© Marco Xu

Inkulturation des römischen Ritus?

In den vergangenen Wochen hielt ich insgesamt drei Vorträge zu den Themen Inkulturation (Teil I), Kreuzigung (Teil II) und Fastenzeit (Teil III).

Besonders die sogenannten „jungen Kirchen“ – eine Bezeichnung für Ortskirchen in ehemaligen Missionsgebieten – forderten weitreichende Veränderungen, die von Rom jedoch teils blockiert oder infrage gestellt wurden. Dabei ging es vor allem um die Frage, ob neue, dem römischen Ritus eigentlich fremde Elemente eingeführt werden oder ob bestehende Elemente so verändert werden, dass amtstheologische Fragen geklärt werden mussten (z. B. ein Hochgebet mit dialogischem Charakter).

Am 7. März 2025 hielt ich den ersten Vortrag unter dem Titel „Unter Wahrung der Einheit des römischen Ritus (SC 38). Die Inkulturation als Chance und als Problem für den römischen Ritus“ im Rahmen der Tagung der AKL-Junior (Nachwuchs der Arbeitsgemeinschaft katholischer Liturgiewissenschaftlerinnen und Liturgiewissenschaftler) in Salzburg gehalten. Ich war über Zoom aus Münster zugeschaltet.

Im Vortrag ging es um die Frage, inwiefern Inkulturation im Hinblick auf die Messfeier aus lehramtlicher Perspektive gewollt und ermöglicht wird. Bereits der Begriff „Inkulturation“ ist sperrig, da unklar bleibt, wie eine gelungene Umsetzung aussehen kann. Idealerweise bedeutet er die Anpassung einzelner liturgischer Elemente oder die Integration kultureller Eigenheiten in den römischen Ritus.

Die zentrale Frage, was den Kern des römischen Ritus ausmacht und welche Elemente unantastbar bleiben müssen, bleibt unbeantwortet. Wenn über Inkulturation nachgedacht wird, ist nach römischem Verständnis ein marginaler Eingriff in den römischen Ritus erlaubt – etwa durch die Anpassung an Volkssprachen und heimische Kirchenlieder, Elemente, die mittlerweile in nahezu allen Ortskirchen der Welt Realität geworden sind. In dieser Hinsicht war es also nicht notwendig, neue Liturgien oder Ritualelemente zu erfinden. Verschiedene Instruktionen und Lehrschreiben bestätigen diese Sichtweise. Im Sinne der Inkulturation wäre es wünschenswert, wenn man dieser Prozess sorgfältig weiterverfolgte. Eine Publikation zu diesem Thema ist 2026 als Sammelband unter Herausgeberschaft des Teams der AKL Junior geplant.

Marco Xu, 26.03.2025 (Vortragsreihe, Teil I)

Hinweise zu den Bildern: Das Portal „Wurzel Jesse“ an der Südseite der Stadt- und Marktkirche St. Lamberti in Münster wurde durch ein Glaskunstwerk modernisiert – ein Zeichen für das christlich-jüdische Miteinander. Zudem erhielt das alte Portal eine neue Schiebetür. Es wird ein neues Element in ein jahrhundertealtes Kirchengebäude eingepasst. Die Ausstrahlung und Würde des alten Gebäudes werden nicht beschädigt. Der barrierefreie Zugang mag Inkulturation ebenfalls anschaulich machen. Er erleichtert den Zugang zum alten Gebäude. ohne dessen ursprüngliche Substanz zu verändern. Weiterlesen zum Glaskunstwerk.

Quellen (Auswahl):

Braga, Carlo: ‚Servata substantiali unitate ritus Romani’ (SC 38). In: Rivista liturgica 90/5 (2003), 890–896.

Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung: Instruktion „Varietates legitimae“ vom 25. Januar 1994. In: AAS 87 (1995), 288–314. Übersetzung: Römische Liturgie und Inkulturation. IV. Instruktion zur ordnungsgemäßen Durchführung der Konzilskonstitution über die Liturgie (Nr. 37–40), herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (VApS 114), Bonn 1994.

O’Loughlin, Thomas: Liturgy, Inculturation and the reception of Sacrosanctum Concilium 37–40. An on-going project for those who preside? In: New blackfriars 102/1102 (2021), 967–978.

Zweites Vatikanisches Konzil: Konstitution über die heilige Liturgie „Sacrosanctum Concilium“ vom 4. Dezember 1963. In: AAS 56 (1964), 97–134.