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Zwei graue Doppelspiegel und die Unendlichkeit

Gerhard Richters Meisterwerk in der Dominikanerkirche

Einfach, klar, harmonisch und zugleich raffiniert - das neue Kunstwerk "Zwei graue Doppelspiegel für ein Pendel" im Herzen der Stadt hat das Potenzial, Münster zu einem Mekka der Skulpturenfreunde nicht nur während der alle zehn Jahre stattfindenden Skulptur Projekte zu machen. Innerhalb von nur anderthalb Jahren wurde das großzügige Geschenk Richters an die Stadt realisiert, die Kosten in Höhe von 650.000 Euro in kürzester Zeit beim Land und privaten Spendern eingeworben. Physiker, Feinmechaniker und Elektroniker der Universität hatten unter Leitung von Dr. Andreas Gorschlüter entscheidenden Anteil an der Umsetzung des Projekts, denn der magnetische Antrieb wurden von ihnen entworfen und gebaut.

Mit seinem Pendel bewies Léon Foucault 1851 erstmals, dass sich die Erde um ihre eigene Achse dreht. Indem Richter seinem Foucault'schen Pendel zwei Doppelspiegel zur Seite stellt, erweitert er den Blick des Betrachters und wirft ihn zugleich auf sich selbst zurück. Schon lange ist Richter von Foucault'schen Pendeln fasziniert und trug sich mit dem Gedanken, selbst eines zu installieren. Doch erst die Begegnung mit dem sakralen Raum brachte ihn auf die Idee, auch hier Glasscheiben, die in seinem Werk seit geraumer Zeit eine Rolle spielen, zu verwenden.

Das alte Gebäude, das bis zur Profanierung von der Katholischen Theologie und der Akademischen Orgelstunde der WWU genutzt wurde, und das neue Kunstwerk wirken, als seien sie füreinander bestimmt, jeder Stein, jede Säule laufen das Pendel zu. Zugleich wird durch das Kunstwerk der Blick auf Stellen wie die Kuppel gelenkt, die man sonst nicht wahrnehmen würde. Orgel und Altar wurden weg geräumt, hier wird nicht mehr gebetet, sondern der Wissenschaft gehuldigt.

Zeit wird wahrnehmbar, doch nur mit sehr viel Geduld. Im Verlauf einer Stunde bewegt sich das Pendel um 12 Grad nach Osten über der Schwindungsebene, die aus 380 Millionen Jahre altem Sedimentgestein besteht. Ist das Alter der Grauwacke auch kaum vorstellbar, so intensiviert die Bewegung des Pendels das Gefühl für Zeit. Ein meditativer Raum ist entstanden, der den Besucher einlädt, über sich selbst und den Kosmos nachzudenken.

Pendel, Spiegel, die Farbe Grau, der einstmals sakrale Raum - "Zwei graue Doppelspiegel für ein Pendel" vereint zentrale Positionen des 86-jährigen Künstlers zu einem Meisterwerk, das die Dominikanerkirche zu einem neuen Ort der Begegnung des Austausches und der Begegnung macht. Ab 2019 soll das Gebäude an der Salzstraße 10 für Publikumsveranstaltungen auf höchstem kulturellen Niveau hergerichtet werden.

Webcam mit Blick aus der Kuppel auf das Pendel
Informationen der Stadt
Multimediale Präsentation zum Bau des Antriebs