Das Leben schützen im Alter
Perspektiven zukünftiger Sozialpolitikforschung
DOI:
https://doi.org/10.17879/jcsw-2023-5060Abstract
Besonders die psychophysische Verletzlichkeit des hoch betagten Menschen begründet sein herausgehobenes Schutzinteresse. Diesem Anspruch haben Institutionen des Sozialsystems bis zur Versorgung am Lebensende ausreichend zu genügen, können ihn jedoch aus verschiedenen Gründen nicht zufriedenstellend erfüllen. Dies scheint nicht unwesentlich mit Charakteristika spätmoderner Gesellschaften zusammenzuhängen, die unter anderem drei Risiken für den alten Menschen bergen: durch bestimmte (berufliche und familiale) Lebensläufe bedingte Risiken der Altersarmut, häufig damit zusammenhängende soziale Exklusionen, bei Menschen mit Migrationsgeschichte auch kulturelle Marginalisierung, sowie Risiken eines sozialräumlich abgeschnittenen Lebens in einem Pflegeheim. Unklar ist, welcher (institutionelle) Anpassungsdruck durch alternde Generationen der sog. 68er sowie der Babyboomer entstehen wird und mit welchen neuen Versorgungskonzepten (z. B. Caring Communities) Wege aus ordnungspolitischen Sackgassen gebahnt werden können. Zu sozialpolitisch dringlichen Herausforderungen der Zukunft wird neben der Organisationsentwicklung v. a. pflegerischer Versorgungssysteme die Lösung gesamtgesellschaftlicher Belastungs- und Verteilungsprobleme im Zeichen einer jeweils im Einzelnen zu definierenden Generationengerechtigkeit gehören. Mit Blick auf biografisch vielgestaltige Ursachen sich möglicherweise ausweitender Altersarmut und soziokultureller Marginalisierung wird Sozialpolitik und ihre Forschung zukünftig stärker Elemente einer vorbeugenden sozialen Lebenslaufpolitik zu berücksichtigen haben.