Sommersemester 2012

Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger

Kolloquium: Forschungskolloquium Frühe Neuzeit (gemeinsam mit: Jun. Prof. Dr. André Krischer, Jun. Prof. Dr. Matthias Pohlig, Dr. Antonio Saez Arance, apl. Prof. Dr. Michael Sikora)
Zeit und Raum: Mi 18-20, F 234
Das Forschungskolloquium gibt vor allem auswärtigen Historiker/innen der Frühen Neuzeit Gelegenheit, Vorträge über ihre laufenden Forschungsarbeiten zur Diskussion zu stellen. Das Programm wird zu Beginn des Semesters auf der Homepage des Historischen Seminars bekanntgegeben. Die Teilnahme steht allen Interessierten offen.

Vorlesung: Kulturgeschichte der ständischen Gesellschaft.
Zeit und Raum: Mi 16-18, F2

Die Gesellschaft der Frühen Neuzeit war eine Ständegesellschaft. Soziale Ungleichheit galt als Wert, war strukturell verankert und beherrschte die soziale Praxis auf allen Ebenen des Alltagslebens. Die Vorlesung geht den Erscheinungsformen und der sozialen Logik ständischer Ungleichheit nach: Was waren überhaupt Stände? Was kennzeichnete verschiedene ständische Lebenswelten - vom Adel über Stadtbürgertum und Gelehrte bis hin zu Bauern und unterständischen Schichten? Wie unterschieden sie sich in ihren materiellen Lebensgrundlagen und Alltagspraktiken, Normen und Werten, Lebensstilen und Habitusformen? Wer hatte aufgrund welcher Strukturen Zugang zu sozialen Gütern materieller und immaterieller Art und wer nicht, d.h. welche geschriebenen und mehr noch welche ungeschriebenen Regeln sorgten dafür, dass die einen oben blieben und die anderen ausgeschlossen wurden? Wie fassten die Zeitgenossen selbst ihre soziale Wirklichkeit in Begriffe, Bilder und Symbole?
Literatur: Zum Einstieg: Paul Münch, Lebensformen in der frühen Neuzeit 1500-1800 (Ullstein TB), Berlin 1998. Für vertiefte theoretische Lektüre: Marian Füssel/Thomas Weller (Hgg.), Soziale Ungleichheit und ständische Gesellschaft (= Zeitsprünge 15/1), Frankfurt am Main 2011 (mit vielen weiteren Literaturhinweisen).

Apl. Prof. Dr. Michael Sikora

Proseminar: Einführung in das Studium der neueren Geschichte: Der Siebenjährige Krieg.
Zeit und Raum: Di, 16-18, F 33 Mi, 10-12, F 33 Beginn: Zweite Vorlesungswoche

