Gespräch mit der Projektleitung

Im Gespräch mit Eva Mundanjohl und Björn Kemmoona
© Valeria Strazzeri

Die Einführung eines neuen integrierten Campus-Management-Systems (CMS) ist für alle Universitäten eines der größten übergreifenden Projekte für die gesamte Institution. Auch die WWU hat sich seit März 2017 auf den Weg gemacht, und führt auf der Basis von SAP SLcM ein neues CMS ein. Dafür wurde ein Projektteam gegründet, welches sich aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fachbereiche, der Verwaltung, aus Studierenden sowie einem Konsortium externer Beraterfirmen zusammensetzt.
Zum aktuellen Stand des Projektes sprechen wir mit der Projektleitung auf Seiten der WWU, mit Eva Mundanjohl (Dezernentin für akademische und studentische Angelegenheiten) und Björn Kemmoona (Marlin Consulting), die sich die fachliche sowie die IT-Leitung teilen.

Die neue Software soll die HIS-Produkte wie z.B. QIS POS oder das LSF sowie FlexNow ablösen, die an der WWU seit 2006 laufen. Welche Ziele werden mit der Umstellung verfolgt?

Mundanjohl: Die Anforderungen der Nutzer/innen an ein Campus-Management-System werden – mit Recht – größer und auch „moderner“. Nur als Beispiel: Bei der damaligen Einführung 2006 unserer heute genutzten Produkte hat wohl noch niemand daran gedacht, dass alle Nutzerinnen und Nutzer heute Smartphones haben werden und die Anwendungen der Studierenden- und Prüfungsverwaltung „responsiv“ sein und sich an verschiedene Endgeräte anpassen müssen. Ich persönlich meine mich daran erinnern zu können, dass ich zum Zeitpunkt der damaligen Einführung ein sehr großes Handy mit Tasten hatte – und das schon als modern galt. Für all diese „modernen Anforderungen“ muss ein CMS heute aber Angebote machen können – und das wollen wir gewährleisten. Aber auch die fachlichen Prozesse sind heute breiter ausgefächert als 2006. Auch hierfür müssen wir Lösungen bereitstellen, die in den bisherigen Produkten nicht mehr möglich sind.

Kemmoona: An der WWU existiert eine heterogene und komplexe Systemlandschaft mit teilweise hoch spezialisierten Systemen. Ein Ziel ist es sicherlich, für den Bereich des Campus Managements in den Kernaktivitäten mehr Synergieeffekte zu schaffen und die Menge an verschiedenen Datenquellen und Schnittstellen kontrollierter zu gestalten. Das Campus Management hat viele Ebenen und Abhängigkeiten, die vielleicht nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind, aber ein Ziel ist mit der Auswahl des Systems bereits erreicht, nämlich, dass in Zukunft die Daten im System nicht mehr getrennt voneinander bearbeitet werden, wie dies bei LSF und SOS/POS noch der Fall war.

Was ist das Besondere an diesem Projekt, bei der Umstellung auf die neue Software?

Mundanjohl: Projektarbeit ist immer etwas Besonderes und steht oftmals unter anderen Vorzeichen als die sogenannte „Linienarbeit“. Was sicherlich herausfordernd ist, ist die Tragweite des Projekts. Alle Fachbereiche und Einrichtungen der WWU werden an der einen oder anderen Stelle mit dem Projekt und vor allem später mit der neuen Software in Berührung kommen – deshalb auch die breite Aufstellung des Projektteams.
Die enge Zusammenarbeit ist ein sehr großer Gewinn und macht nochmal deutlich: Es ist ein Projekt der WWU – nicht eines der Verwaltung oder einzelner Einrichtungen. Gemeinsam mit den im Projekt beteiligten Vertreterinnen und Vertretern aus den Fächern, der IT und der Verwaltung wollen wir für die Studierenden, Lehrenden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Studium und Lehre organisieren, ein komfortables, transparentes und vielseitiges Instrumentarium zur Verfügung stellen. Das Besondere an dem Projekt ist also sicherlich auch, dass es eine Art Weichenstellung für die kommenden Jahre und Studierenden-Generationen ist.

Kemmoona: Wir stehen mit unserem Projekt nicht „auf der grünen Wiese“. Wir müssen sowohl beim späteren Zielbild, als auch beim Weg dorthin immer vor Augen haben, was um das CMS herum passiert und wie ein sinnhaftes Zusammenspiel auf lange Sicht aussehen kann. Das kann auch bedeuten, dass aus Kapazitätsgründen oder aufgrund von Abhängigkeiten zu anderen WWU-Vorhaben durchaus sinnvolle Strukturen und Funktionalitäten erst zu einem späteren Zeitpunkt nach dem Projekt implementiert oder genutzt werden können. Oder um es anders zu sagen: „ein schönes Reiseziel nutzt nichts, wenn man nicht auch eine sinnvolle Route nimmt – und das ist selten die Luftlinie, sondern häufig eine Mischung aus Autobahn, Landstraße und manchmal auch steinigem Feldweg“. Umso wichtiger ist es, in einem über die WWU breit gefächerten Projektteam zu einem gemeinsamen Verständnis über die Abwägung von Funktionen und deren Umsetzung zu kommen, ohne dabei die gut eingespielten organisatorischen Prozesse aus dem Blick zu verlieren.

