Treffen des Internationalen Wissenschaftlichen Beirats im RaMi Projekt

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Anfang November tagte zum ersten Mal der internationale Wissenschaftliche Beirat des Projektes „Vom Rand in die Mitte? Rechtspopulistische Deutungen des (radikalen) Islams in Europa and beyond“ (RaMi) in einer Videokonferenz.

Seit dem Frühjahr 2021 wird das Forschungsvorhaben im Rahmen der BMBF-Förderlinie „Gesellschaftliche Ursachen und Wirkungen des radikalen Islam in Deutschland und Europa“ unter Federführung von Prof. Dr. Sabrina Zajak und Dr. Mirjam Weiberg Salzmann am DeZIM Institut Berlin, gemeinsam mit zwei weiteren Kooperationspartnern, Prof. Dr. Arnulf von Scheliha (CRM, WWU Münster) und Prof. Dr. Stefan Berger (ISB, RUB), durchgeführt.

Die beiden Verbundleiterinnen präsentierten die zentralen Ziele des Forschungsprojektes und moderierten durch das Programm. Im Projekt wird anhand eines europäischen Ländervergleichs (UK, Frankreich, Deutschland, Italien) erforscht, inwiefern rechtsextreme und rechtspopulistische Deutungen des (radikalen) Islams in der medialen Öffentlichkeit zu einer Normalisierung der Intoleranz gegenüber Migrant:innen und Muslim:innen führen. Inwieweit prägt die rechtspopulistische Interpretation des (radikalen) Islams den öffentlichen Diskurs über den Islam? Werden rechtspopulistische Deutungsmuster von anderen politischen Kräften und etablierten religiösen Akteur:innen übernommen und damit normalisiert? In welchem Maße wird eine solche Normalisierung durch die Mediatisierung der Politik oder durch die strategische Kommunikation von Rechtspopulist:innen sowie durch die Funktionslogik der Massenmedien und der digitalen Vernetzungsplattformen gefördert?

Diesen Leitfragen wird in drei programmatischen Arbeitspaketen nachgegangen. In der Beiratssitzung wurden jeweilige Kurzinputs von den Projektmitarbeitenden Max Brunner (ISB, RUB) zur „Historischen Kontextanalyse“, von PD Dr. Liriam Sponholz (DeZIM-Institut, Berlin) über die „Normalisierung und Netzwerke in Mediendiskursen“ sowie von Anna-Maria Meuth (CRM, WWU Münster) zu „Effekten und Wirkmechanismen in liberalen Demokratien“ vorgestellt.

Im Anschluss kommentierten die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates die Beiträge aus Perspektive ihrer jeweiligen Disziplinen, Fachgebiete und regionalen Länderkenntnisse.
Mit Prof. Dr. Kristian Berg Harpviken (Institut für Friedensforschung, Oslo), Prof. Dr. Dietmar Loch (Universität Lille), Prof. Dr. Matthias Quent (Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft, Jena & FH Magdeburg-Stendal), Prof. Dr. Luca Ozzano (Universität Turin), Dr. Ebtisam Ramadan (DeZIM-Institut) und Prof. (Emeritus) Dr. Ruth Wodak (Universität Wien) tritt ein Fachgremium mit ausgewiesener Expertise zum Themenfeld in Europa seine Arbeit an.
Es erfolgte eine angeregte wie gleichermaßen inspirierende Diskussion, unter anderem über die differenzierte Anlage des quantitativen und qualitativen mixed-method Designs der Studie. Hier wurde die Relevanz hervorgehoben, den Verlauf des Diskurses, nicht nur in seinem Umfang, sondern auch hinsichtlich der Qualität von Inhalten zwischen Zeiten der Krise, einhergehend mit massiven Mobilisierungen, und Zeiten der Normalität zu vergleichen. Die Auswahl von Schlüsselereignissen zur Analyse des medialen Diskurses über den Islam sollte ferner nicht auf islamistische Terroranschläge eng geführt werden, sondern ebenfalls z. B. Wahlkämpfe als klassische Vermittlungsforen in der demokratischen Öffentlichkeit mitberücksichtigen.

Für die historische Kontextanalyse sollten die Entwicklungen anti-muslimischer Diskurse in Europa stets in Relation zum Antisemitismus eingeordnet werden. Zudem wurde betont, dass rechtspopulistische Deutungen des (radikalen) Islams sich nicht ohne weiteres in ihren Ursprüngen und Verbreitungsmechanismen auf Parteienfamilien zurückführen ließen. Auf die spezifischen Ausdrucksformen und Prägungen der Narrative einer (liberalen) gesellschaftlichen Mitte werde dementsprechend bei der Analyse der Verschiebungen und Entwicklungen eines anti-muslimischen Diskurses im Zeitverlauf in besonderer Weise einzugehen sein.

Nicht zuletzt angesichts der in der Diskussion aufgeworfenen Problemdimensionen erweist sich die hohe aktuelle gesellschaftspolitische Relevanz des Forschungsvorhabens, das insgesamt mit seinen Ergebnissen einen Beitrag zur Versachlichung und Differenzierung von oftmals polarisierten Debatten in Politik und Öffentlichkeit leisten möchte. Das nächste Treffen mit dem Internationalen Wissenschaftlichen Beirat ist für Herbst 2022 geplant.

(Anna-Maria Meuth)

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