Schlagwort-Archive: Verlag

Fachzeitschriften auf dem iPad

zinio3

Sieht so die eine Zukunft der wissenschaftlichen Fachzeitschriften aus? The Oncologist (Impact Factor 6.701, Nr.17 in der Oncology) und die PLoS-Journals trumpfen beide mit einer netten, eingängigen und kostenfreien(!) iPad-Anwendung auf, die das Hefte-Lesen wieder zu einem Rundum-Vergnügen werden läßt. Während The Oncologist mit Videos und Podcasts punktet, hinterläßt das Engagement von PLoS jedoch einen kleinen Wermutstropfen, da hier weder Multimedia noch die Suche in den Inhalten möglich ist. Trotzdem: Open Access und iPad: das ist so eine geniale Kombination wie Milch und Tetrapak. Andere werden bald folgen, darunter Elsevier mit JACC und sicher auch das NEJM, das bes ereits für das iPhone gibt. Der iPad verbindet halt das Beste aus den beiden Welten Print und Online:

iPad-type readers may not be perfect, but for the first time they do seem to provide a vehicle that is very well suited to the presentation of a medical or any other type of journal. We believe that these devices have the potential to be transformational. […] the iPad version of the Journal will have essentially the same features as current online version. However, it will be much more attractive to carry, operate, read, and manipulate. I suspect that we will soon be reading all of our magazines, books, and newspapers in this format. Although it is not certain, it does appear that the era of electronic journals has finally arrived, [Anthony N. DeMaria, JACC]

Alles in allem kann man also ein durchaus positives Urteil fällen: Nicht nur Publikumszeitschriften wie das National Geographic und Der Spiegel, sondern auch wissenschaftliche Fachzeitschriften nutzen die neue Möglichkeiten der Multimediamaschine iPad aus. Mögen die Anfänge noch etwas hausbacken sein, so bleibt doch kein Zweifel, dass hier ein zukunftsträchtiges Paralleluniversum der Literaturstudiums im Entstehen begriffen ist. So entsteht mit dem iPad – via in-App-Verkäufe – plötzlich ein zusätzlicher Markt für die bereits totgesagten Print-Verlage mit durchaus sehenswerten Verdienstmöglichkeiten. Auch wenn das Jahresabo z.B. für Science via Zinio „nur“ 75,92 Euro kostet – die Masse macht’s. Und vielleicht erschließt sich Science dadurch ganz neue Kundenkreise…

Multimedia, Interaktivität und Lesevergnügen pur: Das Lesen von Zeitschriftenheften kommt wieder in Mode!

Google Books: Wissenschaftler sollten VG Wort widersprechen

Google hat Millionen von Büchern aus US-amerikanischen und deutschen Bibliotheken eingescannt und stellt diese nach und nach über das Internet zur Verfügung. Zum Copyright schreibt Google: „Wir respektieren das Urheberrecht und die Arbeit der Autoren. Daher sehen Sie nur einen geringen Teil – in einigen Fällen nur einige wenige Sätze – von Büchern, die urheberrechtlich geschützt sind. Wenn ein Buch nicht den urheberrechtlichen Beschränkungen unterliegt und öffentlich zugänglich ist, können Sie das gesamte Buch durchsuchen.“

Das paßt aber nicht jedem Autor und insbesondere nicht jedem Verlag. In den USA gibt es nun – voraussichtlich – einen Vergleich zwischen Google und den US-Verlagen/Autoren: Das so genannte Google Book Settlement. Deutsche Autoren können sich an dieser Einigung beteiligen (und werden dann an den Einnahmen der Google Buchsuche beteiligt) oder sie können widersprechen (und dann werden ihre Bücher aus der Suche entfernt).

Letzteres befürwortet die VG Wort. Sie versucht zur Zeit, sich alle Werksrechte von den Autoren übertragen zu lassen. Danach will sie diese Bücher aus der Google Buchsuche entfernen lassen. Vermutliches Ergebnis: Es gibt bei lieferbaren Büchern keine Textauszüge mehr, nur noch nackten bibliographischen Daten. Erst wenn der Internetnutzer bezahlt (Pay-per-view), darf er mehr sehen.

In einer gestrigen Pressemitteilung empfiehlt das bekannte Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“ allen Wissenschaftlern, dieser Rechteübertragung an die VG Wort nicht zuzustimmen: Es sei nicht im Interesse von Bildung und Wissenschaft, wenn Bücher hinter einer Pay-Wall verschlossen werden. Bei dem von der VG Wort vorgesehenen Weg würde – wenn überhaupt – nur ein sehr geringer Gewinn für die Autoren anfallen. Stattdessen würde es zu Lasten des freien Zugangs, der Sichtbarkeit der eigenen Werke, des Reputationsgewinns und der wissenschaftlichen Kommunikation gehen.“

Was können Sie tun? Die VG Wort wird in den nächsten Wochen alle Wahrnehmungs- und Bezugsberechtigten über die Änderungen des Wahrnehmungsvertrages informieren.

  • Wenn Sie ein Bezugsberechtigter (ohne speziellen Vertrag mit der VG Wort) sind, müssen Sie gar nichts gegenüber der VG Wort tun. Damit stimmen Sie der Änderung des Wahrnehmungsvertrags nicht zu.
  • Wenn ein Wahrnehmungsberechtigter (mit speziellen Vertrag mit der VG Wort) sind, sollten Sie einen Brief (VG Wort, Goethestraße 49, 80336 München) oder eine E-Mail (vgw@vgwort.de) an die VG Wort schreiben mit dem folgendem Text: Hiermit lege ich gegen die Änderung des Wahrnehmungsvertrages der VG Wort gemäß den Beschlüssen vom 23. Mai 2009 Widerspruch ein.

