Digitale Inventarisierung

Arbeiten mit materiellem christlichem Kulturerbe: Inventarisieren von kirchlichen Kunstschätzen verschiedener Gattungen
© ACHRIBI | MB
  • Inventarisierung im Rahmen des Projekts

    © Thomas Fusenig | 2023

    Inventarisierung (lateinisch inventarium „Gesamtheit des Gefundenen“) meint eine Bestandsaufnahme von Objekten in Hinsicht auf bestimmte Merkmale. Erstellt werden im Rahmen der Forschungsdatensammlung über 700, mit dokumentarischen Fotografien illustrierte Inventare der künstlerischen Ausstattung von Kirchen und Kapellen in Pfarreibesitz, begrenzt auf den Bereich des Bistums Münster (nordrhein-westfälischer Teil). Diese werden in einer digitalen Datenbank gespeichert.

    Im Dezember 2023 startete die Inventarisierungsinitiative des Projekts. Die Mitarbeiter:innen des Projektteams nehmen dafür dekanatsweise Kontakt mit den Kirchengemeinden auf. Gemeinsam mit den Pfarrern und Küster:innen, die im Sinne von citizen science als Wissensträger:innen einbeziehen, werden die Kunstschätze in den Kirchen und Kapellen zusammengetragen:
    Sie sichten, erfassen und fotografieren vor Ort die künstlerischen Ausstattungsgegenstände und pflegen die Daten in eine Datenbank ein. Die Ergebnisse werden den Gemeinden zusätzlich als gebundene Inventare überreicht.

    In den 1970er Jahren wurde im Bistum Münster mit der Inventarisierung begonnen. Zahlreiche analoge Inventare, Karteikarten, analoge Fotografien, Berichte zu Restaurierungen sowie digitale Datensätze unterschiedlicher Qualität müssen gesichtet und in die neuen digitalen Inventare integriert werden. Dafür arbeitet das Projektteam eng mit der Gruppe 163 – Kunstpflege der Abteilung Kunst und Kultur des Bistums Münster zusammen.

  • Standards der digitalen Inventarisierung

    © Thomas Fusenig | 2023

    Im Hintergrund erfordert diese großflächige Inventarisierungs-Initiative drei aufeinander aufbauende Schritte. Zunächst 1.) die pragmatisch möglichst schnelle und gleichzeitig fachlich korrekte Erfassung der Objekte vor Ort, dann 2.) die zur späteren Datenübergabe geeignete Digitalisierung und darauf aufbauend 3.) die Auswahl und Kuratierung von Datensätzen zur Übertragung in die Deutsche Digitale Bibliothek und den digitalen Bildindex der Kunst und Architektur des Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte, Bildarchiv Foto Marburg. Letztere Plattform bietet besonders Forscher:innen die Möglichkeit - beispielsweise mit komplexen Suchanfragen - die gesammelten Daten zum christlichen Kulturerbe für diverse Forschungszwecke weiter zu nutzen.

    Der erste Schritt entspricht den allgemeinen Anforderungen der Inventarisierung in Museen und Denkmalpflege, in der eine Objektbezeichnung in Verbindung mit einer eindeutigen Kurzbeschreibung mit Angaben zu Maßen, Material und Technik gefordert wird. Der zweite Schritt erfüllt die Anforderungen des internationalen LIDO-Formates (Lightweight Information Describing Objects) nach Vorgabe der digitalen Forschungsinfrastruktur. So kann das Kulturerbe effektiv und standardisiert erfasst werden. Der dritte Schritt erfordert innovatives Datenmanagement in einer dynamischen und volatilen digitalen Forschungsdateninfrastruktur.

    Dabei wird das Projektteam durch die Task Area 2 am Bildarchiv Foto Marburg von NFDI4Culture begleitet, die im Bereich Datenmanagement, digitale Standards, Datenqualität und digitale Fotografie berät. Für die Bereinigung und das Kuratieren der Datensätze sind die Expert:innen des Service Center for Digital Humanities der ULB Münster Teil des Projektteams.

  • Vorteile einer qualitativ hochwertigen digitalen Inventarisierung

    © ACHRIBI | MB

    Die Inventarisierung von Kulturerbe ist entscheidend, um es zu schützen und zu erhalten. Sie ist aber auch für Forschungszwecke und Bildungskontexte unverzichtbar. In verschiedenen Bereichen ist sie von großer Bedeutung:

    Forschung: Die fachlich korrekte Erstellung von Kircheninventaren ist die Grundlage für weitere 
    (kunst-)historische und theologische Forschung sowie für die Entwicklung von Konzepten zur Vermittlung des christlichen Kulturerbes. Indem die gesammelten Daten nach hohen aktuellen Standards digitaler Forschungsdaten formatiert werden, können sie in Auswahl international online zugänglich gemacht werden. Auf den größten digitalen Plattformen für Kulturgüter erhalten Sie eine große Sichtbarkeit und sind für die Zukunft gesichert.

    (Religiöse) Bildung und Tourismus: Durch die Erfassung und Dokumentation können Gemeinden, Museen, Bildungseinrichtungen und Tourismusbehörden Informationen über das christliche Kulturerbe bereitstellen und erhalten, um das Wissen und das Verständnis darüber zu fördern. Auch für pastorale Zwecke können die Kunstschätze als materielles Erbe besser genutzt werden.

    Schutz und Erhalt: Die Inventarisierung hilft dabei, das Kulturerbe zu schützen und zu erhalten, indem es erfasst und dokumentiert wird. Dadurch können Maßnahmen ergriffen werden, um es vor Diebstahl, Vandalismus oder Verfall zu schützen. Durch die Erfassung können auch notwendige Instandhaltungs- und Restaurierungsarbeiten geplant und durchgeführt werden.

    Verwaltung und Planung: Im Zeitalter zunehmender Säkularisierung müssen immer mehr Kirchen profaniert werden, Gemeindestrukturen ändern sich. Durch die Erfassung und Dokumentation der Ausstattung der Kirchen können das Bistum, aber auch Regierungsbehörden, Stadtplaner:innen, Architekt:innen u. a. Informationen über das Kulturerbe erhalten, um zukünftige Entwicklungen zu planen und Entscheidungen zu treffen.