Dr.des. Julia Crispin


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Dissertation

"Krieg und Kunst. Die Visualisierung englischer Herrschaftsansprüche in Frankreich (1422 - 1453)"

Die fachübergreifend zwischen Kunstgeschichte und politischer Kulturgeschichte angelegte Dissertation befasst sich mit der Visualisierung politischer Vorstellungen und Ansprüche durch die Repräsentanten der englischen Krone im von etwa 1420 bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts in Teilen unter englischer Besatzung stehenden Frankreich und der Normandie. Es wird danach gefragt, in welcher Form die englischen Machthaber Kunstwerke und allgemein Bilder instrumentalisierten, um politische Botschaften zu vermitteln, welche Inhalte kommuniziert wurden und welcher Motive und Traditionen sie sich hierbei bedienten. Ebenso wird untersucht, welche aktuellen politischen Faktoren eine Rolle spielten, inwieweit sich durch die politischen Entwicklungen bedingte Umbrüche in den zum Einsatz gebrachten Bildern greifen lassen und welcher Rezipientenkreis jeweils adressiert wurde. Der Fokus der Analyse liegt dabei zum einen auf kunstpolitischen Maßnahmen, die der Propagierung übergreifender politischer Interessen der englischen Regierung in Frankreich dienten, wobei in erster Linie an den herrschaftlichen Anspruch Heinrichs VI. von Lancaster auf die französische Krone zu denken ist. Zum anderen befasst sich die Arbeit mit der Nutzung von Kunst zur Visualisierung der Rolle einzelner Akteure und ihrer Selbstpositionierung im machtpolitischen Gefüge des besetzten Frankreich.


Im Zentrum der Untersuchung stehen zunächst erhaltene oder anhand von Kopien oder Beschreibungen rekonstruierbare Kunstwerke, wobei illuminierte Handschriften den größten Teil des überlieferten Bestandes der für englische Nutzer angefertigten oder adaptierten Kunstwerke ausmachen. Daneben wird die Verwendung politisch aufgeladener Bilder in öffentlichkeitswirksamen Inszenierungen wie Zeremonien, Einzügen und militärischen Aufmärschen zur Sprache gebracht. Da es sich bei den in diesem Zusammenhang genutzten bemalten Holzkonstruktionen, Draperien, Bannern und kunstvoll verzierten Speisen zumeist um ephemere Objekte handelt, müssen Rückschlüsse bezüglich ihrer Gestaltung und Verwendung aus zeitgenössischen Beschreibungen gezogen werden. Als besonders aufschlussreich zeigt sich dabei die englische, französische und burgundische Historiografie der Zeit, und gerade hier erschließt die Studie eine Fülle an im Hinblick auf die vorgestellten Fragen bislang unberücksichtigtem Material.


Sowohl die Maßnahmen zur Visualisierung der herrschaftlichen Ansprüche Heinrichs VI. als auch die bildmedialen Inszenierungen einzelner Akteure stellen sich als in hohem Maße von den lokalen kulturellen Gegebenheiten und den politischen Entwicklungen beeinflusst dar. Zur Sichtbarmachung des englischen Herrschaftsanspruchs in Frankreich griff man französische Motive und Traditionen auf, formte diese entsprechend der eigenen politischen Zielsetzung um und kombinierte sie mit englischen Bildern. Zugleich kreierte man auf die Person Heinrichs VI. und seinen spezifischen, dynastisch bedingten Anspruch auf die Kronen zweier Reiche zugeschnittene Motive. Dabei entwickelte man keineswegs ein in sich geschlossenes Gesamtbild, sondern flexible, der jeweiligen politischen Zielsetzung und dem jeweils intendierten Publikum angepasste Bildbotschaften. Die Untersuchung der Selbstdarstellung der Repräsentanten der englischen Krone wiederum zeigt sowohl übergreifend auftretende Muster als auch erhebliche Unterschiede in der jeweiligen Schwerpunktsetzung auf. Überdies wird deutlich, dass die englischen Besatzer Kunst und Bilder nicht nur instrumentalisierten, um sich während ihrer Tätigkeit in Frankreich in bestimmter Weise zu profilieren, sondern dass gerade ihre Teilhabe an der englischen Herrschaftsausübung und ihre Erfolge auf dem Festland ein maßgebliches Element ihrer Selbstrepräsentation wurden.