Studierende sind ein Quelle der Inspiration für die Bibliothek

Nicht erst seitdem ich Grossvater geworden bin schätze ich das Zusammensein mit jungen Menschen ausserordentlich. Nicht nur im privaten Umfeld. Auch und gerade in der Bibliothek macht es mir große Freude mit jungen Menschen zusammen zu sein, zusammen zu arbeiten, zusammen zu diskutieren. Großvater trifft auf Jugend – das ist natürlich auch ein Klischee. Alter Mensch mit reichem Erfahrungsschatz, jungen Menschen sitzen zu seinen Füßen und lauschen andächtig seinen weisen Ratschlägen. Bei uns ist das aber nicht so. Eher das Gegenteil. Der alte Mann hört den Jungen zu: Wir fragen Studierende nach ihrer Meinung zu unseren Ideen. Wir beziehen Sie in unsere Projekte mit ein, wir fordern ihr Feedback heraus.

Was mich am meisten dabei begeistert, ist ihre frische, unverbrauchte Sichtweise. Sie fragen immer „Warum ist das so?“. Und bei vielen Dingen kann ich nur antworten: „Weiß ich auch nicht.“ „Warum dürfen Benutzer nicht mit Mantel in die Bibliothek?“ „Weiß ich auch nicht, das war schon immer so.“ Wenn man neugierig ist, kann ein solches Warum? sehr bereichernd sein. Jedes Warum kann eine Türe in die Zukunft sein und eine Quelle der Inspiration.

Wenn man mich fragen würde: „Was ist die größte Gefahr für die Bibliothek, würde ich mit Donald T. Hawkins antworten: „What will kill our profession is a lack of imagination.“ Lack of imagination und Verhaftet sein an alten Antworten bewirken einen starren, engen Blickwinkel und als Konsequenz schlechte, nicht passende Services. Die Evolution wird über uns Dinosaurier hinweg gehen – aber halt: Vermutlich ist die Evolution bereits über uns hinweg gegangen – nur wir haben es noch nicht gemerkt. Wir glauben weil die Bibliotheken voll sind, würde unser Dienstleistungskonzept noch stimmen.

Wie kann man aus einem behäbigem Dinosaurier ein flinkes Säugetier machen? Man könnte z.B. versuchen, Studierende in die strategische Planung, in das Alltagsgeschäft der Bibliothek einzubinden, sei es in Form von Taskforces, die nur für spezielle Aufgaben zusammenkommen, sei es in Form einen ständigen Advisory Boards, der die Bibliothek berät.

Mit Studierenden oft in Kontakt zu sein, mit ihnen häufig zu reden, sie nach ihren Wünschen zu fragen, und das nicht nur in anonymen Umfragen, sondern live, face-to-face, bringt jedem einzelnen und der Bibliothek immense Vorteile. Es macht einige Arbeit, aber es lohnt sich, die Vorteile liegen auf der Hand: Vernetzung, politische Einflussmöglichkeiten, wirklich nützliche, zielgerichtete Services, Zukunftsfähigkeit, Wissen um den Nutzer, den Markt, gemeinsame Ziele definieren, an einem Strang ziehen. Wir machen seit fünf Jahren sehr gute Erfahrungen mit einem Studierendenbeirat und haben kürzlich zwei Taskforces zum Einsatz von Tablets in der Ausbildung installiert.

Was ich am meisten an diesen Begegnungen schätze ist die große Begeisterungsfähigkeit, ihr grenzenloser Optimismus, ihr ausgeprägtes Vorstellungsvermögen, das sie nur allzu gerne bereit sind, mit der Bibliothek zu teilen. In den Dienst der Bibliothek, nein: In den Dienst der gemeinsamen Sache zu stellen, wenn sie merken, dass es der Bibliothek ernst ist (mit den Veränderungen) und es den anderen Studierenden zugute kommt. Wenn Sie merken, das am anderen Ende des Tisches ein genauso engagierter Mensch sitzt. Viele Studierende – die Mehrheit, gerade in der Medizin – sind einfach brilliant, äußerst kluge Köpfe, super kreativ. Es wäre eine Schande und Ressourcenvergeudung, dieses grosse Potenzial nicht zu nutzen.