Millionenförderungen für münstersche Forscher

Mathematiker Martin Burger und Planetologe Thorsten Kleine erhalten renommierten "Consolidator Grant" des Europäischen Forschungsrates

Münster (upm), 16. Januar 2014

Prof. Dr. Martin Burger (l.) und Prof. Dr. Thorsten Kleine
Prof. Dr. Martin Burger (l.) und Prof. Dr. Thorsten Kleine
Foto: privat (l.)/Peter Grewer

Gleich zwei münstersche Wissenschaftler erhalten eine renommierte Förderung des Europäischen Forschungsrates (European Research Council, ERC) – den "Consolidator Grant": Prof. Dr. Martin Burger vom Institut für Numerische und Angewandte Mathematik und Prof. Dr. Thorsten Kleine vom Institut für Planetologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) haben sich in dem Wettbewerbsverfahren durchgesetzt, wie der ERC nun bekanntgab. Die Förderung, die für die Ausschreibungsrunde 2013 vergeben wurde, gilt als besonders prestigeträchtig und ist mit bis zu zwei Millionen Euro dotiert. "Was für Deutschland der Leibniz-Preis, ist auf europäischer Ebene der ERC-Grant - also ein hoch anerkannter Indikator für Spitzenforschung", betont WWU-Rektorin Prof. Dr. Ursula Nelles. "Ich freue mich außerordentlich, dass es uns mit diesem Doppelschlag erneut gelungen ist, die Sichtbarkeit der Forschungsleistungen an der Universität Münster auch europaweit zu steigern."

Der Mathematiker Martin Burger, Projektleiter im Exzellenzcluster "Cells in Motion" (CiM) der WWU, erhält rund eine Million Euro für fünf Jahre. Mit seinem Team entwickelt er mathematische Methoden zur Bildverarbeitung und zur Lösung inverser Probleme. Letzteres bedeutet, mithilfe mathematischer Modelle Rückschlüsse auf die Ursache einer beobachteten Wirkung zu ziehen. Ein Beispiel ist die Computertomografie. Dort berechnet man aus der Abschwächung von Röntgenstrahlen ein Bild des Körperinneren. Bei dem nun geförderten Projekt geht es um die Frage, wie man in der biomedizinischen Bildgebung Daten und beobachtete Prozesse miteinander in Verbindung setzen kann. Der Planetologe Thorsten Kleine wird vom ERC mit fast zwei Millionen Euro für fünf Jahre gefördert. Er erforscht gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe die Bildung der erdähnlichen Planeten und ihrer metallischen Kerne. Bei dem vom ERC geförderten Projekt geht es um die Kernbildung in der Erde, aber vor allem auch um die Frage, woher das Wasser auf dem Blauen Planeten stammt.

Die Förderlinie "Consolidator Grant" richtet sich an Nachwuchswissenschaftler zwischen sieben und zwölf Jahren nach der Promotion. Sie unterstützt den Aufbau oder die Verstetigung eines unabhängigen exzellenten Forschungsteams. Der ERC will durch die Förderung die Kreativität junger, vielversprechender Wissenschaftler unterstützen und helfen, neue Ideen in die Forschung zu tragen.

Insgesamt gehören der WWU mittlerweile zehn ERC-Grant-Inhaber an. Neben den "Consolidator Grants" sind "Advanced Grants" für erfahrene Wissenschaftler und "Starting Grants" für herausragende Nachwuchswissenschaftler darunter. Vor allem die "European Research Services GmbH" berät die WWU-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern zu allen Forschungs-Fomaten.

 

Weitere Informationen zu Prof. Dr. Martin Burger und seinem Projekt:

"Bildgebung ist in den Lebenswissenschaften von zentraler Bedeutung", betont CiM-Forscher Martin Burger. "In letzter Zeit wird diese Methode insbesondere auch eingesetzt, um Prozesse im Körper und sogar in einzelnen Zellen zu untersuchen." Auf der einen Seite gibt es die Beobachtungen der Natur- und Lebenswissenschaftler. Am anderen Ende der Forschung stehen mathematische Modelle zur Analyse dieser dynamischen Prozesse im Organismus. Der Ansatz des durch den ERC-Grant geförderten Projekts ist es, solche Modelle zur Quantifizierung der Bildgebungsdaten einsetzbar zu machen. Dazu entwickeln die Wissenschaftler um Martin Burger Modelle für inverse Probleme und entsprechende Lösungsansätze. Insbesondere untersuchen die Forscher neue Ansätze zur effizienten mathematischen Behandlung zweier wichtiger Aspekte in lebenden Systemen, nämlich komplexer Formen und verschiedener Arten von Bewegung.