Dann sollten Ihre Werke auch weiterhin über die Google Buchsuche (je nach Urheberrecht komplett oder in Auszügen) zu finden und zu benutzen sein.

Fünfmillionster Download eines Zeitschriftenartikels

Die Zweigbibliothek Medizin bot erstmals im Jahr 1997 elektronische Zeitschriften an – die Verlage Elsevier und Springer waren die Vorreiter. Im ersten Jahr wurden die PDF-Artikel mit insgesamt 11.000 Downloads noch recht zaghaft benutzt. Doch wenig später explodierte diese moderne Art der Artikelbeschaffung förmlich und ließ die anderen Zugriffsformen wie gedruckte Zeitschriften und Fernleihe schnell hinter sich. Die Bibliothek stellte zum 1.1.2007 ihren kompletten Zeitschriftenbestand auf die elektronische Version um – es gibt nun keine Titel mehr, die nicht auch online zugänglich wären. Ende 2008 wurde nun der fünfmillionste Artikel aus den Online-Beständen der Bibliothek heruntergeladen. Ohne die Abos der ZB Med hätte dies Kosten in Höhe von bis zu 150 Mio. Euro verursacht, da die Verlage 30€ und mehr pro Artikeldownload verlangen.

PS: Trotz aller technischen Rafinnessen und statistischen Schnickschnacks ist es uns leider nicht möglich herauszubekommen, welcher Artikel als fünfmillionster heruntergeladen wurde. Es ist vermutlich ebenso aussichtslos, wie herauszufinden, wieviele der 5 Mio. Artikel auch wirklich gelesen wurden …

Wurde subito von Verlagen über den Tisch gezogen?

Dem Forscher verdanken wir den Hinweis auf die Heise Meldung: Online-Fernleihe via Subito nur noch mit digitalen Fesseln.

Der Lieferdienst habe sich mit seiner falschen Auslegung der Urheberrechtsnovelle „über den Tisch ziehen lassen“ von den Verlagen und deren Lobby, dem Börsenverein des deutschen Buchhandels, wettert Harald Müller, Direktor der Bibliothek des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg. Der gegenüber der Öffentlichkeit bislang weitgehend verborgen gehaltene „Knebelvertrag“ sei „katastrophal“ für die Nutzer wissenschaftlicher Informationsdienste und „sabotiere bewusst den Willen des Gesetzgebers“.

Einem Studenten, der durchschnittlich fünf Euro pro Tag für Essen und Trinken ausgebe, darf laut Müller für eine Kopie geistiger Nahrung auf keinen Fall mehr abgeknöpft werden als sein Tagespensum für Aufwendungen gegen Hunger und Durst hergebe. Der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) will sich dem Vernehmen nach vom Treiben Subitos distanzieren. Es gebe derzeit keine Notwendigkeit, aufgrund des neuen Urheberrechts Verträge mit irgendwelchen Parteien für den Kopienversand abzuschließen.

Erstveröffentlichung gut, Zweitveröffentlichung schlecht

nature.jpg
(c) Nature PG

Keine Fachzeitschrift, die etwas auf sich hält, möchte Artikel publizieren, die zuvor bereits woanders eingereicht und veröffentlicht wurden. Dieser Grundsatz ist nach dem ehemaligen Herausgeber der NEJM auch als Ingelfinger Rule bekannt (Details). Bisher waren die Möglichkeiten zum Aufspüren von Plagiaten und Wiederveröffentlichungen jedoch begrenzt. Verlage, Herausgeber und Editoren waren im Wesentlichen auf den Spürsinn der Peer Reviewer angewiesen. Doch diese Überwachung ist lückenhaft und auf Zufallsfunde angewiesen. Erstveröffentlichungen in exotischen, randständigen Zeitschriften sind schwierig nachzuweisen und noch schwieriger im Volltext einzusehen.

Laut Nature@News vom 23.1.2008 könnte sich das jedoch bald ändern. Zwei Forscher der University of Texas haben eine Datenbank mit 70.000 verdächtigen Duplikat-Artikeln aus Medline mit Namen Déjà vu online gestellt. In einem Nature-Artikel wiesen sie zudem auf einen Weg hin, Wiederveröffentlichungen in Medline selbst zu finden:

As many as 200,000 of the 17 million articles in the Medline database might be duplicates, either plagiarized or republished by the same author in different journals. In almost three quarters of cases […] the duplicate article also cropped up in Medline itself as the ‘most related article’.

Wissenschaftler könnten sich nun schneller am Déjà vu-Pranger wiederfinden, als ihnen lieb ist. In Zukunft sollen Zweitverwertungen aber schon im Ansatz verhindert werden. Verleger planen die genaue Kontrolle eingereichter Manuskripte. Zu dieser Gruppe zählen mit ACM, BMJ, Elsevier, IEEE, NEJM, Taylor & Francis und Wiley-Blackwell einige der größten Wissenschaftsverlage weltweit. Sie wollen noch in 2008 ein „Anti-Plagiarism Tool“ mit Namen CrossCheck benutzen, das auf Algorithmen zum Textvergleich der Softwarefirma iParadigms aufsetzt.