

Dissertationsprojekt
"Weltrevolution am Scheideweg? Die Komintern und der "Deutsche Oktober" 1923 aus transnationaler Perspektive"
Das Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit dem sogenannten "Deutschen Oktober" 1923 aus einer transnationalen und akteurszentrierten Perspektive. Der "Deutsche Oktober" bezeichnet den gescheiterten Revolutionsversuch der Kommunistischen Internationale (Komintern) in Deutschland. Nach der Einschätzung der Kominternführung in Moskau war die 1923 durch Ruhrbesetzung, Hyperinflation und Staatskrise geschwächte Weimarer Republik reif für die sozialistische Revolution nach dem Vorbild der russischen Oktoberrevolution. Damit sollte der zweite Akt der ab 1920 ins Schlingern geratenen "Weltrevolution" eingeleitet werden und die Isolation der jungen Sowjetrepublik überwunden werden. Die Komintern, ihre jeweiligen nationalen Sektionen und der Sowjetstaat wurden also im Herbst des Jahres 1923 für die Durchführung und Unterstützung eines Aufstands in Deutschland in Stellung gebracht. Die Komintern organisierte längs und quer über Ländergrenzen und Sprachbarrieren hinweg eine vielseitige Unterstützungskampagne mit der erwarteten deutschen Revolution, während sie gleichzeitig die KPD mit Geld, Personal und Waffen versorgte. Die Kommunisten Frankreichs und der Tschechoslowakei agitierten für die Neutralität ihrer Staaten im erwarteten deutschen Bürgerkrieg. Die Rote Armee wurde mobilisiert und sollte nötigenfalls durch Polen marschieren, um dem im Entstehen begriffenen "Sowjetdeutschland" zur Hilfe zu eilen.
Die Studie möchte diese transnational koordinierten Revolutions- und Bürgerkriegsvorbereitungen anhand von Quellen der jeweiligen nationalen Sektionen sowie des zentralen Kominternarchivs rekonstruieren. Gerade in Bezug auf die tschechoslowakische Partei betritt sie dabei noch unerforschtes Terrain. Da es sich um die Geschichte einer Revolution handelt, die abgebrochen wurde, bevor sie beginnen konnte, wird auch die Untersuchung der Erwartungshorizonte der Kommunisten von besonderer Bedeutung sein. Weniger die tatsächlichen Ereignisse, als die Erwartung der (Welt-)Revolution trieb die Kommunisten des Jahres 1923 zum Handeln an. Diese Erwartungen wurden wiederum gespeist aus dem kollektiven kommunistischen Erfahrungsraum "Oktoberrevolution". Es ist somit kein Zufall, dass Begriffe und Motive aus - und Analogien mit - den Ereignissen des Jahres 1917 im Denken und der Agitation der Kommunisten verschiedener Länder 1923 einen derart großen Raum einnahmen. Ebenfalls wird untersucht, ob und wie die Niederlage des "Deutschen Oktobers" und die Enttäuschung der großen Erwartungen zur "Nationalisierung", bzw. zur "Stalinisierung" des Kommunismus ab 1924 beigetragen haben.Vita
Akademische Ausbildung
Seit 10/2024Promotionsstudium in Neuerer und Neueste Geschichte
an der Universität Münster04/2021-09/2024Studium der Geschichte (M.A.) an der Universität Münster 10/2017-04/2021Studium der Geschichte und Philosophie (B.A.) an der Universität Münster Beruflicher Werdegang
12/2021-07/2024Studentische Hilfskraft mit Bachelorabschluss (SHK)
am Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte, Prof. Dr. Ricarda VulpiusPublikation
Beeken, Lennart: Das Ende des Generalsoldatenrates im Februar 1919 in der Revolutionschronik, in: Krull, Lena [Hg.]: Eduard Schulte und die Revolution 1918/19 in Münster, Münster 2021, S.153-170.