Mundanjohl: Es bedarf dabei immer der klaren und offenen Kommunikation, der Formulierung von Erwartungshaltungen, der Analyse und Betrachtung der Prozesse und Anforderungen und gegebenenfalls auch des ein oder anderen Kompromisses. Denn eines ist allen am Projekt Beteiligten auch bewusst: nicht alles wird an der WWU so bleiben, wie es ist, da die neue Software ganz neue Möglichkeiten bietet, die wir auch nutzen wollen.

Können Sie hierfür ein Beispiel nennen?

Mundanjohl: Sicherlich ist ein besonderes Instrument die Seminarplatzverteilung. An der WWU gibt es zurzeit Unmengen an Varianten, wie Studierende auf Lehrveranstaltungen verteilt werden. Das ist für Studierende aber in der Regel sehr aufwändig und noch dazu intransparent, weil sie verschiedenste Verfahren mit unterschiedlichen Fristen und Abläufen mitmachen müssen. Die neue Software wird eine sehr komfortable Möglichkeit bieten, die Studierenden mit Vorgaben und Prioritäten auf z.B. Seminare zu verteilen, das Platzvergabeverfahren wird transparenter und auch einheitlicher. Die Studierenden können ihre Semester in Zukunft viel besser planen.

Kemmoona: Es wären sicherlich noch weitere Beispiele zu nennen, alleine schon angefangen bei der Möglichkeit der Nutzung auf mobilen Endgeräten und der Vereinheitlichung von Benutzeroberflächen für verschiedene Verwaltungsanwendungen – nicht nur im Campus Management. Aber auch andere Themen wie z.B. die IT-Sicherheit und der erweiterte Datenschutz stellen uns vor Herausforderungen, die in einer integrierten IT-Landschaft kontrollierter angegangen werden können.

Welche Herausforderungen zeichnen sich im bisherigen Verlauf besonders deutlich ab, was ist positiv hervorzuheben?

Mundanjohl: Die Vielfalt der WWU ist eine große Herausforderung für eine Software, die nicht unbedingt auf Vielfalt ausgerichtet ist. Aber wir tun unser Bestes, die Kultur und Arbeitsweisen an der WWU zu erhalten – immer im Dialog mit den Fachvertreterinnen und Fachvertretern sowie den Studierenden. Da wird auch im weiteren Verlauf immer wieder besonders die Kommunikation gefragt sein, um allen späteren Nutzerinnen und Nutzern genau mitzuteilen, was sie von dem neuen System erwarten können und was sich ändern wird. Schön sind dabei die vielen Ergebnisse, die wir schon jetzt sehen können: Mit Blick auf die neuen Anwendungen für Studierende, Lehrende oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann ich mich wirklich freuen, weil wir einige tolle neue Möglichkeiten zur Verfügung stellen werden.

Kemmoona: Wie auch bei der Einführung der HIS-Produkte wird es natürlich dazu kommen, dass das neue System erst einmal auf Herz und Nieren getestet und auch danach noch einige „Kinderkrankheiten“ in sich tragen wird. Geduld und Verständnis bei allen Nutzerinnen und Nutzern zu schaffen, wird sicherlich eine Herausforderung sein.

Was würden Sie empfehlen, um den weiteren Verlauf des Projektes möglichst gut verfolgen zu können?

Mundanjohl: Zum einen wird dieses Gespräch der Auftakt für eine neue Webseite zum CMS-Projekt sein, innerhalb des neuen Webangebots wird auch alles Wissenswerte zum Projekt vermittelt, es finden sich Ansprechpartnerinnen und -partner sowie Informationen zur Arbeit im Projekt. Darüber hinaus haben wir von Anfang an versucht, alle Zielgruppen, die später das neue Produkt nutzen und damit arbeiten sollen, zu informieren. Dies waren die an der WWU durchaus eingespielten Wege: Gremieninformation, Informationsveranstaltung für die gesamte Hochschulöffentlichkeit, Gespräche und Austausch mit einzelnen Gruppen und Vertretungen. Wir versuchen, die Mitglieder der WWU möglichst gut und auf verschiedenen Wegen zu erreichen. Und sollte jemand das Gefühl haben, dass wir einzelne Einrichtungen nicht genug im Blick haben, dann sind wir dankbar für einen Hinweis. Wer aber regelmäßig diese Homepage besucht, wird immer bestens informiert sein, denn wir planen, hier immer wieder Einblicke in das Projekt, die neuen Anwendungen und einzelne Bereiche zu geben.

Kemmoona: Das wirklich Entscheidende bei einem Projekt dieser Größenordnung ist, alle Beteiligten mitzunehmen. Besonders die Sprache der IT benötigt oft Übersetzungen und man muss erst mal in der Kommunikation auf einen Nenner kommen. Dies schaffen wir inzwischen sehr gut. Nach außen hin muss allerdings die Information auch verständlich und so aufbereitet sein, dass keine Hemmschwellen oder Desinteresse entsteht. Das Projekt gelingt besser, je mehr Menschen an der WWU wissen, worum es geht.

Wenn Sie bei sich persönlich einmal nachforschen – welches private oder eigene Projekt würden Sie gerne mal realisieren, wenn Ressourcen keine Rolle spielen würden?

Kemmoona: Ganz klar eine Weltreise mit meiner Familie auf einer Hallberg-Rassy 42.

Mundanjohl: Das ist eine wirklich schwere Frage! Aber ich bleibe bei meiner Idee, dann ein schönes Café auf Juist aufzumachen.