Jerusalem – Rom – Santiago de Compostela. Die großen Pilgerzentren der okzidentalen Christenheit ziehen bis heute unzählige Pilger und Gläubige an. Mit dem Gebet an den Stätten des Lebens und Leidens Christi im Heiligen Land und an den bedeutenden Apostelgräbern verbanden mittelalterliche Pilger die Hoffnung auf Vergebung von Sünden und Heilung von Krankheit und Leid für sich selbst oder stellvertretend für andere. Mit den religiösen Motiven vermengten sich auch Abenteuerlust, Fernweh, handfeste wirtschaftliche Interessen oder ‚touristische‘ Neugier als Antriebskräfte für den häufig gefahrvollen und strapaziösen Aufbruch in die Fremde. Eine Sonderform stellt die Verurteilung zu einer Strafpilgerfahrt dar. Im 11. Jahrhundert wurde das Pilgern zu heiligen Orten zu einem regelrechten Massenphänomen. Entlang wichtiger Pilgerrouten entstand eine differenzierte Infrastruktur von Herbergen und Hospitälern, die sich der Versorgung der Pilgernden widmeten. Das Unterwegssein von Pilgerinnen und Pilgern stellte mithin nicht nur eine populäre Form von Frömmigkeit dar, sondern auch eine bedeutende Facette mittelalterlicher Mobilität und trug zu vielfältigen transkulturellen Austauschprozessen bei. Doch auch mahnende Stimmen und Kritik an den Auswüchsen der Pilgerpraxis lassen sich vernehmen.
Diesen und weiteren Entwicklungen wollen wir im Rahmen der inhaltlichen Sitzungen des Proseminars anhand von ausgewählten Quellenzeugnissen, darunter Pilgerführer und Pilgerberichte, nachgehen. Dabei werden wir religiöse, rechtliche, soziale, wirtschaftliche und (trans-)kulturelle Aspekte des mittelalterlichen Pilgerwesens in den Blick nehmen.
Das Proseminar dient zugleich der grundlegenden Einführung in die Arbeitstechniken, Methoden und Hilfsmittel der Mediävistik.
Voraussetzungen für den Erwerb von Leistungspunkten sind regelmäßige und aktive Teilnahme am Seminar, die Übernahme einer Präsentation, das Bestehen einer Abschlussklausur sowie einer schriftlichen Hausarbeit.

Kurs im HIS-LSF

Semester: SoSe 2021