„Jenseits von Tarnname Rebhuhn“: Der alte Eisenbahntunnel in Lengerich


KZ-Außenlager – Zufluchtsort – Denkort?

Tunnel 230

Ein leerstehender Eisenbahntunnel in Lengerich war 2011 der Ausgangspunkt einer geschichtlichen Erkundung des Historischen Seminars der Uni Münster und des Geschichtsorts Villa ten Hompel. Die Expedition Münsterland wird daher im Juli Halt in Lengerich machen und die Ergebnisse dieser Arbeit vorstellen.

Die über 700 Meter lange Röhre, die zwischen 1871 bis 1928 als Eisenbahntunnel auf der Strecke Münster – Hamburg genutzt wurde, diente im Nationalsozialismus zwischen 1944 und 1945 als KZ-Außenlager. Mehr als 200 Häftlinge wurden dafür aus dem Konzentrationslager Neuengamme bei Hamburg nach Lengerich verlegt. In dem zur unterirdischen Fabrik umgebauten Tunnel mit dem Tarnnamen „Rebhuhn“ frästen die Häftlinge Profile für Tragflächen von Jagdflugzeugen. 19 KZ-Häftlinge kamen dabei zu Tode, mindestens 14 davon wurden vom Lagerpersonal hingerichtet.

Zwischen 1941 bis 1944 sowie zum Kriegsende an Ostern 1945 nutzte die Lengericher Bevölkerung den Tunnel mehrfach als Zufluchtsort vor Luftangriffen. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Produktionsstätte geräumt und die im Tunnel installierten Wände aus Ziegelsteinen zum Wiederaufbau zerstörter Häuser in Lengerich verwertet.

Mehrere Monate lang befasste sich eine Gruppe von Geschichtsstudentinnen und -studenten mit dem alten Eisenbahntunnel als wissenschaftlich bedeutendem Ort. Im Zentrum ihres Interesses stand die Erforschung des Tunnels als Ort regionaler, deutscher und europäischer Geschichte. Sie fragten nach der Entstehungsgeschichte, nach der Nutzung im Nationalsozialismus, aber auch in der Zeit der Bundesrepublik. Auch die Erinnerungsarbeit zum Tunnel wurde untersucht. Welche Bedeutung hat die Tunnelgeschichte für das kollektive Gedächtnis in Lengerich und im Münsterland und für die heutige Generation?

Die „Expedition Münsterland“ präsentiert mit dieser Veranstaltung die neu gewonnenen Forschungsergebnisse der Studentinnen und Studenten, die sie zusammen mit der Villa ten Hompel am Historischen Seminar erarbeitet haben. Auf 15 großformatigen Ausstellungstafeln wird die wechselvolle Geschichte rund um den alten Eisenbahntunnel Lengerich anschaulich dargestellt. Es geht hierbei nicht um die Skandalisierung eines Ortes, sondern um die historische Erkundung des Tunnels als vielschichtigem authentischen Erinnerungs- und Denkort.


Die Veranstaltung fand am 08. Juli (So.) 2012 um 11 Uhr in Lengerich auf dem Gelände der Eisenbahnfreunde Lengerich e.V. statt. Ende der Expedition war gegen 14.00 Uhr in Lengerich. Die Ausstellung konnte außerdem noch am 15.07., 22.07. und 29.07.2012 von 11 – 12 Uhr besucht werden.

Das Poster zur Veranstaltung können Sie hier ansehen.



Kontakt:
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO)
Robert-Koch-Straße 40
48149 Münster
Tel.: 0251 – 83 32223
Mail: expedition.muensterland@uni-muenster.de
Fax: 0251 – 83 32123


Stadt Münster
Geschichtsort Villa ten Hompel
Kaiser-Wilhelm-Ring 28
48145 Münster
Tel.: 0251 - 492-7101