1588 – 1902
1588 - Gründung des Jesuitenkollegs
Im Jahr 1588 wurde dem Jesuitenorden die Führung der traditionsreichen Domschule zu Münster übertragen. Auf den Aa-Wiesen westlich des Dombergs entstanden in den Folgejahren ein Schulgebäude, die Petrikirche und wenig später auch ein Kolleggebäude. Neben den Wohnräumen der Jesuiten beherbergte dieses Kolleg auch eine rasch wachsende Bibliothek, die als Keimzelle der heutigen Universitäts- und Landesbibliothek gilt. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Kollegbauten fast völlig zerstört, lediglich die Petrikirche wurde wiederaufgebaut. Auch die Bibliothek erlitt schwere Verluste, nur noch gut 1.000 Bände des alten Buchbestandes sind heute erhalten.
1631 - Erster Gründungsversuch
Erste Pläne zu einer Universitätsgründung in Münster gab es bereits Anfang des 17. Jahrhunderts. Zwar gelang es, die Zustimmung von Papst und Kaiser für eine solche Gründung zu gewinnen, die Vorstellung von Jesuiten und Fürstbischof zur Gestaltung und Finanzierung gingen jedoch weit auseinander. Während die Jesuiten die Universität auf zwei Fakultäten, Philosophie und Theologie, beschränkt sehen wollten, war der Bischof auch an weltlichen Studien, das heißt der Ausbildung von Juristen und Medizinern, interessiert. Es kam zu keiner Einigung und die Initiative ging in den Wirren des 30jährigen Krieges unter.
1771/73 - Unterzeichnung der Privilegien
Fast 150 Jahre nach dem ersten Versuch wurden auf Initiative von Franz von Fürstenberg, Minister des Fürstbischofs und Generalvikar des Bistums, erneut Schritte in Richtung Universitätsgründung unternommen. Der Aufbau einer Landesuniversität war Teil der Reformen Fürstenbergs zur Modernisierung des Fürstbistums. 1771 gab Fürstbischof Maximilian von Königsegg-Rothenfels seine Zustimmung; 1773 unterzeichneten Kaiser und Papst die entsprechenden Privilegien. Damit ist Münster die letzte Universität des alten Reichs, für die ein weltliches und ein geistliches Gründungsprivileg erlassen wurden.
1773/74 - Beginn des Unterrichts an der Universität
Als der Jesuitenorden 1773 aufgehoben wurde, führten die alten Lehrkräfte den Schulbetrieb weiter. Aus ihrem Kreis berief Fürstenberg auch die ersten Professoren der Theologischen und der Philosophischen Fakultät. Da die Universität nur geringe Gehälter und Sachausstattung bieten konnte, gestaltete sich der Aufbau der Juristischen und besonders auf die Medizinischen Fakultät schwieriger, aber auch in diesen Fakultäten begann der akademische Unterricht. Bis zum Abschluss der Aufbauphase sollten aber gut zwei Jahrzehnte vergehen.
1780 – Erste Universitätsgründung
Die Eröffnung der Universität wurde am 16. April 1780 festlich begangen und die ersten Studenten förmlich immatrikuliert. Fürstenberg verzichtete allerdings darauf, der jungen Universität – wie damals üblich – eine Verfassung, Grundlage akademischer Autonomie, zu geben. Zwar wurden Dekane für die Fakultäten benannt, ein Rektor wurde jedoch nicht bestimmt. Auf diese Weise sicherte sich Fürstenberg die Kontrolle über die Ausrichtung der Fakultäten während der langen Aufbauphase der Universität.
1818 – Umwandlung in eine „Höhere Lehranstalt“
1802/03 machten die Preußen Münster zum Verwaltungssitz ihrer neuen Provinz Westfalen. Pläne zum Ausbau der Universität einer simultanen (das heißt bikonfessionellen) Landesuniversität stießen beim Klerus des Bistums auf harsche Kritik. Als 1815 auch die Rheinlande Preußen zugeschlagen wurden, war dies ein wichtiger Grund dafür, dass man die Pläne für Münster aufgab und sich für Bonn als Sitz der neuen Universität entschied. Die Juristische und Medizinische Fakultät wurden 1818 der neuen Universität am Rhein zugewiesen. Die Katholisch-Theologische und die Philosophische Fakultät blieben für die höhere Lehrerausbildung und theologische Studien bestehen.
