Extra Omnes
Die Messfeier am Mittwochvormittag zur Wahl des Papstes ist als liturgische Einstimmung, sich der Verantwortung vor Gott und den Menschen bewusst zu werden, zu verstehen. Die Kardinäle sind in diesem feierlichen Gottesdienst – nach den vielen Generalkongregationen und Gesprächen – geistlich inspiriert, eine für die Weltkirche gute Entscheidung zu treffen. Der Kardinaldekan Giovanni Battista Re rief in seiner Predigt den Kardinälen und der versammelten Gemeinde eindringlich ins Gedächtnis: „Die Wahl eines neuen Papstes ist stets der Apostel Petrus, der zurückkehrt.“ Die feierliche Auftaktmesse kann auf YouTube nachverfolgt werden. Ein passendes Libretto steht ebenfalls online zur Verfügung.
Die liturgische Dimension der Papstwahl zeigte sich besonders eindrucksvoll in der feierlichen Prozession der Kardinäle am Nachmittag gegen 16:30 Uhr, wenige Stunden nach der morgendlichen Messe, beim Einzug in die Sixtinische Kapelle. Auch für diesen bedeutenden Ritus existiert ein entsprechendes Libretto. Zwei zentrale liturgische Elemente prägen diesen Moment: die Allerheiligenlitanei – als Anrufung der Gemeinschaft der Heiligen – und der feierliche Hymnus Veni, Creator Spiritus, mit dem um das Kommen und Wirken des Heiligen Geistes gebetet wird.
Die Allerheiligenlitanei wurde bereits während der Begräbnisfeierlichkeiten für Papst Franziskus mehrfach gesungen. Sie ist ein großes Bittgebet, in dem – im Wechselgesang zwischen Schola oder Vorsängern und der versammelten Gemeinde, die in diesem Fall durch die Kardinäle repräsentiert wird – die Heiligen um ihre Fürsprache vor Gott angerufen werden. Gerade im Rahmen des Konklaves zeigt sich, wie sehr die Kardinäle der geistlichen Stärkung bedürfen, um in tiefer Verantwortung vor Gott einen würdigen Nachfolger Petri aus ihren eigenen Reihen zu erkennen und zu wählen. (Hinweis: Kirchrechtlich ist die Wahl einer Person außerhalb des Kardinalskollegiums möglich.)
Nach der Allerheiligenlitanei erklang der Hymnus Veni, Creator Spirit. Dieses liturgische Element fügt sich auf eindrucksvolle Weise in den geistlichen Rahmen der Papstwahl ein. Die dritte Person der göttlichen Trinität wird angerufen, die Kardinäle zu erleuchten, ehe sie zur Wahlurne in der Sixtinischen Kapelle schreiten und ihre Stimme abgeben.
Veni, Creator Spiritus, mentes tuorum visita: imple superna gratia, quae tu creasti pectora – „Komm, Schöpfergeist, besuche die Herzen der Deinen; erfülle mit himmlischer Gnade die Herzen, die du erschaffen hast.“
Es lässt sich kaum eindrücklicher betonen, dass die Wahl in tiefster Verantwortung vor Gott und im Einklang mit seinem Willen getroffen wird.
Wenn der päpstliche Zeremonienmeister in der Sixtinischen Kapelle die Worte Extra omnes („Alle hinaus!“) ausspricht, beginnt – nach der feierlichen liturgischen Einstimmung – der eigentliche Wahlakt. Was nun folgt, entzieht sich den Blicken der Welt: Die Wahl ist geheim und bleibt im Verborgenen. Alle, die nicht wahlberechtigt sind, müssen die Kapelle verlassen. Aber wirklich alle? Aus der Sicht des Glaubens ist es der Heilige Geist, der nun in der Sixtinischen Kapelle besonders gegenwärtig ist – um die Kardinäle zu leiten, damit sie einen weisen und gottgefälligen Nachfolger Petri wählen.
Marco Xu, 07.05.2025
Mehr zum Konklave:
Hubert Wolf: Konklave. Die Geheimnisse der Papstwahl, München 22017.
Terra X History vom ZDF (mit Hubert Wolf): Geheimnis Konklave – Geschichte der Papstwahl.