Kilian Herzberg (Münster)

Betreuer: Prof. Oestmann


Titel der Dissertation:

Die Anfrage zur preußischen Gesetzkommission im laufenden Gerichtsverfahren (1781-1798)


Kurzbeschreibung:

König Friedrich II. schränkte 1781 die Kompetenz der preußischen Richter zur Gesetzesauslegung ein: Wenn sie in einem Fall auf eine ‚schwierige‘ Rechtsfrage stießen, durften sie die nicht selbst entscheiden, sondern mussten am Hof bei der sog. Gesetzkommission anfragen, wie das Gesetz zu verstehen sei. Eine Anfragepflicht an den Gesetzgeber (référé législatif) gab es in dieser Epoche auch in anderen Staaten, aber nur in Preußen wurde ein eigenes Organ zur Beantwortung gerichtlicher Vorlagen eingerichtet.

In diesem Projekt soll die Tätigkeit der preußischen Gesetzkommission bei der Bearbeitung dieser Anfragen anhand der überlieferten Verfahrensakten untersucht werden. Es stellt zum einen die Frage, ob die Gesetzkommission nach juristischen Maßstäben entschied und gerichtsähnlich arbeitete oder eher ein politisches Organ war. Das betrifft sowohl die Einbettung in den Kontext des Hofes und der obersten Behörden als auch die Argumentationsweise innerhalb der Gesetzkommission. Zum anderen soll untersucht werden, wie sie mit dem Verhältnis von abstrakten Rechtsaussagen zu den konkreten zugrundeliegenden Fällen umging. Anders als für Gerichte (damals wie heute) typisch entschied sie nämlich nicht über Fälle, sondern nur über Rechtsfragen – die Anwendung auf den Fall musste das anfragende Gericht selbst vornehmen.

Neben der Erforschung der Staats- und Justizverfassung Preußens Ende des 18. Jahrhunderts soll das Projekt so auch einen Beitrag zu allgemeineren Überlegungen zum Zusammenhang von Fall und Rechtsaussage in der juristischen Methodik leisten.