"Papst rechtfertigte militärische Gewalt"

Religionswissenschaftler Dr. Gianmaria Zamagni über den Spanischen Bürgerkrieg

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Dr. Gianmaria Zamagni

Der Papst hat nach Ansicht des Religionswissenschaftlers Dr. Gianmaria Zamagni im Spanischen Bürgerkrieg militärische Gewalt gerechtfertigt. „Die Lehre vom gerechten Krieg, die bis auf die Kirchenväter zurückgeht, erlebte in den dreißiger Jahren eine neue Blüte“, erläuterte der Experte in der Ringvorlesung „Religion und Gewalt“ des Exzellenzclusters „Religion und Politik“. So habe die katholische Kirche nicht nur 1936 den militärischen Putsch des Generals Francisco Francos in Spanien legitimiert, sondern auch schon 1935 den Angriff des faschistischen Italiens auf Äthiopien nicht verurteilt.

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Ton-Mitschnitt des Vortrags

Besonders in den Blick nahm Zamagni eine Rede, die Pius XI. am 14. September 1936 vor 500 spanischen Flüchtlingen in seiner Sommeresidenz Castel Gandolfo hielt.  Der Papst benutzte dem Religionswissenschaftler zufolge Formulierungen, die zur Lehre des gerechten Krieges gehörten. So habe er dazu aufgerufen, Exzesse zu vermeiden und keine unredlichen Absichten zu verfolgen. Neben der Autorität des Herrschers und der gerechten Ursache waren das die entscheidenden Bedingungen, um einen Krieg als gerecht zu legitimieren, wie Zamagni ausführte. „Der Papst segnete schließlich die Spanier, welche die göttlichen und religiösen Rechte und die Ehre schützten.“ Viele Katholiken in Spanien hätten die Papstrede deswegen als Aufruf verstanden, auf der Seite Francos in den Krieg zu ziehen. „Diese Interpretation findet sich dann auch in Hirtenbriefen wichtiger Bischöfe.“ So sei der Bürgerkrieg als „Kreuzzug für die Religion, die Heimat und die Zivilisation gegen den Kommunismus“ gedeutet worden.

Verhandlungen und Verträge statt Waffengewalt

Die Legitimation der Gewalt im Spanischen Bürgerkrieg bezeichnete Zamagni als Rückfall. Zwanzig Jahre vor der Rede Pius‘ XI. in Castel Gandolfo habe sich Benedikt XV. während des Ersten Weltkrieges mit Nachdruck für den Frieden eingesetzt. „Man konnte hoffen, dass das Christentum seine gewalttätigsten Phasen hinter sich hatte.“ Aber erst 1944 habe Papst Pius XII. unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges die Lehre vom gerechten Krieg infrage gestellt. Noch deutlicher wurde Johannes XXIII. 1963 mit der Enzyklika „Pacem in terris“. „Er stellte klar, dass Konflikte nicht durch Waffengewalt, sondern durch Verhandlungen und Verträge beizulegen seien“, so der Religionswissenschaftler.

Dr. Gianmaria Zamagni forscht im Exzellenzcluster im Projekt D9 „Der Vatikan und die Legitimation physischer Gewalt. Das Beispiel des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939)“. In der Ringvorlesung „Religion und Gewalt. Erfahrungen aus drei Jahrtausenden Monotheismus“ kommen Vertreter unterschiedlicher Disziplinen wie Historiker, Germanisten, Theologen und Religionswissenschaftler zu Wort. Am kommenden Dienstag, 28. Juni, folgt der Beitrag „Mit der Hilfe Gottes? Die Militärdiktaturen in Argentinien und Chile und die katholische Kirche“ des Münsteraner Historikers Dr. Stephan Ruderer. Der öffentliche Vortrag beginnt um 18.15 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses, Domplatz 20-22. (arn)