Biologie und Pathogenese von Staphylokokken-Infektionen
Infektionsbiologie und molekulare Charakterisierung von "Small Colony Variants" (SCVs)
Small Colony Variants (SCVs) von Staphylokokken werden für die chronischen,
rezidivierenden und persistierenden Verläufe von Infektionen durch Staphylococcus aureus und
CoNS verantwortlich gemacht. In einer Vielzahl von Einzeldokumentationen und klinischen Studien konnten wir
in den letzen Jahren (auch in der Berichtsperiode 2003-2004) die besondere Bedeutung dieser Subpopulation
für die Ätiopathogenese dieser Infektionen herausstellen (siehe auch Bericht "Dynamik und
Adaptation von Staphylococcus aureus während der persistierenden Infektion bei Mukoviszidose").
Neben
Studien zu Nachweismöglichkeiten (u.a. mit neuen Kulturmedien) und zur korrekten Identifizierung von
SCVs (inkl. der Methicillinresistenz) sowie zur Selektion von SCVs unter dem Einfluss von Antibiotika
(Gentamicin, Sulfamethoxazol-Trimethoprim) standen Untersuchungen zur Physiologie dieser Varianten im
Mittelpunkt unserer Forschungsaktivitäten zu den SCV. Darüber hinaus wurde die Virulenz der
SCVs in verschieden Tiermodellen untersucht. Um die Grundlagen der phänotypischen Charakteristika
von aus klinischem Untersuchungsmaterial isolierten S. aureus-SCVs aufzuklären und die
Hypothese zu belegen, daß für die intrazelluläre Persistenz dieser Varianten ein Defekt im
Elektronentransport (mit-) verantwortlich sein kann, konstruierten wir Elektronentransport-Mutanten mit
unterschiedlichem genetischen Background (in Kooperation mit R.A. Proctor, Madison, WI, USA) durch
Unterbrechen biosynthetischer Gene für die Hämin- und Menadionbiosynthese (hemB,
menD). Tatsächlich wiesen diese genetisch definierten Mutanten die phänotypischen Merkmale
auf, die für klinische SCVs charakteristisch sind und konnten so in den u.a. Studien z.T. im
Vergleich mit klinischen Isolaten ideal eingesetzt werden.
Charakterisierung
definierter Mutanten mit SCV-Phänotyp mittels molekularer Methoden der omic-Ära
(Transkriptom, Proteom, Metabolom). Sowohl auf Transkriptionsebene (full genome Microarrays) als auch
auf Proteomebene (in Kooperation mit C. Kohler, S. Engelmann, M. Hecker, Greifswald) wurde durch
Charakterisierung einer hemB-Mutante die Hypothese von SCVs als Elektronentransport-defiziente
Phänotypen weiter untermauert. So zeigte sich bei der Mutante eine erhöhte Expression solcher
Enzyme, die in die Glykolyse und verwandte Stoffwechselwege (z.B.
Glyceraldehyd-3-Phosphat-Dehydrogenase, Enolase, Phosphoglycerat-Kinase) sowie in die Fermentation (z.B.
Laktat-Dehydrogenase, Alkohol-Dehydrogenase) involviert sind. Somit kann die hemB-Mutante ATP
aus Glukose bzw. Fruktose nur durch Substratphosphorylierung gewinnen. Auch Enzyme des
Arginin-Deiminase-Stoffwechselweges erwiesen sich als verstärkt induziert und damit als möglicher
zusätzlicher Weg zur ATP-Generierung. Untersuchungen zum Metabolom mit Hilfe sog.
phänotypischer MicroArrays zeigten auch deutliche Unterschiede zwischen den
verschiedenen konstuierten Mutanten mit SCV-Phänotyp. Untersuchungen
zur Virulenz der SCVs in Tiermodellen. Im Mausmodell einer septischen Arthritis zeigte sich eine
höhere Frequenz und eine signifikant verstärkte Ausprägung der Arthritis in
hemB-infizierten Mäusen im Vergleich zu Mäusen, die mit dem normalen Phänotyp
infiziert worden waren. Als vermutliche Ursache für die höhere Virulenz identifizierten wir die
Fähigkeit der SCVs, höhere Mengen destruktiver Proteasen zu produzieren (Studie in Kooperation
mit I.M Jonsson und A. Tarkowski, Göteburg). In einem zweiten Tiermodell
(Kaninchen-Endokarditis-Modell) verglichen wir die hemB-Mutante sowohl mit ihrem Elternstamm als
auch mit der menD-Mutante. Hierbei zeigte sich, das die Mutanten eine dem gemeinsamen Elternstamm
vergleichbare Infektiosiät aufwiesen und durch eine Oxacillin-Therapie bezüglich ihrer Keimzahl
("bacterial density") in verschiedenen Geweben signifikant reduziert wurden. Im Unterschied zur
menD-Mutante wurden allerdings keine persistierenden Bakterien in der Niere nachgewiesen, was wir auf
einen hohen Hämingehalt (embolische Infarkte während der experimentellen Endokarditis) und der
damit verbundenen physiologischen Supplementierung der hemB-Mutante durch Hämin
zurückführten. Somit erwies sich die generierte menD-Mutation auch in vivo als
antibiotikaprotektiv (in Kooperation mit A. S. Bayer, Los Angeles, CA and R. A. Proctor, Madison, WI, USA).
SCVs bei Fremdkörper-assoziierten
Infektionen und Biofilmbildung. Erstmals wurden SCVs von S. aureus und von S.
lugdunensis u.a. auch durch Einsatz entsprechend aufwendiger Kultivierungsverfahren als Erreger von
Fremdkörper-assoziierten Infektionen identifiziert (u.a. in Kooperation mit H. Seifert, Köln). So
wurden jeweils bei Patienten mit Herzschrittmacherinfektionen neben den normalen Phänotypen diese
für die Therapie bedeutsamen morphologischen Varianten isoliert und ihre ätiologische Relevanz
bei diesen Infektionen aufgezeigt (im Vergleich zum normalen Phänotyp: verminderte
Antibiotikaempfindlichkeit, Fähigkeit zur intrazellulären Persistenz und veränderte Expression
einzelner Virulenzfaktoren). Darüber hinaus gelang es erstmals auch eine genetisch definierte Mutante mit
SCV-Phänotyp bei koagulase-negativen Staphylokokken, die charakteristischerweise durch ihre
Fähigkeit zur Biofilmbildung mit Fremdkörper-Infektionen assoziiert sind, zu konstruieren. Wie die
hemB-Mutante bei S. aureus, wächst diese S. epidermidis-Mutante mit sehr kleinen
Kolonien auf festen Kulturmedien und wird nun weitergehende Untersuchungen, u.a. auch bezüglich der
Fähigkeit der SCVs zur Biofilmbildung ermöglichen.
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