Der Siebenjährige Krieg (1756-1763) gilt einerseits als klassischer Kabinettskrieg, in dem gestorben wurde für kühl kalkulierte dynastische Interessen der Königshäuser, gesteuert und ausgehandelt eben von kleinen Cliquen von Ministern und Ratgebern in den Kabinetten der Könige. Andererseits aber ist dieser Krieg, besonders von der nationalen Geschichtsschreibung des 19. und 20. Jahrhunderts, herausgehoben worden aus der Vielzahl der Kabinettskriege im 17. und 18. Jahrhundert und zum schicksalhaften Überlebenskampf zwischen Preußen und Österreich stilisiert worden, weichenstellend für die deutsche Geschichte des ganzen 19. Jahrhunderts. Jüngere Forschungen haben sich indes abgewandt von der Ebene der großen Männer und rücken die Alltagswelt der Soldaten und Zivilisten in den Mittelpunkt, in denen sich jenseits der Kabinette und dynastischen Rivalitäten die strukturellen Bedingungen der Kriegführung im 18. Jahrhundert in den konkreten, oft erbärmlichen Lebensumständen der Menschen und ihren Schicksalen niederschlugen. Noch jüngere Forschungen haben die Blende dagegen wieder weit aufgedreht und den Fokus darauf gerichtet, daß der Siebenjährige Krieg nicht nur auf den Schlachtfeldern Sachsens und Schlesiens, sondern auch um Fort William Henry, Martinique und Wandiwash ausgefochten wurde. Kurz: Der Siebenjährige Krieg eignet sich nicht nur dafür, über Krieg und Frieden zu debattieren, sondern auch, um über die Zusammenhänge von Individuum und Struktur nachzudenken, um die Perspektivität von Geschichtsforschung zu erfahren, und ja, auch um im Jubiläumsjahr Friedrich dem Großen die ihm gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Angesichts der Komplexität des Geschehens kann das alles nur exemplarisch vorgenommen werden. Gerade deshalb eignet sich das Thema aber auch, um unterschiedliche Arbeitsweisen des Studiums und der Forschung kennenzulernen. Zu diesem Zweck werden begleitend die wichtigsten Hilfsmittel und Grundsatzfragen des Faches vorgestellt und besprochen. Wichtige Fertigkeiten wie Recherchieren, Interpretieren und Präsentieren sollen durch Referate, schriftliche Ausarbeitungen und eine Abschlußklausur geübt werden.
Erste Literaturhinweise: Marian Füssel: Der Siebenjährige Krieg, München 2010; Sven Externbrink (Hrsg.): Der Siebenjährige Krieg. Ein europäischer Weltkrieg im Zeitalter der Aufklärung, Berlin 2010; Heinz Duchhardt: Balance of Power und Pentarchie. Internationale Beziehungen 1700-1785, Paderborn u. a. 1997.


Hauptseminar II: Bei Hofe: Strukturen und Praktiken der höfischen Gesellschaften.
Zeit und Raum: Di 10-12, F 33

An den Fürstenhöfen des 17. und 18. Jahrhunderts verwirklichte sich die letzte Phase der vormodernen Adelswelt in einer mitunter bizarr anmutenden Übersteigerung von Prunk und Selbstinszenierung. Davon legen bis heute prächtige Schloßbauten, aber auch die zahlreichen Berichte über schwelgerische Hoffeste und ihre auf’s Äußerste gesteigerten Genüsse und Sensationen ab. Aus einer anderen Perspektive galten die Höfe der Frühen Neuzeit aber schon immer als Orte parasitärer Verschwendung, heuchlerischer Intrigen und gewissenloser Freizügigkeit. Es hat lange gedauert, bis Norbert Elias eine neue Deutung der höfischen Gesellschaft vorlegte und damit eine bis heute floriende Hofforschung inspirierte. Die Höfe erscheinen seither als komplexe soziale Systeme, in denen gesellschaftliche Eliten Machtchancen, Rangpositionen und Abhängigkeiten aushandelten, benutzten und erlitten, in einer entscheidenden Transformationsphase zwischen personaler Monarchenherrschaft und modernem Anstaltsstaat. Die Forschung ist mittlerweile deutlich über Elias hinausgekommen, nimmt Unterschiede zwischen den Höfen wahr, diskutiert neue Deutungsmodelle, beginnt auch mit interkulturellen Vergleichen. Im Seminar sollen sowohl die zeremoniellen und repräsentativen Praktiken der Hofkulturen als auch die Ämterstrukturen und die sozialen Figurationen im Licht verschiedener Deutungsmuster diskutiert werden.
Erste Literaturhinweise: Jeoren Duindam u. a. (Hrsg.): Royal Courts in Dynastic States and Empires. A Global Perspective, Leiden 2011; Gerhard Ammerer u. a. (Hrsg.): Höfe und Residenzen geistlicher Fürsten, Ostfildern 2010; Friedrich der Große und der Hof, 2008, (http://www.perspectivia.net/content/publikationen/friedrich300-colloquien/friedrich-hof); Mark Hengerer: Kaiserhof und Adel in der Mitte des 17. Jahrhunderts, Konstanz 2004; Jeroen Duindam: Vienna and Versailles. The Courts of Europe's Dynastic Rivals, 1550-1780, Cambridge 2003 und öfter; Andreas Pecar: Die Ökonomie der Ehre. Höfischer Adel am Kaiserhof Karls VI., Darmstadt 2003; Rainer A. Müller: Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit (Enzyklopädie Deutscher Geschichte, 33), München 1995, 2. Aufl. 2004; Norbert Elias: Die höfische Gesellschaft, Darmstadt 1969 und öfter.