1832 – Akademische Lehranstalt
1843 – Namensänderung in „Akademie“Erst im Jahr 1832 kamen die Gespräche über eine Verfassung für die Restfakultäten in Münster zu einem Ende. Die Theologische und die Philosophische Fakultät wurden zu einer „akademischen Lehranstalt“ zusammengefasst. 1833 erhielt die Theologische Fakultät das Promotions- und das Habilitationsrecht. Seit 1843 durfte sich die Lehranstalt „Königlich Theologische und Philosophische Akademie“ nennen. In den folgenden Jahren wuchs insbesondere der naturwissenschaftliche Zweig der Philosophischen Fakultät.
1902 – 1945
1902 – Zweite Universitätsgründung
1907 – Verleihung des Namens „Westfälische Wilhelms-Universität“Insbesondere seit den 1870er Jahren erlebte die Münstersche Akademie einen Wachstumsschub. Die Zahl der Professoren und Studenten wuchs sprunghaft, was zu reger Bautätigkeit entlang der Aa führte. Spätestens seit 1888 begannen Initiativen zur erneuten Erhebung zur Universität, die am 1. Juli 1902 durch eine Kabinettsordre des Kaisers vollzogen wurde. Mit diesem Akt verbunden war die Neugründung der Rechts-und Staatswissenschaftliche Fakultät. 1907 gestattete Kaiser Wilhelm II. der Universität, den Namen „Westfälische Wilhelms-Universität“ zu führen.
1907/08 Gründung des Allgemeinen Studierendenausschusses
Traten im 19. Jahrhundert die Studentenverbindungen häufig als Vertreter studentischer Interessen auf, forderten um 1900 zunehmend auch die nichtkorporierten Studenten ein Mitspracherecht. In Münster hatten die Verbindungen bereits 1903 einen Studentenausschuss gebildet, ein Allgemeiner Studentenausschuss (AStA) unter Beteiligung von sogenannten Freistudenten formierte sich jedoch erst im Wintersemester 1907/08. Bis zur Ausarbeitung einer Satzung sollte es bis nach dem Ersten Weltkrieg dauern, so dass der erste gewählte AStA im Wintersemester 1918 zusammentreten konnte. Von staatlicher Seite wurde der AStA erst 1921 anerkannt.
1912 – Einrichtung des Universitätsarchivs
Auf Initiative des Historikers Aloys Meister wurde am 12. Juni 1912 das Universitätsarchiv gegründet. Die Leitung lag zunächst bei Professoren des Historischen Seminars, später neben- beziehungsweise ehrenamtlich bei (ehemaligen) Leitern des Staatsarchivs Münster. Seit 1979 nehmen Beamte des gehobenen Archivdienstes die Geschäftsführung wahr, seit 2005 ist auch die Leitung hauptamtlich. Das Archiv bewahrt die Aktenüberlieferung von Akademie und Universität, ältere und ergänzende Bestände liegen im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Westfalen.
1914 – Gründung der Evangelisch-Theologischen Fakultät
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts drängte die Evangelische Landeskirche immer entschiedener darauf, in Münster auch evangelisch-theologische Studien zu ermöglichen. Die für eine Fakultätsgründung erforderlichen Mittel wurden jedoch erst 1913 bereitgestellt, so dass die Fakultätsgründung 1914 vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs überschattet war. Der eigentliche Studienbeginn erfolgte erst 1919.
1919 – Eröffnung einer „mensa academica“
Das Studentenwerk Münster geht auf eine studentische Initiative zurück, die nach dem Ersten Weltkrieg unterstützt durch private Spenden eine Essensausgabe für verarmte Studenten einrichtete. Den Raum für diese „mensa academica“ stellte die Universität zur Verfügung. Nachfrage und Aufgabengebiet wuchsen ständig. In dem Maße wie nach 1945 die staatlichen Zuschüsse zunahmen, büßte das Studentenwerk den Charakter einer Selbsthilfeorganisation ein. Heute ist das Studentenwerk eine Anstalt öffentlichen Rechts, betreibt Mensen, Studentenwohnheime sowie Kindertagesstätten und verwaltet die staatliche Studienförderung BAFöG.
