Realismen der Avantgarde

Die historischen Avantgarden definieren sich selbst und werden von uns wesentlich über ihre Bezüge zu diversen Formen von Realismus definiert:

  1. Sie setzen sich zumeist vehement von Realismen des 19. Jahrhunderts ab.
  2. Sie behaupten dabei aber oftmals, einen wahren Realismus (oder Sur-Realismus) zu praktizieren, weil sie der Primärwirklichkeit durch ihre Verfahren näher kämen als traditionelle Künste.
  3. Sie werden dann ihrerseits von Bewegungen wie der Neuen Sachlichkeit, dem Magischen Realismus, Spielarten politischer oder auch populärer, marktkonformer Kunst abgelöst, die ebenfalls behaupten, wieder ‚realistischer‘ zu werden und sich der Wirklichkeit zuzuwenden.
  4. Noch die Neo-Avantgarden und andere Strömungen von der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute müssen sich immer wieder im Verhältnis zu Formen von Realismus verorten (z.B. bezeichnet Mario Amaya Pop als "the New Super Realism").

Die Tagung fragt nach den unterschiedlichen Formen von "Realismus", die durch die Avantgarden (und gegen sie) entworfen werden, und damit nach Formen des Wirklichkeitsentwurfes und -bezuges von Kunst, Programmatik und Medien. "Realismus" kann sich dabei auf Verfahren (prijom) ebenso beziehen wie auf Diskurse, auf die Repräsentation von Wissen (etwa der Naturwissenschaften oder der Esoterik), auf politische Ideologien oder Anwendungen in der Praxis.