Übung: Vormoderne Hofkultur im Medium des Films.
Zeit und Raum: Dienstags, 18.15-20.30, Raum: Siehe HISLSF,
Beginn: 24.4.

Die Höfischen Gesellschaften der Frühen Neuzeit waren wie kaum eine andere soziale Formation in der Geschichte auf performative Zurschaustellungen ausgerichtet. Zahlreiche zeremonielle Akte gehörten beinahe zur alltäglichen Praxis, und überbordende Feste markierten nicht nur bedeutende dynastische Ereignisse, sondern bildeten auch die einzigartigen Höhepunkte der Selbstdarstellung des Hofadels. Höfische Praktiken wurden den Zeitgenossen in zahlreichen, reich illustrierten Druckschriften kommuniziert. Texte und selbst aufwendige Kupferstiche und Gemälde konnten freilich damals wie heute nur einen höchst fragmentarischen Eindruck vermitteln. Von daher liegt die Überlegung nahe, moderne filmische Inszenierungen, ihrerseits inspiriert durch die Theatralik und, sozusagen, den historischen Glamourfaktor der vormodernen Hofkulturen, als alternative Formen der Rekonstruktion und Vermittlung in Erwägung zu ziehen. Das Maß der unvermeidlichen Verzerrungen und Anachronismen ist dabei abzuwägen gegen die Chancen, auch komplexe Sinn- und Sozialstrukturen visuell erfahrbar zu machen, die Faszination bloß oberflächlicher Effekte ist abzuwägen gegen die Chancen, Texte durch eine multidimensionale Form der Vermittlung zu ergänzen und in bestimmten Hinsichten vielleicht sogar zu übertreffen. Die Veranstaltung ist mit zwei Semesterwochenstunden zu verbuchen, die einzelnen Sitzungen sind auf drei Stunden angelegt, ihre Gesamtzahl wird entsprechend reduziert. Auf diese Weise soll die Betrachtung von Filmen mit genügend Raum zur Analyse kombiniert werden. Um eine konzentrierte Auseinandersetzung sicherzustellen, ist die Zahl der Teilnehmer begrenzt. Teilnehmer des parallel dazu stattfindenden Hauptseminars werden bevorzugt berücksichtigt. Anmeldungen sind daher obligatorisch und können vom 19. bis zum 30.3. in Raum 140 bei Frau König vorgenommen werden.
Literatur: Rainer A. Müller: Der Fürstenhof in der Frühen Neuzeit (Enzyklopädie Deutscher Geschichte, 33), München 1995, 2. Aufl. 2004; Jeroen Duindam: Vienna and Versailles. The Courts of Europe's Dynastic Rivals, 1550-1780, Cambridge 2003 und öfter; Jörg Jochen Berns u. a. (Hrsg.): ErdenGötter. Fürst und Hofstaat in der Frühen Neuzeit im Spiegel von Marburger Biblioheks- und Archivbeständen, Marburg 1997; Manfred Kossok: Am Hofe Ludwigs XIV., Stuttgart 1990; Knut Hickethier: Film- und Fernsehanalyse, 4. Aufl. Stuttgart 2007; Thomas Kuchenbuch: Filmanalyse. Theorien. Methoden. Kritik., 2. Aufl. Wien u.a. 2005.

Jun. Prof. Dr. André Krischer

Hauptseminar II: Das gelobte Land. Anglophilie im 18. Jahrhundert.
Zeit und Raum: Mi 10-12, ULB 101