1925 – Einrichtung der Medizinischen Fakultät
1905 begann auch der medizinische Unterricht an der neugegründeten Universität. Für den Bau eines Universitätsklinikums mit Einrichtungen aller medizinischen Fächer wurde ein Areal vor den Toren der Stadt bereitgestellt. Wegen Krieg und Inflation konnte die Anlage jedoch erst 1925 übergeben werden. Dieses Jahr gilt auch als das Gründungsjahr der Medizinischen Fakultät.
1933 – Gleichschaltung der Universität
Schon vor der Machtübernahme Hitlers hatten nationalsozialistische Studenten und sympathisierende Professoren die Gleichschaltung der Universität gewissermaßen vorbereitet. Zur Eröffnung des Reichstags am 21. März 1933 legte die Universität mit einer Weihestunde in Münster ein „Machtvolles Bekenntnis […] zur Regierung Hitler“ ab (Chronik der Universität von 1933). Auf Empfehlung der von der NSDAP-Gauleitung eingesetzten „Kommission in Fragen der Gleichschaltung an der Universität Münster“ wurden knapp 12 Prozent der Professorenschaft entlassen. Zum Universitätskurator wurde 1937 Curt Beyer, bis dahin Leiter des NS-Gaupersonalamtes, ernannt.
1941/45 – Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs
Von den Fliegerangriffen auf Münster blieb auch die Universität nicht unberührt. Obwohl die Innenstadt seit 1941 immer wieder von Bomben getroffen wurde, verbot die Gauleitung jede Auslagerung. So wurde in den Bombennächten das Altstadtquartier mit allen Instituten und Sammlungen weitgehend zerstört. Von den reichen Beständen der Universitätsbibliothek überstanden nur wenige Reste den Brand 1945. In den letzten Kriegsmonaten wurde der Seminarbetrieb eingestellt und Teile der Universität nach Bad Salzuflen ausgelagert.
1945 – 2000
1945/46 – Wiederaufbau der Universität
Mit dem Beschluss, den Lehrbetrieb fortzusetzen, begann 1945 der Wiederaufbau der Universität. Nur kurz wurde darüber nachgedacht, die ganze Universität in der Nähe des Klinikums vor der Stadt als geschlossenen Campus zu errichten. Die Alternative ist in einem Masterplan niedergelegt: Das Schloss wird zum neuen Hauptgebäude. Die Gebäude in der Altstadt sind den geisteswissenschaftlichen Fächern vorbehalten, die Naturwissenschaften werden im Schlossareal angesiedelt. Lediglich die Medizinische Fakultät konnte ihren Lehrbetrieb in den zügig hergerichteten Klinikgebäuden unmittelbar wiederaufnehmen.
1948 –Gründung der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät
Seit jeher gehörten zur Philosophischen Fakultät nicht nur die geisteswissenschaftlichen, sondern auch die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer. Im 19. Jahrhundert differenzierten sich die Fächer der Philosophischen Fakultät immer stärker aus, so dass die Fakultät in eine historisch-geisteswissenschaftliche und eine mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse aufgeteilt wurde. Eine endgültige Trennung beider Fächergruppen erfolgte 1948 mit der Gründung der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät.
1954 –Gründung des Rechenzentrums
1954 begann – noch im Zeitalter von Fernschreibern und Lochkarte – mit der Gründung eines Rechenzentrums das Zeitalter der elektronischen Datenverarbeitung in Münster. Der erste röhrenbetriebene Großrechner, ein Zuse Z22, wurde 1958 in Betrieb genommen. Die Entwicklung des Rechenzentrums folgte der Entwicklung der Computertechnologie. Heute ist das Zentrum für Informationstechnologie (ZIV) einer der wichtigsten Dienstleister innerhalb der Universität.
1968 – Studentenunruhen
Die Unruhen der 1960er Jahre erfasste auch die Münsteraner Studentenschaft. In den Seminaren und auf der Straße wurde gegen die verkrusteten Strukturen der Ordinarien-Universität protestiert, zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kam es jedoch nicht. Mit ihrer Satzung von 1968 reagierte die Universität auf die Forderungen der Studenten auf stärkere Mitsprache in allen Gremien der universitären Selbstverwaltung.
