denkbar, dass der Terroristenführer in den Augen von Fanatikern zum Märtyrer verklärt werde. „So oder so kann es Leute geben, die ihn als Märtyrer bewundern.“ Dazu sei kein Grab nötig. (Christof Bock, dpa)