Zwischen Pazifismus und gerechtem Krieg?
Der „gerechte Frieden“ als Leitbild der deutschsprachigen Friedensethik und Alternative zur Tradition des bellum iustum
Abstract
Die Formulierung der Idee eines „gerechten Friedens“, wie sie die christliche Friedensethik in Deutschland in den letzten Jahrzehnten geleistet hat, wurde als Gegenvorschlag zur (katholischen) Tradition des „gerechten Krieges“ entwickelt, ohne in seiner Konsequenz einem strikten Pazifismus zu unterliegen. Gleichwohl würde es zu erheblichen Missverständnissen führen, den „gerechten Frieden“ als Kompromiss oder Mittelweg zwischen bellum iustum und absoluter Gewaltfreiheit verstehen zu wollen. Stattdessen will der vorliegende Beitrag demonstrieren, dass der „gerechte Frieden“ seine normative Überzeugungskraft erst zu entfalten vermag, wenn sein unabdingbarer Gegensatz zum Prinzip des „gerechten Krieges“ hypostasiert wird. In seiner Argumentation nimmt der Aufsatz vor allem Anleihen bei Immanuel Kant, um jene spezifische theoretische Frontstellung zu verdeutlichen.