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Semester: WT 2014/15

Die Hermeneutik wird traditionell als „Lehre des Verstehens“ begriffen; Primär ist die Hermeneutik mit (den Verfahren und den gegenstandstheoretischen Voraussetzungen) der Auslegung subjektiven Sinns befasst. Einschlägig geworden ist die Hermeneutik in der Folge von Gadamers Hauptwerk "Wahrheit und Methode", die versucht ontologisch und epistemologisch, das Verhältnis der Begriffe Erkennen, Verstehen, Bedeutung und Sinn zu ergründen. Ausgangspunkt des Seminars wird dabei zunächst die Frage sein, welchen Begriff des Verstehens die klassisch Gadamersche Hermeneutik zugrunde legt. Dazu ist es erforderlich ein Verständnis zu gewinnen von zentralen philosophischen Begriffen Gadamers wie „Zirkel des Verstehens“, „Horizontverschmelzung“ oder dem „Spiel als dem Leitfaden der ontologischen Explikation“.

Die traditionelle Hermeneutik hat im Laufe der Theorieentwicklung allerdings auch in den Sozialwissenschaften zu selbstständig-ausdifferenzierten theoretischen u. methodischen Positionen motiviert. Neben der allgemeinen Bedeutung für jede Form qualitativer Forschung fallen in der Soziologie mittlerweile diverse hermeneutische Varianten an („objektive“, „relationale“, „kritische“ und „systemtheoretische“ Hermeneutik). In einem zweiten Schritt, wird es um die Frage gehen, was es heißt, dass Gadamers Theorie des Verstehens auch eine sozialwissenschaftliche Dimension eröffnet – etwa in Bezug darauf, was es bedeutet, dem anderen als dem Fremden (Waldenfels) verstehend zu begegnen.

Auf der Grundlagenlektüre von Gadamers Hermeneutik aufbauend, soll das Seminar somit in die Grundzüge soziologischer Hermeneutik, in sachliche wie methodische Prämissen und unterschiedliche Positionen einführen. Im besten Falle wollen wir dabei auch auf Einwände bezüglich der sachlichen Begrenztheit hermeneutischer Methoden eingehen. Die Hermeneutik ist nämlich gerade von poststrukturalistischer und systemtheoretischer Seite in die Kritik geraten: Einwände gehen in die Richtung der angeblichen Festlegung auf Subjektivität des Verstehens und auf die prinzipiellen Zugänglichkeit und Repräsentierbarkeit intentionaler Orientierungen. Den hermeneutischen Ansätzen wird vorgehalten, die Ebene „transsubjektiven“ Sinnes und die Herausforderung durch Phänomene „radikaler Differenz sträflich zu vernachlässigen. – Inwieweit diese Einwände berechtigt sind, soll im Seminar diskutiert werden.

Semester: WT 2014/15