1970 – Neue Universitätsverfassung
Mit der Universitätsverfassung vom 11. Februar 1970 wurde der Abschied von der alten Universität festgeschrieben. Die Doppelstruktur von staatlicher und akademischer Verwaltung (Kuratorialverfassung) wurde aufgehoben. An der Spitze der Universität stand nun der Rektor, der gegenüber dem Senat rechenschaftspflichtig war. An die Stelle der Fakultäten traten Fachbereiche mit einer einheitlichen Gremienstruktur. Alle Gremien wurden nach dem Verhältnis 2:1:1 mit Vertreterinnen und Vertretern der Professorenschaft, des akademischem Mittelbau und der Studierenden besetzt.
1980 – Integration der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe
Bis 1980 wurden an der Universität nur Gymnasiallehrer ausgebildet. Die übrige Lehrerausbildung fand an Pädagogischen Hochschulen statt. Diese Trennung wurde in Nordrhein-Westfalen in den 1970er Jahren aufgehoben und 1980 in Münster mit der Eingliederung der Abteilung Münster der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe in die Universität vollzogen. Mit diesem Schritt wurde die Universität Münster zu einer der größten Universitäten der Bundesrepublik Deutschland.
2000 ff.
2000 – Erklärung zum NS-Unrecht
Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben viele Akteure des nationalsozialistischen Terrors unbehelligt in Amt und Würden. Die Universität bemüht sich um die Erforschung dieser Zusammenhänge und um die Erinnerung an diejenigen, denen zwischen 1933 und 1945 aus „rassischen“ oder politischen Gründen Unrecht getan wurde. Im Jahr 2000 verabschiedete der Senat eine Erklärung, in der er „voll Scham“ feststellt, dass sich die Universität durch Willkürmaßnahmen mitschuldig gemacht hat. Öffentlich bekennen sich Senat und Universität zur Verantwortung für das damals begangene Unrecht.
2001 – Neuordnung der Hochschulmedizin
Im Dezember 1999 erließ die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen das „Gesetz zur Neuordnung der Hochschulmedizin“, das festlegte, dass durch Rechtsverordnung die Medizinischen Einrichtungen der Hochschulen in Anstalten des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit umgebildet werden. Diese gesetzlichen Vorgaben wurden 2001 umgesetzt. Seither sind die Medizinischen Einrichtungen nicht mehr Teil der Universität, während die Medizinische Fakultät weiterhin ein Fachbereich der Universität Münster ist.
2004 – Integration der ‚Abteilung Münster’ der Hochschule für Musik Detmold
Die Musikhochschule Münster geht auf die 1919 gegründete Westfälische Hochschule für Musik zurück und war von 1972 bis 1986 eine Abteilung der Musikhochschule Westfalen-Lippe sowie von 1987 bis 2003 eine Abteilung der Hochschule für Musik in Detmold. 2004 wurde sie aus der Detmolder Hochschule ausgegliedert und in die Universität Münster als Fachbereich 15 integriert.
2012 – Zentrum für Islamische Theologie
Mit einem Festakt wurde am 30. Oktober 2012 das Zentrum für Islamische Theologie eröffnet, das eine Gemeinschaftseinrichtung der Universitäten Münster und Osnabrück ist. Wie die anderen drei Zentren, die es in Deutschland gibt, wird es finanziell auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Für den Standort Münster liegt die Besonderheit darin, dass es mit den beiden großen christlich-theologischen Fakultäten, dem Exzellenzcluster "Religion und Politik", den orientalischen Philologien und der Islamwissenschaft kooperieren kann.
2014 – Auflösung des Münster’schen Studienfonds
Der Münster’sche Studienfonds geht auf das Vermögen des 1773 aufgelösten Jesuitenordens zurück und diente dazu, die Schulen und die Universität in Münster zu fördern. Zum Studienfonds gehörten zahlreiche, gut gelegene Grundstücke und Immobilien in Münster und Umgebung. Im Dezember 2013 hat das Land Nordrhein-Westfalen beschlossen, den Studienfonds aufzulösen. Das dazu erforderliche Gesetz, das auch weitere Fonds betrifft, trat im Februar 2014 in Kraft. Im Zuge der Auflösung wurden eine Reihe von Liegenschaften dem Bistum Münster übertragen.