
Zur Fastenpraxis in der Geschichte des Christentums
In den vergangenen Wochen hielt ich insgesamt drei Vorträge zu den Themen Inkulturation (Teil I), Kreuzigung (Teil II) und Fastenzeit (Teil III).
Nach den aktuellen Bestimmungen des Codex Iuris Canonici von 1983, §§ 1249–1253, erscheinen die Fasten- und Abstinenzregeln im Vergleich mit anderen christlichen Konfessionen und anderen Religionen milde: Lediglich an Aschermittwoch und Karfreitag ist Fasten und Fleischverzicht vorgeschrieben. Wie das Fasten im Einzelnen zu praktizieren ist, wird in den Canones 1249–1253 des geltenden Codex Iuris Canonici nicht näher bestimmt. Die ältere Regelung im Codex von 1917 (CIC/1917) sah gemäß Can. 1251 vor, dass nur eine Hauptmahlzeit pro Tag eingenommen werden durfte, wobei eine leichte Stärkung am Morgen und Abend zulässig war. Die fehlende Präzisierung im aktuellen CIC (1983) könnte darauf hindeuten, dass das Verständnis des Fastens aus lehramtlicher Perspektive heute offener ausgelegt wird. Für die Abstinenz hingegen bleibt die Regelung klar: Nach Can. 1251 CIC/1983 ist der Verzehr von Fleischspeisen an den vorgeschriebenen Tagen nicht vorgesehen.
In der Antike hingegen war die Praxis wesentlich strenger, wobei es unterschiedliche Abstufungen gab – von rigorosen bis hin zu moderateren Formen des Fastens. Die Fastenpraxis galt als prägendes Merkmal der Christinnen und Christen und wurde von Nichtchristen als markantes Zeichen wahrgenommen.
Typische Fastennahrungsmittel waren in der Antike Brot und Wasser, oft ergänzt durch etwas Salz. Quellen berichten auch von Gemüse, Früchten und Fisch als erlaubten Fastenspeisen, wobei diskutiert wurde, ob Gemüse gekocht werden dürfe oder ob der Verzicht auf Fisch nicht konsequenter wäre. Aus den ursprünglichen Fasttagen des Osterfests (2–3 Tage) entwickelte sich zunächst eine strenge Fastenwoche und schließlich die 40-tägige Fastenzeit (Quadragesima), die später durch eine 70-tägige Fastenzeit (Septuagesima) ergänzt wurde. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass einige Autoren Fasten im strengen Sinne als vollständigen Verzicht auf Nahrung oder Flüssigkeit über einen längeren Zeitraum verstanden haben.
Auch im Mittelalter bestanden unterschiedliche Vorstellungen über das Fasten. Thomas von Aquin begründete in seiner Summa Theologica, warum der Verzicht auf Milchprodukte und Eier während der Fastenzeit gerechtfertigt sei: Sinngemäß argumentierte er, dass diese Produkte „vom Fleisch“ stammen, also tierischen Ursprungs sind. Interessanterweise erwähnte er Honig nicht – eine vegane Ernährung im heutigen Sinne befürwortete er also nicht.
Ein Teilnehmer meinte als Schlusswort in der Diskussionsrunde: „Das Fasten ist ein Geschenk Gottes an uns.“ Damit Fastengebote nicht als leere Vorschriften erscheinen, kann man für die Möglichkeit zur Selbstbestimmung dankbar sein.
Der letzte Vortrag fand am 23. März 2025 unter dem Titel „Zur Fastenpraxis in der Geschichte des Christentums“ im Rahmen des Gemeindetreffens des Fördervereins Adjutorium e.V. in Münster statt. Dass dieses Thema gewählt wurde, hängt mit dem Engagement und den Fragen vieler Gläubiger dieser traditionellen Gemeinde zusammen.
Marco Xu, 31.03.2025 (Vortragsreihe, Teil III)
Quellen (Auswahl):
R. Arbesmann: Art. „Fasten“, in RAC 7 (1969), Sp. 448–493.
R. Arbesmann: Art. „Fastenspeisen“, in RAC 7 (1969), Sp. 493–524.