In interdisziplinärer Zusammenarbeit werden diese Methoden im CiM-Exzellenzcluster und im Sonderforschungsbereich 656  "Molekulare kardiovaskuläre Bildgebung" auf reale Daten angewandt, etwa zur Rekonstruktion der elektrischen Aktivität im Herzen. Dabei wird die Bewegung – beispielsweise der Herzschlag – berücksichtigt. Außerdem untersuchen die Forscher die Auswirkungen der Prozesse innerhalb von Zellen auf äußerlich beobachtbare Bewegung der Zellen.

Martin Burger, Jahrgang 1976, hat nach dem Studium der Mathematik an der Johannes-Kepler-Universität Linz in Österreich promoviert. Nach Stationen an der University of California of Los Angeles und dem Radon Institute for Computational and Applied Mathematics kam er 2006 an die Universität Münster. Neben anderen Auszeichnungen erhielt er 2009 mit dem Calderon-Preis die höchste Auszeichnung seines Fachgebiets "Inverse Probleme".

 

Weitere Informationen zu Prof. Dr. Thorsten Kleine und seinem Projekt:

Wasser ist die Grundvoraussetzung für Leben. Allerdings ist bis heute unbekannt, wann und wie Wasser auf die Erde gelangt ist. War es von Beginn an da? Oder ist es erst später, vielleicht durch Einschläge von Kometen, auf die Erde gekommen? "Der 'Consolidator Grant' eröffnet mir die Möglichkeit, eine neue Idee zu verfolgen, um diese Frage zu beantworten", unterstreicht Thorsten Kleine. Der neue Forschungsansatz beruht auf der Beobachtung, dass Wasser nicht alleine, sondern zusammen mit anderen chemischen Elementen — den sogenannten volatilen Elementen — auf die Erde gekommen ist. "Der Erdkern hat sich in etwa zeitgleich mit der Erde selbst gebildet. Falls er volatile Elemente enthält, dann müssen diese Elemente und mit ihnen das Wasser schon immer auf der Erde vorhanden gewesen sein. Enthält der Erdkern jedoch keine volatilen Elemente, dann ist auch das Wasser erst später auf die Erde gekommen", erklärt Thorsten Kleine.

Da niemand dem Erdkern Proben entnehmen kann, können die Wissenschaftler volatile Elemente im Erdkern nur indirekt nachweisen. Dazu wollen sie sich die unterschiedliche Isotopenzusammensetzung der Elemente in Erdkern und -mantel zunutze machen. Isotope eines Elements sind chemisch identisch, haben aber nicht die gleiche Masse. Entscheidend ist, dass der Erdkern bevorzugt die leichten Isotope aufgenommen hat. Der Erdmantel enthält somit verhältnismäßig mehr schwere als leichte Isotope. Falls der Erdkern tatsächlich volatile Elemente enthält, dann sollten diese Elemente im Erdmantel also "isotopisch schwer" sein. Durch Untersuchungen von Gesteinsproben aus dem Erdmantel können die Forscher daher Rückschlüsse auf den Kern ziehen – und so auch herausfinden, ob von Beginn an Wasser auf der Erde war.

Thorsten Kleine, Jahrgang 1972, hat nach dem Studium der Geologie und Paläontologie sowie der Mineralogie an der Universität Münster promoviert. Ab 2004 hat er an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich geforscht und sich dort 2008 habilitiert. Im Jahr 2009 ist der Forscher, der bereits eine Reihe von Auszeichnungen für Nachwuchswissenschaftler erhalten hat, als Professor an seine Heimat-Universität zurückgekehrt.

 

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