Geschichte des Instituts für Lebensmittelchemie

Das alte Institut für Lebensmittelchemie an der Piusallee
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Die ersten Anfänge unter Joseph König
Die Lebensmittelchemie als exakte Naturwissenschaft ist vor etwa 130 Jahren in Münster durch Joseph KÖNIG (1843-1930) begründet worden. Er leitete seit 1871 die Landwirtschaftliche Versuchsstation am Coesfelder Kreuz unweit des jetzigen Institutsneubaus und veröffentlichte seit 1878 ein mehrbändiges Werk über die "Chemie der menschlichen Nahrungs- und Genußmittel". 1892 wurde er Honorarprofessor an der damaligen Königlichen Theologischen und Philosophischen Akademie, die 1902 zur Universität erhoben wurde, und hielt Vorlesungen über die Chemie der menschlichen Nahrung; von 1899 bis 1912 war er persönlicher Ordinarius für Nahrungsmittelchemie und Hygiene. Das neue Fach war allerdings weder institutionell noch finanziell in die Universität eingebunden. KÖNIGs umfangreiche wissenschaftliche Leistungen machten Münster bald zu einer Hochburg der Lebensmittelchemie. Als Nachfolger übernahm Aloys BÖMER (1868 - 1936), langjähriger Mitarbeiter KÖNIGs, 1913 ein Extraordinariat für angewandte Chemie, insbesondere Nahrungsmittelchemie, das 1921 in eine ordentliche Professur umgewandelt wurde. Nach seiner Emeritierung im Jahr 1935 wurde der Lehrstuhl anderweitig genutzt, und seine Aufgaben wurden von der Pharmazie übernommen.

Hier war Hans Paul KAUFMANN (1889 - 1971) zum Leiter des "Instituts für Pharmazie und Chemische Technologie" berufen worden. Die Regierung erwarb dafür 1933 ein Wohnhaus in der Piusallee 7, das umgebaut und 1934 eingeweiht wurde. Während des Krieges wurde das Gebäude schwer beschädigt, aber notdürftig wieder hergerichtet. Der Schwerpunkt der Arbeiten KAUFMANNs galt der Fettforschung mit all ihren Aspekten. Auf seine Initiative gehen auch die spätere Bundesanstalt für Fettforschung und das Chemische Landesuntersuchungsamt in Münster zurück.

Das erste eigene Institut in der Piusallee
1959 übernahm Karl Ernst SCHULTE (geb. 1911) den Lehrstuhl für Pharmazie und Lebensmittelchemie, wie die neue Bezeichnung lautete. Um der Lebensmittelchemie eine eigenständige Entwicklung in Forschung und Lehre zu ermöglichen, wurde eine Abteilung Lebensmittelchemie gebildet. Ihr Leiter wurde Ludwig ACKER (1913 - 1998), 1959 als Wissenschaftlicher Rat und Professor und 1961 als Extraordinarius. Wegen der beengten Raumverhältnisse mußte die Abteilung jedoch zeitweise in eine Etage am Alten Steinweg 1 über der Regenberg’schen Buchhandlung ausgelagert werden. Beim Neubau für die Pharmazeutische Chemie 1965 war zwar ursprünglich auch Platz für die Lebensmittelchemie vorgesehen, doch wurden die Planungen von der rasch angestiegenen Zahl von Studierenden der Pharmazie überholt.

Zum Jahreswechsel 1964/65 ging aus der Abteilung ein eigenes Institut hervor. Dadurch wurde das Fach Lebensmittelchemie erstmals fest in der Universität mit einem Lehrstuhl verankert, den ACKER übernahm. Es verblieb in den freigewordenen Räumen in der Piusallee 7, teilte sie aber viele Jahre lang mit der Organischen und der Analytischen Chemie und bis 1984 mit der Mikrobiologie.

1970 war zusätzlich eine C3-Professur hinzugekommen, wie es heute an den meisten Lehrstühlen für Lebensmittelchemie die Regel ist. Bis 1972 hatte sie Konrad PFEILSTICKER (1929 - 1995) inne, danach bis 1974 Hans Gerhard MAIER (geb. 1932); beide übernahmen bald Lehrstühle an anderen Universitäten. 1974 wurde Hans-Peter THIER (1937 - 2005) berufen. Er leitete das Institut seit ACKERs Emeritierung im Jahr 1979 bis zu seiner Emeritierung 2002. Als sein Nachfolger wurde 2002 Thomas HOFMANN (geb. 1968) berufen, der 2007 an die Technische Universität München gewechselt ist. Die zweite Professur nahm Karl EICHNER (1936 - 2021) von 1981 bis 2002 wahr. Nach EICHNERs Emeritierung wurde 2002 Hans-Ulrich HUMPF (geb. 1966) berufen, der 2007 einem Ruf auf die Nachfolge von HOFMANN folgte und die Leitung des Instituts übernahm. Die Nachfolge von HUMPF trat 2008 Tanja SCHWERDTLE (geb. 1975) an, die 2013 auf den Lehrstuhl für Lebensmittelchemie des Instituts für Ernährungswissenschaften der Universität Potsdam wechselte. Als ihre Nachfolgerin wurde 2014 Melanie ESSELEN (geb. 1976) an die WWU berufen. 1986 habilitierte sich Michael PETZ und folgte 1989 einem Ruf auf den Lehrstuhl in Wuppertal. Jens BROCKMEYER führte von 2010 bis 2015 eine Nachwuchsgruppe am Institut bevor er 2015  auf eine W3-Professur für Lebensmittelchemie an die Universität Stuttgart berufen wurde.

 

Das aktuelle Institut für Lebensmittelchemie
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Das heutige Institut für Lebensmittelchemie
Der schlechte bauliche Zustand der veralteten Laboratorien hatte es schon lange nicht mehr ermöglicht, die erforderliche Sicherheit zu gewährleisten, so daß ein Verbleiben des Instituts in der Piusallee 7 nicht mehr verantwortbar war. Im Jahr 1991 fiel deshalb die Entscheidung für einen Neubau im Naturwissenschaftlichen Zentrum in unmittelbarer Nähe der Institute für Organische Chemie und für Biochemie. Der Grundstein wurde am 14.9.1995 gelegt. Nach dem erfolgreichen und termingerechten Abschluß der Bauarbeiten wurde das Gebäude am 17.1.1997 übergeben. Auf diese Weise konnte der Umzug in den Semesterferien stattfinden und der Praktikumsbetrieb ohne Verzögerungen für die Studierenden zu Beginn des Sommersemesters 1997 wieder aufgenommen werden. 2007 wurde das Institut um eine Etage aufgestockt und neue Labor-, Büro- und Seminarräume geschaffen, die seit Wintersemester 2008/09 genutzt werden.
Das moderne und zeitgemäß ausgestattete Gebäude in der Corrensstr. 45 eröffnet dem Fach Lebensmittelchemie neue Entwicklungsperspektiven in Forschung und Lehre. Es hat das Institut nicht zuletzt aus seiner isolierten Lage befreit und bietet neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit den weiteren chemischen Disziplinen.