Überführung der sterblichen Überreste von Papst Franziskus in den Petersdom
Am Mittwochvormittag (23. April 2025) versammelten sich die bereits angereisten Kardinäle und Patriarchen in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses Santa Marta, in dem der Papst zuletzt gewohnt hatte. Auf dem Petersplatz warteten unterdessen tausende Gläubige auf den Sarg des Papstes, um sich persönlich von ihm zu verabschieden.
Der Kardinalkämmerer Joseph Farrell leitete das gemeinsame Gebet in der Kapelle. Danach setzte sich die Prozession in Bewegung: Papst Franziskus wurde, begleitet von Kardinälen, Bischöfen, Priestern und Beichtvätern, in den Petersdom gebracht. Wie der Kommentator von Vatican News erläuterte, handelt es sich bei diesen Beichtvätern, die besonders nah am Sarg gingen, traditionell um jene, die im Petersdom den Dienst der Versöhnung versehen.
Papst Franziskus hatte sich selbst mehrfach – auch spontan – bei diesen Beichtvätern zur Beichte begeben. Einige Gläubige waren überrascht, wenn sie bei den Beichtstühlen plötzlich dem Papst begegneten. Der Kommentator hob hervor, dass Franziskus mit dieser persönlichen Beichtpraxis ein bewusstes Zeichen setzen wollte: Auch der Papst – als Stellvertreter Christi – ist ein Mensch, der der Vergebung und Barmherzigkeit Gottes bedarf.
Die Prozession wurde mit Trauergeläut begleitet. Während des feierlichen Zugs wurden die Psalmen 23, 116 und 51 gesungen – Texte, die zentrale Themen wie Vertrauen, Todesnot und Reue aufgreifen. Bereits in der mittelalterlichen römischen Sterbe- und Begräbnisliturgie im 7./8. Jh. sind jene Psalmen vorhanden. Nach der altrömischen Ordnung ist die Psalmodie ein wesentlicher Bestandteil der Sterbegebete, die von der Waschung und Aufbahrung des Leichnams bis hin zum Begräbnis den Verstorbenen begleiten sollen.
Psalm 23 preist Gott als den guten Hirten, der den Menschen durch sein Leben geleitet: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen.“
Psalm 116 wird in Todesangst gesprochen – ein Ruf nach Rettung in Gottes Barmherzigkeit. Die Worte „Ich will den Kelch des Heils erheben und den Namen des Herrn anrufen“ (V. 13) erinnern viele Gläubige an die Eucharistiefeier, in der Gott für die Erlösung durch Christus gedankt wird.
Psalm 51 hingegen bringt das Schuldbekenntnis des Menschen zum Ausdruck: „Gegen dich allein habe ich gesündigt, ich habe getan, was dir missfällt“ (V. 6). In diesem Psalm bittet der Mensch um Reinigung, Vergebung und ein neues Herz.
Das Hören der Psalmen während der Prozession kann herausfordernd sein – insbesondere, wenn sie in lateinischer Sprache vorgetragen werden. Eine begleitende Übersetzung durch den Kommentator half dabei, den Sinn zu erschließen. Die Psalmen lassen vielfältige Deutungen zu, doch eine zentrale Botschaft lässt sich hervorheben: Angesichts des Todes ist es allein Gott, der den sündigen Menschen aus Gnade zum Heil führen kann.
Als die Prozession den Petersplatz erreichte, konnte man im Livestream beobachten und hören, wie viele Gläubige Papst Franziskus mit lautem Applaus begrüßten – offenbar ein Ausdruck von Anteilnahme, Respekt und Dankbarkeit. Auch wenn dieser Gestus im Zeremoniell des Ordo Exsequiarum nicht vorgesehen ist, ist es in der heutigen Liturgiekultur keine Seltenheit, dass Gläubige durch Applaus ihre Verbundenheit und Wertschätzung zum Ausdruck bringen. Viele machten Fotos oder Videos und bekreuzigten sich anschließend – ein Zeichen, dass das Smartphone längst auch in der individuellen Frömmigkeit eine Rolle spielt. Diese Praxis war deutlich bei der persönlichen Verabschiedung der Gläubigen im Livestream zu erkennen.
Nachdem der Papst die Basilika Sankt Peter erreicht hatte, wurde Psalm 121 angestimmt – ein Wallfahrtspsalm, in dem Gott als Hüter des Lebens gepriesen wird: „Der Herr behüte dich, wenn du fortgehst und wiederkommst, von nun an bis in Ewigkeit.“
In der Basilika folgte die feierliche Anrufung der Heiligen mit der Allerheiligenlitanei. Besonders hervorzuheben ist hierbei, dass nicht die übliche Anrufung ora pro nobis („bitte für uns“) erklang, sondern ora pro eo – „bitte für ihn“. Damit wurde liturgisch für das Heil des verstorbenen Papstes gebetet, im Vertrauen auf die Fürsprache aller Heiligen.
Auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Franziskus wurde sein Leichnam nicht auf einem erhöhten, reich geschmückten Katafalk aufgebahrt, sondern schlicht und bodennah – unmittelbar vor dem Grab des heiligen Petrus. Der Kommentator deutete dieses Bild als Zeichen der Nähe zwischen dem verstorbenen Papst und seinem apostolischen Vorgänger.
Nachdem der Leichnam mit Weihrauch inzensiert und mit Weihwasser besprengt worden war, wurde Johannes 17,24–26 vom Diakon vorgetragen:
„Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor der Erschaffung der Welt. Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt, und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen deinen Namen bekannt gemacht und werde ihn bekannt machen, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und damit ich in ihnen bin.“
Diese Worte aus dem Johannesevangelium drücken das Vertrauen und die Hoffnung aus, dass der Verstorbene im Glauben an Christus seine Vollendung bei Gott finden wird. Insbesondere für den Papst, der als Stellvertreter Christi auf Erden verehrt wurde, war es von zentraler Bedeutung, dass er nun in Gott seine letzte Ruhe und Vollendung finden würde.
Die Verkündigung dieses Verses kann darüber hinaus als Trost für die Gläubigen verstanden werden: Sie drücken ihr Vertrauen aus, dass der Papst, wie alle Menschen, durch den Glauben an Christus endgültig in die Gegenwart Gottes gelangt – ein Trost, der auch in der Interpretation des Kommentators im Livestream zum Ausdruck kam.
Nach den Fürbitten und dem Vaterunser wurde das Schlussgebet der feierlichen Überführung der des Papstes gesprochen: „O Gott, unser Heil, höre uns, die wir dich zusammen mit allen Heiligen anflehen, und nehme in der Versammlung deiner Auswählten die Seele deines Knechtes und unseres Papstes Franziskus auf, der dem Gebet der Kirche vertraut hat. Durch Christus, unseren Herrn. Amen.“ Anschließend wurde die marianische Antiphon Salve Regina gesungen.
Über Youtube (Vatican News) lässt sich die Überführung des Papstes in den Petersdom weiterhin abrufen.
Marco Xu, 23.04.2025
Quellen:
Reiner Kaczynski: Sterbe- und Begräbnisliturgie. In: Bruno Kleinheyer, Emmanuel von Severus, Reiner Kaczynski: Sakramentliche Feiern II. (Gottesdienst der Kirche, Handbuch der Liturgiewissenschaft, Bd. 8), Regensburg 1984, 193–232.