Im Laufe des 18. Jahrhunderts verlor Frankreich seinen Status als kulturelles Vorbild allmählich an England. Was zunächst nur eine überschaubare Gruppe von Aufklärern kennzeichnete, wurde im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts zu einer breiten kulturellen Strömung: Anglophilie, also die Hochschätzung alles Englischen, von den Lebensformen, der Mode, über Wissenschaften, Literatur, Theater, Architektur und Gartenbau bis hin zur politischen Ordnung, dem Rechtswesen und der Umgestaltung der Wirtschaft unter den ersten Vorzeichen der Industrialisierung. Anglophilie war tendenziell ein gesamteuropäisches Phänomen, allerdings mit einem eindeutigen Schwerpunkt im im deutschsprachigen Raum. Im Seminar werden wir uns mit folgenden Fragen beschäftigen: Wieso und für wen wurde „England“ zum kulturellen Leitbild? Wie wurden Erfahrungen über das „gelobte Land“ gemacht, was wurde festgehalten und weitergegeben, angeeignet und adaptiert? Welche Folgen hatte Anglophilie für den Wandel von Weltbildern im Alten Reich, wie und wo kam dies zum Ausdruck? Bei welchen Reformanliegen wurden „England“ zum Argument, und mit welchen Konsequenzen? Stimmt es, dass die Anglophilie mit der Französischen Revolution abflaute und zu einer restaurativen Ideologie wurde? Bei diesen Fragen wollen wir auf den Bezugspunkt „England“ bei den Staats-, Verwaltungs- und Justizreformen in Deutschland während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts achten. Eine Exkursion nach Burgsteinfurt zum Bagno, als Beispiel für einen englischen Landschaftsgarten ist Bestandteil des Seminars.
Literatur: Werner Kroker, Wege zur Verbreitung technologischer Kenntnisse zwischen England und Deutschland in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Berlin 1971; Michael Maurer, Aufklärung und Anglophilie in Deutschland, Göttingen u.a. 1987; Marie-Luise Spieckermann (Hg.), "Der curieuse Passagier": Deutsche Englandreisende des 18. Jahrhunderts als Vermittler kultureller und technologischer Anregungen, Heidelberg 1983.

Hauptseminar II: Von der Sträflingskolonie zur multiethnischen Nation: Ausgewählte Aspekte der Geschichte Australiens seit dem 18. Jahrhundert.
Zeit und Raum: Mi 16-18, ULB 101

Das Seminar wird sich mit verschiedenen Aspekten der australischen Geschichte von der britischen Kolonisierung in den 1770er Jahren bis in die Gegenwart beschäftigen. Folgende Themen stehen auf der Agenda: Entdeckung, Vermessung und binnenländische Expeditionen im späten 18. Jahrhundert; Australien als Strafe: Kolonisierung durch Delinquenten; sträflingsfreie Kolonien: Australien als Einwanderungsland im 19. Jahrhundert; Urbanisierung: Der Export des europäischen Siedlungsmodells; Australien als Nation: Staatsbildungsprozesse, Dekolonisierung und Unabhängigkeit im Rahmen des Commonwealth of Nations; Multiethnische Einwanderung nach 1945; Rassismus und Diskriminierung; Australien im Weltwirtschaftssystem und den internationalen Beziehungen; Politisches System und Innenpolitik nach 1945; Die Kultur Australiens im 20. Jahrhundert, aktuelle Fragen der Umwelt- und Klimageschichte.
Literatur: Johannes Voigt, Geschichte Australiens, Stuttgart 1988; Mark Peel, Kleine Geschichte Australiens, München 2000; Johannes Voigt, Geschichte Australiens und Ozeaniens. Eine Einführung, Köln / Weimar / Wien 2011.

