"Wie fand der Katholizismus zur Religionsfreiheit?" Internationale Fachtagung vom 11.-13. März 2009

Kurze Beschreibung

Von Mittwoch, 11. März 2009 (14:00 Uhr), bis Freitag, 13. März 2009 (12:00 Uhr), wird an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster im Rahmen des Exzellenzcluster-Projekts „Gewaltverzicht religiöser Traditionen“ (Prof. DDr. Karl Gabriel, Dr. Christian Spieß, Katja Winkler) die Tagung „Wie fand der Katholizismus zur Religionsfreiheit?“ durchgeführt (Tagungsprogramm zum Downloaden). Im Mittelpunkt dieser Tagung wird der schwierige und vielschichtige Prozess stehen, der zur Anerkennung der Religionsfreiheit durch die katholische Kirche auf dem II. Vatikanischen Konzil geführt hat. Nachdem die Kirche vor allem seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts Demokratie und Freiheitsrechte verworfen, verurteilt und entschieden bekämpft hat, ist sie mit dem II. Vatikanum zu einer entschiedenen Fürsprecherin der Demokratie und der Freiheitsrechte – einschließlich des Rechts auf Religionsfreiheit – geworden. Wie konnte es zu diesem bemerkenswerten Wandel kommen?
Die Beiträge der Tagung werden sich auf unterschiedliche Aspekte dieser Frage konzentrieren: Roman Siebenrock (Innsbruck) wird zeigen, welche theologischen Positionen auf dem Konzil aufeinander prallten; Silvia Scatena (Bologna) wird unter dem Titel „The languages of religious freedom“ darauf hinweisen, dass der Begriff der „Religionsfreiheit“ von den Konzilsvätern und ihren Beratern durchaus unterschiedlich interpretiert worden ist.
Die Veranstalter der Tagung verstehen das Konzil als Teil, in gewisser Hinsicht als Ergebnis eines Lernprozesses. Die Frage ist, wie dieser Lernprozess verlaufen ist, welche Entwicklungen im Katholizismus und in seiner Umwelt ausschlaggebend waren für den Verlauf dieses Lernprozesses. Urs Altermatt (Fribourg) wird Tendenzen des Wandels zur Religionsfreiheit in den katholischen Milieus, in Vereinen und Verbänden nachzeichnen; Wilhelm Damberg (Bochum) wird dies vor allem im Hinblick auf die „Katholische Aktion“ tun. Antonius Liedhegener (Luzern) wird den Wandel des Katholizismus im Verhältnis zur Religionsfreiheit als Vorgang der politischen Einpassung in die Zivilgesellschaft beschreiben, und dabei die Entwicklung in Deutschland mit jener in den Vereinigten Staaten vergleichen. Unter dem Titel „Die Katholiken und die Demokratie“ werden Hans Maier (München) und Franz-Xaver Kaufmann (Bielefeld/Bonn) diskutieren, wie die demokratischen Entwicklungen im modernen Katholizismus wahrgenommen wurden. Zur Standardthese, wonach die Anerkennung der Religionsfreiheit durch eine Intervention US-amerikanischer Konzilsväter initiiert und durch die Erfahrungen der Kirche mit dem Liberalismus angelsächsischen Typs (die im Unterschied zu den Erfahrungen mit dem anti-religiös bzw. laizistisch geprägten Liberalismus kontinentaleuropäischen Typs positiv waren) erst ermöglicht wurde, wird Joseph A. Komonchak (Washington DC) Stellung nehmen; Klaus Unterburger (Münster) wird Komonchaks Thesen kommentieren.

Mit der Anerkennung der Religionsfreiheit und der Freiheitsrechte überhaupt sind offenkundig auch erhebliche, tief greifende Änderungen auf der Ebene der ethischen Grundlagen der kirchlichen Moraldoktrin nötig: Rudolf Uertz (Eichstätt) wird die Anerkennung personaler Autonomie als „personalethische Wende“ beschreiben. In das weltgesellschaftliche System der Religion werden Hartmann Tyrell (Bielefeld) und Hans Joas (Erfurt) die Anerkennung der Religionsfreiheit durch die katholische Weltkirche einordnen. Schließlich werden Volkhard Krech (Bochum) aus religionssoziologischer Sicht, Ulrich Willems (Münster) aus politikwissenschaftlicher Sicht und Christian Walter (Münster) aus rechtswissenschaftlicher Sicht religiöse Pluralisierungsprozesse vor dem Hintergrund der gegenwärtigen religiösen Lage in Deutschland diskutieren.

Einige Fragestellung der Tagung erscheinen nicht zuletzt im Hinblick auf die gegenwärtige Situation ausgesprochen relevant: Welche Gründe hatte die katholische Kirche für die Anerkennung der Religionsfreiheit? Welche Bedeutung hat die Haltung zur Religionsfreiheit für das Selbstverständnis der Kirche – und für ihre Rolle in den funktional ausdifferenzierten, demokratischen und weltanschaulich pluralen „modernen“ Gesellschaften westlichen Typs?

Beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler