Gummi aus Löwenzahn

Wissenschaftler identifizieren Schlüsselkomponenten der Kautschuk-Entstehung

Das Team aus Münster um Dr. Christian Schulze Gronover (Mitte) und Prof. Dr. Dirk Prüfer (r.)© WWU / Peter Grewer
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Löwenzahn ist eine robuste und anspruchslose Pflanze, aus der sich ein begehrtes Produkt gewinnen lässt: Kautschuk. Seit einigen Jahren rückt Löwenzahn daher zunehmend in den Fokus der Gummi herstellenden Industrie. Doch wie entsteht der Kautschuk, der im weißen Milchsaft der Pflanze schwimmt? Diese Frage ist bislang nicht vollständig geklärt. Ein Team um Wissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) und des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME, Außenstelle Münster, hat nun Proteine identifiziert, die eine zentrale Rolle bei der Kautschukproduktion in der Pflanze spielen.

Der kautschukhaltige Milchsaft wird in speziellen Zellen des Löwenzahns produziert. Für die Entstehung – die Biosynthese – des Kautschuks dort ist ein Proteinkomplex verantwortlich, der auf der Oberfläche sogenannter Kautschuk-Partikel sitzt. Diese kugelförmigen Partikel sind mit Polyisopren, dem Hauptbestandteil des Kautschuks, gefüllt und von einer schützenden Hülle umgeben. Wie die Forscher nun am Beispiel des "Russischen Löwenzahns" zeigen konnten, spielt ein spezielles Protein ("rubber transferase activator") eine Schlüsselrolle. Wird die Bildung des Proteins verhindert, fehlt es also in der Pflanze, entsteht kein Kautschuk. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Protein für die Bildung des Kautschuk herstellenden Proteinkomplexes nötig ist. Ihre Ergebnisse wurden in der aktuellen Online-Ausgabe des Fachmagazins "Nature Plants" veröffentlicht. An der Untersuchung beteiligt waren auch Wissenschaftler der Technischen Universität München und aus York (England). Eine zweite Studie, die ebenfalls maßgeblich von IME- und WWU-Forschern durchgeführt wurde, identifiziert ein weiteres wichtiges Protein. Es hat eine zentrale Aufgabe bei der Bildung der langen Polyisoprenketten. Diese sogenannten Polymere verleihen dem Kautschuk seine typischen Eigenschaften – seine Elastizität und Belastbarkeit.

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© WWU / Peter Grewer

"Das Thema Löwenzahn ist in letzter Zeit besonders durch die angewandte Forschung bekannt. Nun gibt es erfreulicherweise wieder Neuigkeiten aus der Grundlagenforschung – wir konnten gleich zwei Schlüsselkomponenten der Kautschuk-Biosynthese identifizieren", erklärt Forschungsleiter Dr. Christian Schulze Gronover (IME, Außenstelle Münster). Bislang ist es nicht möglich, Naturkautschuk biotechnologisch herzustellen. Mit der Identifizierung von Schlüsselkomponenten der Kautschuksynthese rückt diese Option jedoch näher, so die Forscher. Löwenzahnpflanzen, die keinen Kautschuk produzieren, könnten zudem künftig in Laborversuchen eingesetzt werden, um herauszufinden, welche Aufgabe der Kautschuk in den Pflanzen erfüllt. In der Diskussion ist beispielsweise, dass er als Schutz gegen Krankheitserreger dient.

Dr. Dirk Prüfer, Professor für Biotechnologie der Pflanzen an der WWU und Leiter der Abteilung "Funktionelle und Angewandte Genomik" am IME in Münster, unterstreicht: "Diese Forschungsergebnisse konnten wir nur durch die effektive Zusammenarbeit von IME und WWU erzielen, also durch die geschickte Verbindung von anwendungsorientierter und Grundlagen-Forschung. Wir hoffen, dieses Erfolgsmodell weiter ausbauen zu können."

Originalliteratur:

Janina Epping, Nicole van Deenen, Eva Niephaus, Anna Stolze, Julia Fricke, Claudia Huber, Wolfgang Eisenreich, Richard M. Twyman, Dirk Prüfer and Christian Schulze Gronover (2015): A rubber transferase activator is necessary for natural rubber biosynthesis in dandelion. Nature Plants, Advance Online Publication; DOI: 10.1038/nplants.2015.48

Natalie Laibach, Andrea Hillebrand, Richard M. Twyman, Dirk Prüfer and Christian Schulze Gronover (2015): Identification of a Taraxacum brevicorniculatum rubber elongation factor protein that is localized on rubber particles and promotes rubber biosynthesis. The Plant Journal, Advance Online Publication; DOI: 10.1111/tpj.12836