Jun. Prof. Dr. Matthias Pohlig

Hauptseminar II: Utopien in der Frühen Neuzeit.
Zeit und Raum: Mi 10-12, F 6

Obwohl Menschen vielleicht schon immer über über ideale Gesellschaften und Wege der Lebensverbesserung nachgedacht haben, ist doch die Frühe Neuzeit in besonders hohem Maße gekennzeichnet durch die Konjunktur des utopischen Denkens – der Begriff stammt von Thomas Morus vom Beginn des 16. Jahrhunderts, und Morus‘ Utopia ist einer der epochemachenden Texte der Frühen Neuzeit. Doch was ist eine Utopie: ein literarisches Genre, ein Medium der Kritik, ein konkreter Verbesserungsvorschlag? Wie verhält sich Theorie zu Praxis – wann wird Utopie eher eine Denkform als eine literarische Gattung? Auf welche Bereiche der Gesellschaft (Wirtschaft, Wissenschaft, politische Ordnung etc.) beziehen sich die Autoren der Utopieschriften überhaupt? Und wie verhält sich die Utopietradition zu anderen Traditionen, etwa der christlichen? Wie verändert sich die Utopietradition im Übergang zur Moderne? In einem Durchgang durch die frühneuzeitliche Utopiegeschichte inklusive eingehender Lektüre der wichtigsten Schriften (Morus, Campanella, Andreae, Bacon, Hartlib etc.) sollen Fragen dieser Art gestellt, diskutiert und beantwortet werden.
Obligatorische Anmeldung bitte im Sekretariat des Lehrstuhls Frühe Neuzeit, F-Haus, Raum 140. (Aushänge beachten!)
Literatur: Nipperdey, Thomas, Die Utopia des Thomas Morus und der Beginn der Neuzeit, in: ders., Reformation, Revolution, Utopie. Studien zum 16. Jahrhundert, Göttingen 1975, 113-146.

Apl. Prof. Dr. Johannes Arndt

Hauptseminar: Habsburg, Preußen und das Heilige Römische Reich zur Zeit des deutschen Dualismus (1740-1790).
Zeit und Raum: Blocktermin: Mo-Fr 10-12, 14-18; 16.-20. Juli 2012, F 102

Der fast gleichzeitige Herrscherwechsel in Österreich und in Preußen 1740 stellt für die Reichs-, Dynastie- und Territorialgeschichte in Deutschland die wichtigste Zäsur des 18. Jahrhunderts dar. Weder Maria Theresia und ihr Sohn Josef II. noch Friedrich der Große entwickelten ein tieferes Verständnis für die politischen Mechanismen des Reiches, sondern orientierten sich in ihrem Handeln an der Machtpolitik der großen europäischen Monarchien. Zur selben Zeit mußte die Wittelsbacherdynastie nach dem kurzen Kaisertum Karls VII. auf weitergehende Ambitionen verzichten, eine europäische Macht zu werden. Die kleineren Reichsstände verharrten allerdings nicht in Passivität, sondern artikulierten ihre Interessen beispielsweise im Rahmen der febronianischen Kirchenreformdiskussion und im Fürstenbundprojekt der 1780er Jahre. Die Veranstaltung möchte neben den deutschen Führungsmächten auch die mittleren und kleineren Reichsstände, ihre politische Entwicklung und Mitwirkung in den Reichsgremien untersuchen. Dabei sollen vor dem Hintergrund der neueren Reichsgeschichtsforschung die Stärken und Schwächen der föderalen Staatsordnung in Mitteleuropa untersucht werden.

Um sowohl Quellentexte zu studieren als auch historiographische Bewertungen in zeitlich freierer Gestaltung zu vergleichen, wurde die Form des Blockseminars gewählt. Zur Vergabe von Referatsthemen findet eine obligatorische Vorbesprechung statt: Fr, 13. April 2012, 12.15 Uhr s.t., Raum F 102.

Bei Verhinderung kann die Themenvergabe per Sprechstunde erfolgen. Absprachen sind möglich über das Sekretariat II (Frau König, Tel. 0251 / 83-24315) oder über E-Mail: arndtj@uni-muenster.de

Literatur: Karl Otmar Freiherr von Aretin, Das Alte Reich 1648-1806, 3 Bde., Stuttgart 1993-1997; Axel Gotthard, Das Alte Reich 1495-1806, Darmstadt 2003; Peter Claus Hartmann, Kulturgeschichte des Heiligen Römischen Reiches, 1648-1806. Verfassung, Religion und Kultur, Wien, Köln, Weimar 2001; Helmut Neuhaus, Das Reich in der frühen Neuzeit, München 1997; Barbara Stollberg-Rilinger, Das Heilige Römische Reich deutscher Nation. Vom Ende des Mittelalters bis 1806, München 2006; dies., Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches, München 2008.

