Das Verhältnis von Angst und Medienberichterstattung


Person Lünich, Marco
Zeitraum September 2014 bis Oktober 2017
Institution

Institut für Kommunikationswissenschaft

Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Bispinghof 9 – 14

48143 Münster

Schlagworte Angstkommunikation, Bildkommunikation, Visual Framing
Methode (Experimentelle) Befragungsstudie

Abstract


Angst ist eine elementare menschliche Emotion. Sie dient als Grundlage für Flucht- und Kampfreflexe und beeinflusst somit menschliches Handeln in Situationen von Unsicherheit. Auch in modernen Gesellschaften kommt es noch und vielleicht sogar vermehrt zu vielen mit Unsicherheit behafteten Situationen, in denen der Mensch sich mit privaten, aber auch gesellschaftlichen Risiken und Bedrohungen konfrontiert sieht. Ulrich Beck hat hierfür gar den Begriff der “Risikogesellschaft” (1986) geprägt, die sich durch fortschreitende Entwicklung, Globalisierung und Technisierung selbst in Gefahr bringt.

Zur Grundannahme der angstauslösenden Bedrohungen, denen Menschen und ganze Gesellschaften ausgesetzt sind und mit denen man daher umzugehen (zu lernen) hat, kommt eine weitere Annahme, die Grundlage jeder kommunikationswissenschaftlichen Betrachtung ist: Die Gesellschaftsmitglieder beziehen ihr Wissen über die (Um-)Welt und etwaige Risiken und Bedrohungen vor allem aus den Massenmedien. Es ist daher davon auszugehen, dass vor allem die Medienberichterstattung einen großen Einfluss darauf hat, wovor die Menschen in einem Land wie viel Angst haben.
Politikern, vor allem von populistischen Parteien, wird häufig vorgeworfen, sie spielten mit den Ängsten der Bevölkerung. Gleichzeitig muss die Politik Lösungen präsentieren, welche Risiken für den Wähler und die Gesellschaft mindern oder gar ganz verhindern sollen. Auch der Journalismus steht hier in der Verantwortung und muss abwägen, inwiefern bei potentiell angstauslösender Berichterstattung seine Informationsfunktionen mit medienethischen Normsetzungen konfligiert. Auch die Öffentlichkeit ganz allgemein hat ein vitales Interesse daran, über Bedrohungen zu debattieren und mögliche Lösungsszenarien auf dem freien Markt der Ideen abzuwägen; der Diskurs darf jedoch gleichzeitig nicht in eine Panik verfallen, so dass die Angst lähmend wird. Der Umgang mit Angst und wie man sie kommuniziert und diskutiert ist daher auch aus normativer Sicht ambivalent, was einen Einfluss auf die tatsächliche Kommunikation von und über Angst zeitigen kann.

Untersuchungen der jüngeren Vergangenheit zeigen, dass Angst-und hier vor allem die Angst vor Verbrechen, Krankheit, Umweltkatastrophen und Terror-immer häufiger Gegenstand der Medienberichterstattung ist (Altheide, 1997; 2006). Die Mechanismen, wie in den Medien implizit und explizit vorkommende Ängste an die Rezipienten vermittelt werden, sind allerdings noch nicht ausreichend erforscht. Es ist zwar ausführlich beschrieben worden, dass vor allem auch Problembeschreibungen im Framing von gesellschaftlichen Issues in den Medien enthalten sind. Dies geschieht jedoch nicht alleine durch Text-Beschreibungen, sondern vor allem auch durch audio-visuelle Medieninhalte, die im Fernsehen oder online bereitgestellt werden. Das Verhältnis zwischen bloßer Beschreibung von Issues und ihrer Bebilderung ist hier von besonderem Interesse, wurde aber bislang in der (kommunikationswissenschaftlichen) Forschung vernachlässigt. Ein wohlgemeinter Text kann nicht über die vermeintliche Authentizität und Faktizität von Bildern des “wirklichen” Geschehens hinwegtäuschen. Politiker und Medienschaffende müssen daher vor allem die einkommenden Bilder berücksichtigen, deuten und aus diesen Bildern gezogene Schlüsse kommunizieren. Inwieweit die Rezipienten diesen in den Medien gezogenen Schlüssen folgen oder gar die Bilder für sich alleine interpretieren und wie sich der Umgang mit den Medieninhalten auf das Angstempfinden und hierauf basierendes Handeln auswirkt, soll im Rahmen der Dissertation durch experimentell angelegte Befragungsstudien herausgefunden werden.

Literatur

  • Altheide, D. L. (1997). The news media, the problem frame, and the production of fear. The Sociological Quarterly, 38(4), 647–668.
  • Altheide, D. L. (2006). The Mass Media, Crime and Terrorism. Journal of International Criminal Justice, 4(5), 982–997. http://doi.org/10.1093/jicj/mql061
  • Beck, U. (1986). Risikogesellschaft: Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt am Main: Suhrkamp.