Affektive Erkrankungen
Entstehungs- und Verlaufsbedingungen affektiver Erkrankungen
Die an der Psychiatrischen Universitätsklinik Münster im Frühjahr 2004 neu gegründete Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit Entstehungs-
und Verlaufsbedingungen affektiver Störungen unter Anwendung epidemiologischer und genetischer Untersuchungsmethoden. Epidemiologische Forschung
orientiert sich am sog. Risikofaktorenmodell, d.h. es wird davon ausgegangen, dass biologische Faktoren, Faktoren des Verhaltens und Umweltfaktoren
(einschließlich soziale Faktoren) sowohl zur Krankheitsentstehung als auch zum Krankheitsverlauf ursächlich beitragen. Dabei fällt dem Zusammenspiel
von Umwelt- bzw. Verhaltensfaktoren und genetischen Faktoren eine wichtige Bedeutung zu. Das übergeordnete Ziel liegt in einer therapeutischen Beeinflussung
relevanter modifizierbarer Risikofaktoren zur Verbesserung psychischer Gesundheit. Ziel unserer Forschungsgruppe ist die Untersuchung genetischer sowie
verhaltensbedingter Faktoren, die zum Auftreten von und zu Funktionsstörungen bei affektiven Erkrankungen beitragen. Ein zweiter Arbeitsschwerpunkt liegt auf der
Beschreibung und Analyse von Behandlungs- und Krankheitsverläufen bei affektiven Erkrankungen in Abhängigkeit von Umweltfaktoren, Verhalten und
genetischen Faktoren. Da
Störungen von Antrieb, Motivation und Psychomotorik sowie Schlaf zentrale Bestandteile depressiver Erkrankungen sind, untersuchen wir in einer Studie die
Entwicklung der Psychomotorik bei uni- und bipolarer Depression während des Therapieverlaufs. Wir setzen eine kontinuierliche Messmethode der Psychomotorik
mittels Actigraphie ein. Aktuelle Forschung im Bereich der affektiven Störungen beschäftigt sich mit neuropsychologischen Defiziten bei Depression. In einer
eigenen Studie zu dieser Problematik haben wir herausgearbeitet, dass ein hoher Schweregrad der Depression nicht automatisch mit neuropsychologischen Defiziten
einhergehen muss, sondern vielmehr spielt die geringer ausgeprägte depressive Restsymptomatik eine bedeutsame Rolle in der Pathophysiologie
neuropsychologischer Defizite bei Depression. Darüber hinaus haben wir in einer weiteren Untersuchung festgestellt, dass bestimmte psychologische Merkmale der
Depression mit neuropsychologischen Defiziten vergesellschaftet sind. In
der psychiatrischen Forschung über Entstehung und Aufrechterhaltung der Depression werden systemische Entzündungsvorgänge bei affektiven
Störungen diskutiert. In einer Untersuchung beschäftigen wir uns mit dem Zusammenhang von Entzündungsmediatoren (Zytokine) auf
neuropsychologische kognitive Leistungen bei älteren Menschen in der Allgemeinbevölkerung. Erste Ergebnisse zeigen, dass systemische
Entzündungsvorgänge im Körper mit Einschränkungen der neuropsychologischer Leistungen einhergehen. In diesem Zusammenhang
untersuchen wir den möglichen Zusammenhang zwischen genetischen Polymorphismen und Genprodukten entzündlicher Vorgänge bei Depression. Die
Datenerhebung ist abgeschlossen und erste Analysen sind durchgeführt. Zwei
Studien sind begonnen worden, in denen der Therapie- und Behandlungsverlauf bei Patienten mit affektiven Störungen erstens während der stationären
Behandlung und zweitens 12-24 Monate nach der stationären Behandlung in Abhängigkeit von psychopathologischen, somatischen, biologischen und sozialen
Faktoren untersucht wird. In beiden Studien wird in Kürze mit der Auswertung begonnen werden. In einer umfangreichen Analyse des Risikos für
kardiovaskuläre Erkrankungen bei Patienten mit affektiven Störungen in der Allgemeinbevölkerung zeigte sich, dass die Subdifferenzierung affektiver
Störungen in uni- und bipolare Depression sowie Dysthymie einen Einfluss auf die Risikozuschreibung für kardiovaskuläre Erkrankungen aufweisen.
Aus diesen Ergebnisse werden sowohl Schlussfolgerungen für die diagnostische Einschätzung und Behandlung als auch für die Prävention
kardiovaskulärer Krankheiten bei diesen Patienten gezogen. In einer internationalen Studie befassen wir uns mit risikoreichem Gesundheitsverhalten sowie mit der
Veränderungsmotivation zu gesünderem Verhalten bei affektiven Störungen. Diese Studie wird in drei Ländern (Deutschland, England,
Palästina) durchgeführt, wobei das Studienzentrum in dieser Arbeitsgruppe liegt. In einer binationalen Vergleichsstudie untersuchen wir gemeinsam mit einer
Arbeitsgruppe in Kanada (McGill University, Montreal, Kanada) das Inanspruchnahmeverhalten von Gesundheitsleistungen durch Patienten mit affektiven
Störungen in der Allgemeinbevölkerung. Jeweilige große nationale Surveys dienen als Datengrundlage.
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Beteiligte Wissenschaftler:
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