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Langevin-Gleichung

Eine Alternative zur Behandlung von Markov-Prozessen mit Hilfe von Fokker-Planck-Gleichungen ist der Kalkül der stochastische Differentialgleichungen. Als einfaches Beispiel wollen wir in diesem Abschnitt die Langevin-Gleichung diskutieren. Diese ist eine stochastische Differentialgleichung der Gestalt

\begin{displaymath}
\frac{dx}{dt}
=
a x \quad + \;\; B\!\!\!\!\!\!\!\!\!\!
\un...
...{
\xi(t)
}_{\mbox{Zufallsvariable}}
\!\!\!\!\!\!\!\!\!\!\!\!
.
\end{displaymath} (34)

Stochastisch heißt diese Diferentialgleichung, da hierin $\xi$ als eine normalverteilte Zufallsvariable angenommen wird, mit Mittelwert
\begin{displaymath}
<\xi(t)> = 0,
\end{displaymath} (35)

und Kovarianz
\begin{displaymath}
<\xi(t)\xi(t^\prime)> = \delta(t-t^\prime)
.
\end{displaymath} (36)

Mit $\xi$ ist auch $x$ eine Zufallsvariable. In der ursprünglichen Anwendung der Langevin-Gleichung in der Physik steht hierbei die Zufallsvariable $x$ für die Geschwindigkeit eines Teilchen, welches durch eine Reibungskraft $a x$ mit $a<0$ abgebremst wird und dem Einfluß von Zufallskräften $\xi(t)$ ausgesetzt ist. Bei der Herleitung der Black-Scholes-Formel wird uns eine etwas allgemeinere Gleichung begegnen, bei der $x$ beispielsweise den Aktienkurs und $\xi$ die Änderung des Aktienkurses representieren.

Nehmen wir eine Zufallsrealisierung von $\xi(t)$ als gegeben an, so können wir naiv (ohne uns ersteinmal über die Existenz des Integrals Gedanken zu machen) eine Lösung von Gl. (34) angeben,

\begin{displaymath}
x(t) = x_0 e^{at} + e^{at} B \int_0^t e^{-at^\prime} \xi(t^\prime) dt^\prime
.
\end{displaymath} (37)

Da Gl. (37) $x(t)$ als eine Linearkombination der $\xi(t)$ darstellt und eine Summe von normalverteilten Variablen wieder normalverteilt ist, ist daher in diesem Falle mit $\xi(t)$ auch $x(t)$ normalverteilt.

Für den Mittelwert von $x$ zur Zeit $t$ unter der Anfangsbedingung $x(0)$ = $x_0$ folgt unter Benutzung von Gl. (35),

$\displaystyle <x(t)>$ $\textstyle =$ $\displaystyle <x_0 e^{at}>
+ e^{at} \int_0^t e^{-at^\prime} B
\underbrace{<\!\xi(t^\prime)\!>
}_{\displaystyle =0} dt^\prime$  
  $\textstyle =$ $\displaystyle x_0 \; e^{at}
.$ (38)

Dies entspricht der Gl. (32) für den Mittelwert der Lösung (31) der linearen Fokker-Planck-Gleichung (30). Ähnlich folgt für den Erwartungwerts von $x^2$ zur Zeit $t$ unter Verwendung von Gl. (35) und Gl. (36),
$\displaystyle <x^2(t)>$ $\textstyle =$ $\displaystyle <x_0^2 \; e^{2at}>
+ 2 x_0  e^{2at} \int_0^t e^{-at^\prime} B
\underbrace{<\!\xi(t^\prime)\!>}_{\displaystyle = 0} dt^\prime$  
    $\displaystyle \quad
+ B^2 e^{2at}
\int_0^t dt^\prime \int_0^t dt^{\prime\prime}...
...)\xi(t^{\prime\prime})>
}_{\displaystyle =  \delta(t^\prime-t^{\prime\prime})}$  
  $\textstyle =$ $\displaystyle x_0^2 \; e^{2at}
+ B^2 e^{2at}
\!\!\!\!\!\!\!\!
\underbrace{
\int_0^t e^{-2at^\prime} dt^\prime
}_{\displaystyle = -(e^{-2at}-1)/2a}$  
  $\textstyle =$ $\displaystyle x_0^2 \; e^{2at}
+ \frac{B^2}{2a} (e^{2at}-1)
,$ (39)

und daher für die Varianz,
\begin{displaymath}
V[x(t)]
= <x^2(t)>
- <\!x(t)\!>^2
=
\frac{B^2}{2a} (e^{2at}-1)
.
\end{displaymath} (40)

Dies entspricht der Gl. (33) für die Varianz der Lösung (31) der linearen Fokker-Planck-Gleichung (30). Eine Gaußverteilung ist durch Mittelwert und Varianz bereits vollständig beschrieben. Nehmen wir also die $\xi$ und damit nach Gl. (37) auch die $x$, als normalverteilt an, so ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung der $x(t)$ durch Gl. (38) und Gl. (40) vollständig bestimmt. Damit ist also die Langevin-Gleichung (34) equivalent zu der linearen Fokker-Planck-Gleichung (30).


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Joerg_Lemm 2000-02-25