Weibliche Vorbilder als Inspiration

Internationaler Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft

In der Wissenschaft sind Frauen weltweit unterrepräsentiert. Das gilt insbesondere für die zukunftweisenden MINT-Fächer – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Hierauf weist der „Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft“ am 11. Februar hin, der 2015 von der UNESCO initiiert wurde. Dr. Katrin Junghans, wissenschaftliche Mitarbeiterin am MEET Batterieforschungszentrum der Universität Münster, und Dr. Annika Buchheit, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Helmholtz-Institut Münster (HI MS; IEK-12) des Forschungszentrums Jülich, berichten über Chancen und Herausforderungen für Wissenschaftlerinnen und beantworten die Frage, was bei der wissenschaftlichen Karriereplanung hilfreich sein kann. 

Warum haben Sie sich für die Batterieforschung entschieden?

Katrin Junghans: Die Elektrotechnik habe ich im Elternhaus aufgeschnappt. Bereits in der Grundschule wusste ich, wie viel Spannung welcher Hochspannungsmast leitet. Alle Naturwissenschaften haben mich in der Schule begeistert. Nachdem meine Chemielehrerin meines Wissensdurst weiter angeregt hat, stand für mich fest, Chemie zu studieren. Promoviert habe ich anschließend in Dresden. Nach einem kurzen Ausflug in die industrielle Forschung bin ich dann nach Münster an das MEET Batterieforschungszentrum in die akademische Forschung gewechselt – und habe diesen Schritt nie bereut. Nicht nur, weil das Thema Batterieforschung unheimlich viele Facetten bietet, sondern auch, weil mir der Kolleg*innenkreis sehr ans Herz gewachsen ist.

Annika Buchheit: Tatsächlich habe ich ein bilinguales Abitur mit dem Fokus auf Englisch gemacht. Chemie hat mich zwar schon früh interessiert, ein Leistungskurs kam an meiner Schule aber nicht zu Stande. Das war für mich jedoch nie ein Nachteil. Auch mit dem Grundkurs war ich sehr gut auf das Chemiestudium vorbereitet. Im Anschluss habe ich an der Universität Münster promoviert und mich mit Elektrochemie in Kombination mit optischen Prozessen beschäftigt. Da die Grundlagen der Elektrochemie aber dieselben sind wie die in der Batterieforschung, war der Schritt zum Helmholtz-Institut Münster genau der richtige für mich.

© HI MS/Ellermann & NRW.Global Business/Jan Tepass

Welche Ratschläge geben Sie Schüler*innen und Studierenden, die sich für ein Studium bzw. eine anschließende Karriere in der Chemie entscheiden?

Katrin Junghans: Ich hatte das Glück, schon während meiner Schulzeit an verschiedensten Formaten teilnehmen zu können, die Schüler*innen spannende Einblicke in Naturwissenschaften gewährt haben. Ich erinnere mich gerne an die jährliche lange Nacht der Wissenschaften, eine Sommeruni oder ein Schüler*innenkolleg zurück. Nutzt solche Möglichkeiten, erste Laborluft zu schnuppern. Das Chemiestudium selbst ist unglaublich breit gefächert. Probiert daher am Anfang viel aus, um herauszufinden, was genau Euch Spaß macht. Es ist nicht leicht, zu entscheiden, wo die Reise hingehen soll.

Annika Buchheit: Netzwerken ist unfassbar wichtig. Nehmt jede Tagung mit, die für Euch interessant sein könnte. Das muss nicht immer eine Fachkonferenz speziell zur Batterieforschung sein. Da ich während meiner Promotion zwar in der Elektrochemie, aber nicht speziell in der Batterieforschung gearbeitet habe, habe ich oftmals einen ganz anderen Blick auf Fragestellungen als meine Kolleg*innen. Seid also offen für Perspektiven auch aus anderen Bereichen.

Weltweit wird Forschungspotenzial noch nicht vollständig ausgeschöpft, da noch zu wenige hoch qualifizierte Frauen in der Forschung arbeiten. Wie kann dies geändert werden?

Katrin Junghans: Was mir sehr geholfen hat, waren gute Vorbilder. Besonders inspiriert hat mich meine Doktorin für Elektrochemie an der Universität Freiberg. Sie hat mich und meine Leidenschaft für die Forschung unterstützt und gefördert. Dafür bin ich sehr dankbar. Wichtig ist auch, dass die Naturwissenschaften in der Schule ausreichend auf dem Lehrplan erhalten bleiben. Ein weiteres grundsätzliches Thema sind Unterstützungsangebote für Schwangere und Eltern. Am MEET hatte ich das Glück, dass ich während der Schwangerschaft eine Kollegin an die Seite gestellt bekommen habe, die meine Labormessungen übernommen hat. Auf diese Weise konnte ich auch während meiner Schwangerschaft meine Forschung weiterführen.

Annika Buchheit: Mit Blick auf die Familienplanung ist auch das Thema Sicherheit sehr wichtig. In der Forschung sind die Verträge oft projektgebunden und laufen damit über den Zeitraum, der für das Projekt avisiert wurde. Das gilt für alle Geschlechter – und hat nicht nur Einfluss auf die Familienplanung. Auch bei der Finanzierung eines Hausbaus zum Beispiel haben befristet angestellte Arbeitnehmer*innen Nachteile. Für viele ist diese Sicherheit daher essenziell, um ihre Zukunft planen zu können. In dieser Hinsicht muss die Forschung attraktiver werden, um nicht nur, aber besonders auch Frauen für sich zu gewinnen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft mit Blick auf Frauen und Mädchen in der Wissenschaft?

Annika Buchheit: Genau diese Sicherheit und mehr Raum für individuelle Laufbahnen. Es kann beispielsweise nicht den einen festgeschriebenen Weg geben, wenn eine Wissenschaftlerin schwanger wird. Einige können weiter selbst Messungen vornehmen, weil in ihren Laboren nicht mit Chemikalien gearbeitet wird. Andere brauchen viel mehr Unterstützung, weil sie genau das nicht mehr machen können. Offenheit, Kommunikation und Raum für individuelle Wege sind aus meiner Sicht entscheidende Faktoren.

Katrin Junghans: Dass die Debatte über Gleichberechtigung weniger intensiv geführt werden muss, weil Gleichberechtigung Standard geworden ist. Für mich bedeutet das, dass Kompetenzen und Lebenswege unabhängig vom Geschlecht beurteilt werden. Es soll weder Bevorzugungen noch Benachteiligungen geben – für keines der Geschlechter.