Dr. Philip Hoffmann-Rehnitz

Übung: Stadt und Reich in der Frühen Neuzeit“ (mit Exkursion nach Regensburg, Nürnberg und Schwäbisch Hall).
Zeit und Raum: Vorbesprechung: Di 17.4.2012, 18-20, F 153
Einführungssitzung: Fr 15.6.2012, 14-18, Raum: F 153
Geplanter Termin der Exkursion: 23.-27.07.201

Im politisch zersplitterten Süden des Deutschen Reichs waren die autonomen Reichsstädte auch in der Frühen Neuzeit ein wichtiger Machtfaktor. Wirtschaftlich wie kulturell besaßen gerade die größeren Reichsstädte wie Nürnberg eine überregionale Ausstrahlung. Aber auch mittlere und kleinere Reichsstädte wie Schwäbisch Hall konnten ihre autonome Stellung bis auf wenige Ausnahmen bis zum Ende des Alten Reichs 1803/06 bewahren. Es waren dabei gerade die Reichsinstitutionen, die es ihnen ermöglichten, sich des wachsenden politischen Drucks, der von den erstarkenden Fürstenstaaten ausging, zu erwehren und ihre spezifische politische Kultur zu bewahren. So war die Reichsunmittelbarkeit für das Selbstverständnis und die symbolische Repräsentation der Reichsstädte von zentraler Bedeutung. Den Städten kam umgekehrt auf Reichsebene gerade aufgrund ihrer Finanzkraft eine nicht unwichtige Rolle zu; so bildeten die Reichsstädte auf dem Reichstag, der seit 1663 permanent in Regensburg tagte, eine eigene Kurie. Die Übung geht den mannigfaltigen Wechselwirkungen zwischen Reich und Stadt in der Frühen Neuzeit nach, und zwar in unmittelbarer Anschauung vor Ort. Dabei wird die Exkursion neben der Besichtigung wichtiger historischer Schauplätze (z.B. Regensburger Rath aus/ Reichstag) auch den Besuch von Archiven und stadtgeschichtlichen Museen umfassen.
Die Kosten für Fahrt und Unterkunft werden voraussichtlich zum Teil übernommen. Die Teilnehmerzahl ist beschränkt. Interessenten werden gebeten, sich per Mail bis zum 31.3.2012 bei philip.hoffmann@uni-muenster.de zu melden. Organisatorische Fragen werden bei der obligatorischen Vorbesprechung am 17.4.2012 besprochen.
Literatur: Heinz Schilling: Die Stadt in der Frühen Neuzeit, München 2. Aufl. 2004; Thomas Lau: Unruhige Städte. Die Stadt, das Reich und die Reichsstadt, München 2011; Georg Schmidt: Die Städte auf dem frühneuzeitlichen Reichstag, in: Bernhard Kirchgässner / Hans-Peter Becht (Hgg.): Vom Städtebund zum Zweckverband, Sigmaringen 1994, S. 29-43.

Dr. Matthias Bähr

Kurs: Zwischen Reformation und Revolution? Der Bauernkrieg von 1525.
Zeit und Raum: Di 12-14, H 4

Für Leopold von Ranke war der Bauern krieg das „größte Naturereignis des deutschen Staates“. Generationen von Historikern haben ihn in eine identitätsstiftende Tradition gestellt. Er spielte die Rolle einer „frühbürgerlichen Revolution“ und galt als das letzte Aufbäumen eines fast schon apathischen „Bauerntums“. Aber wie lässt sich der Bauernkrieg heute angemessen beschreiben? War er die „Revolution des Gemeinen Mannes“ (Peter Blicke), der die ständische Gesellschaft in ihren Grundfesten erschüttern und eine alternative Herrschaftsordnung etablieren wollte? War die Reformation der Katalysator, der den Bauernkrieg überhaupt erst möglich gemacht hat? Um diese und andere Fragen wird es gehen. Abhängig von der Teilnehmerzahl sollen im Kurs auch handschriftliche Quellen erarbeitet werden. Paläographische Vorkenntnisse sind allerdings nicht erforderlich.
Literatur: Peter Blickle, Die Revolution von 1525, 4. Aufl. München 2004; ders., Der Bauernkrieg. Die Revolution des Gemeinen Mannes, 3. Aufl. München 2006; Horst Buszello u.a. (Hg.), Der deutsche Bauernkrieg, 3. Aufl. Paderborn 1995.