Photorefraktive Kristalle
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Abb. 1: Photorefraktiver Effekt. Intensitätsmuster I, Ladungsdichte, Raumladungsfeld E, Brechungsindexänderung n |
Anorganische Kristalle zeigen lichtinduzierte Brechungsindexänderungen, wenn sie elektrooptisch und photoleitfähig sind. Derartige elektrooptische Kristalle werden heute oft als Frequenzfilter im Mobilfunkbereich, den SAW-Filtern (SAW: surface acoustic waves) oder als elektrooptische Modulatoren eingesetzt. In sehr geringem Umfang sind auch erste Produkte mit elektrooptischen Kristallen realisiert, bei denen der photorefraktive Effekt genutzt wird, zum Beispiel bei Wellenlängenfiltern in der Telekommunikation, sogenannte DWDMs (division wavelength demultiplexers). Speichermedien, die für den Einsatz in holographischen Speichersystemen konzipiert werden, sollten generell folgende Eigenschaften besitzen: Optische Qualität, hohe Empfindlichkeit, lineares Aufnahmeverhalten und Langzeitstabilität.
Photorefraktiver Effekt
Der photorefraktive Effekt ist ein Phänomen, dass erstmals 1966 in Lithiumniobat von Ashkin et. al. beobachtet wurde. Seitdem ist eine Vielzahl von anorganischen Materialien entdeckt worden, in denen der photorefraktive Effekt auftritt. Am Institut für Angewandte Physik werden unter anderem die Kristalle Lithiumniobat (LN), Strontiumbariumniobate (SBN) and Bariumtitanate (BTO) und Bismuttellurit eingesetzt.
Der photorefraktive Effekt beruht auf der Anregung, Umverteilung und Rekombination von Ladungsträgern. Das heute gängige Bandentransportmodell zur Beschreibung der Ladungstransportprozesse in photorefraktiven Materialien wurde 1971 von Kukhtarev entwickelt. Durch ein räumlich moduliertes Interferenzmuster werden an Stellen hoher Lichtintensität Ladungsträger durch Photoionisation freigesetzt, die sich im Leitungsband durch unterschiedliche Ladungstransportmechanismen bewegen und an Stellen niedriger Intensität rekombinieren (vgl. Abb. 1). Die resultierende, räumlich inhomogene Ladungsträgerdichte führt zum Aufbau eines phasenverschobenen internen elektrischen Raumladungsfeldes, das den Brechungsindex über den linearen elektrooptischen Effekt (Pockels-Effekt) moduliert.
Lithiumniobat
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Abb. 2: Eisendotierte Lithiumnniobat-Kristalle |
Lithiumniobat (Abb. 2) ist ein häufig verwendetes Material für Experimente im Bereich der nichtlinearer Optik, in denen der photorefraktive Effekt ausgenutzt wird. Es ist einachsig, ferroelektrisch, piezoelektrisch, pyroelektrisch, doppelbrechend und optisch nichtlinear. Lithiumniobat kann in relativ grossen Abmessungen und mit hervorragender optischer Qualität hergestellt werden. Die eingesetzten Kristalle wurden in Kooperation mit dem "Research Laboratory for Crystal Physics and Optics" in Budapest nach dem Czochralski-Verfahren gezüchtet. Lithiumniobat wird am Institut hauptsächlich bei der holographischen Datenspeicherung und teilweise im Bereich der photorefraktiven Neuigkeitsfilterung eingesetzt.
Bismuttellurit
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Abb. 3: Undotierte Bismuttellurit-Kristalle |
Bismuttellurit (Abb. 3) ist eine relativ neue Kristallzusammensetzung, in dem der photorefraktive Effekt nachgewiesen werden konnte. 1990 wurden erstmals Kristalle in ausreichender optischer Qualität hergestellt, die in der holographischen Datenspeicherung eingesetzt werden konnten. Die Kristalle besitzen eine schwach gelbliche Färbung und zeigen photochromes Verhalten. Bismuttellurit ist bei Raumtemperatur ferroelektrisch, und die Photorefraktivität ist bedingt durch die Photoleitfähigkeit des Materials. Die erreichten Beugungswirkungsgrade waren anfangs geringer als 1%, aus diesem Grund waren sie für die holographische Speicherung nicht sinnvoll einsetzbar. Mittlerweile können Beugungswirkungsgrade von bis zu 40% erreicht werden, und Proben mit unterschiedlichen Dotierungen sind realisiert worden. Bismuttellurit-Kristalle sind für die holographische Datenspeicherung von Interesse, da ein Anteil des Brechungsindexgitters einen langsamen Zerfall zeigt und über einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren beobachtet werden konnte. Selbst bei kontinuierlicher Beleuchtung bleibt ein Anteil des Beugungsgitters im Kristall bestehen. Es wird angenommen, dass sich durch die hohe Mobilität der Sauerstoffatome ein Ionengitter entgegengesetzt zum Raumladungsfeld aufbaut, das ausschließlich thermisch relaxiert. Dieser Effekt ermöglicht zerstörungsfreies Auslesen der Hologramme, sodass zusätzliche Fixierungsprozesse für eine Langzeitspeicherung der Daten nicht benötigt werden.
Ansprechpartner: Wolfgang Horn



