Quantenfeldtheorie und Theorie der Elementarteilchen

Illustration verschiedener Längenskalen in der Teilchenphysik, vom Atom bis zu Quarks.
© Uni MS/ITP

Die Forschung der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass die bekannte Materie aus einer relativ kleinen Zahl von Bausteinen zusammengesetzt ist. Hierbei handelt es sich einerseits um die Quarks, aus denen z. B. die Atomkerne bestehen, und andererseits um die sogenannten Leptonen, zu denen auch die Elektronen gehören, welche die Atomhüllen bilden.

Zwischen diesen Teilchen wirken vier verschiedene Arten von Kräften. Neben der Schwerkraft, die im atomaren Bereich keine große Rolle spielt, sind dies die elektromagnetischen Kräfte, die sogenannte schwache und die starke Wechselwirkung. Die beiden letzteren sind für Vorgänge im Bereich der Atomkerne und Elementarteilchen verantwortlich, z. B. für Radioaktivität und Kernfusion.

Die fundamentalen Teilchen und ihre Wechselwirkungen (außer der Schwerkraft) werden theoretisch beschrieben durch das „Standardmodell“ der Elementarteilchenphysik. Es wurde in den Siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts formuliert und steht fast ausnahmslos in Einklang mit den unzähligen experimentellen Befunden der Teilchenphysik. Das Standardmodell genügt den Prinzipien der Quantentheorie und der speziellen Relativitätstheorie und ist ein Beispiel für eine „Quantenfeldtheorie“.

Im Standardmodell werden die Kräfte zwischen Materieteilchen durch verschiedene Botenteilchen übertragen. Ein Beispiel sind die „Feldquanten“ des elektromagnetischen Kraftfeldes, die identisch mit den Lichtquanten, den Photonen, sind.

Die Graphik stellt symbolisch ein Gitter dar, auf welchem ein Proton rechnerisch studiert wird. Das Proton besteht aus drei Quarks, die durch die starke Wechselwirkung zusammengehalten werden. In realistischen Rechnungen ist das Gitter wesentlich feiner als hier gezeigt.
© Uni MS/ITP

In unserer Arbeitsgruppe beschäftigen wir uns mit vielfältigen Fragestellungen aus dem Bereich der Quantenfeldtheorie. Es gibt theoretische Ansätze für eine Physik jenseits des Standardmodells, die sich bei sehr hohen Energien offenbaren könnte. Diese Ansätze benutzen das Konzept der Supersymmetrie, einer Symmetrie, welche die übliche Raum-Zeit-Symmetrie erweitert. Wir untersuchen u. a. grundsätzliche Eigenschaften supersymmetrischer Theorien. Einige der Rechnungen können mit Bleistift und Papier gemacht werden. Viele Fragestellungen sind jedoch auf diese Weise nicht lösbar und erfordern den Einsatz numerischer Methoden. Dazu werden von uns auch umfangreiche Rechnungen auf Supercomputern durchgeführt. In diesen Rechnungen ist es nötig, das Kontinuum von Raum und Zeit durch ein Gitter zu ersetzen. Auf diese Weise hat man es mit einer endlichen Anzahl von Variablen zu tun, die numerisch handhabbar sind. Die Berechnung physikalischer Größen ist sehr aufwändig und wird mit Hilfe von statistischen Methoden durchge führt.

Ein weiteres Gebiet unserer Forschungen beinhaltet die Theorie der starken Wechselwirkungen der Elementarteilchen. Diese ist im Standardmodell in Form der sogenannten Quantenchromodynamik enthalten. Aufgrund der Stärke der Wechselwirkung zwischen Quarks versagen übliche Näherungsverfahren, welche voraussetzen, dass die Kopplungen genügend klein sind. Zur Berechnung der Eigenschaften von stark wechselwirkenden Elementarteilchen werden daher ebenfalls Computer-Methoden herangezogen, bei denen die Quantenchromodynamik auf ein Gitter gesetzt wird. Es können dann Massen und andere Charakteristika der Teilchen berechnet werden. Die Ergebnisse solcher Rechnungen sind für den Vergleich mit experimentellen Resultaten sehr wichtig.

Bei der Untersuchung von Theorien auf einem Gitter muss das Gitter fein genug sein, um die Details der Teilchen auflösen zu können, andererseits muss das gesamte Gitter hinreichend groß sein, um ein Teilchen vollständig enthalten zu können. Aus diesen Anforderungen resultiert ein großer Bedarf an Computerleistung.

Für die Rechnungen verwenden wir Rechenleistung, die uns auf parallelisierten Super-Computern des Neumann-Instituts für Computing (NIC) in Jülich und des DESY-Zeuthen zur Verfügung gestellt wird.

Ein weiterer Teil unserer Aktivitäten handelt nicht von Elementarteilchen. Bemerkenswerterweise können auch gewisse Phänomene im Bereich der Thermodynamik, der Physik der Wärme, mit den Mitteln der Quantenfeldtheorie beschrieben werden. Dies betrifft insbesondere Phasenumwandlungen wie Verdampfen, Schmelzen und Kondensieren. In unserer Arbeitsgruppe nutzen wir diesen Zusammenhang aus, um mit Methoden der Quantenfeldtheorie Ergebnisse über Systeme der Thermodynamik zu gewinnen.

Als Beispiel sei das Verhalten von Grenzflächen genannt. Zahlreiche Systeme weisen Grenzflächen auf, welche verschiedene Phasen voneinander trennen, z. B. Grenzflächen zwischen Gas und Flüssigkeit oder zwischen verschiedenen Flüssigkeiten. Bei Erhöhung der Temperatur kann es dazu kommen, dass eine Grenzfläche sich auflöst und die vorher getrennten Phasen sich vermischen. Die Art und Weise, wie die Grenzfläche verschwindet, und typische Eigenschaften der Grenzfläche, die auch experimentell zugänglich sind, können mit Hilfe der Quantenfeldtheorie beschrieben und berechnet werden.

Phasenumwandlungen, wie z. B. das Kondensieren von Dampf, können durch Keimbildung beginnen. Die Kondensationskeime bilden Tröpfchen, die sich anschließend ausdehnen. Der Mechanismus der Tröpfchenbildung und die Keimbildungsrate bei Phasenumwandlungen werden von uns mit Mitteln der Quantenfeldtheorie studiert.