RESEARCH

Forschungsschwerpunkte


Im Mittelpunkt des Interesses unserer Arbeiten steht die Untersuchung der Rolle von Kalzium-vermittelten Prozessen, die in der Pflanze Reizantworten ermöglichen, physiologische Prozesse steuern und Entwicklungsvorgänge regulieren. Unser besonderes Interesse gilt dem bisher unverstandenen Phänomen, dass zahlreiche verschiedene Reizleitungsvorgänge und Entwicklungsprozesse Kalziumionen als Botenstoff nutzen und dennoch die erforderliche Spezifität in der Signalleitung und der Reizantwort erreicht wird. Dabei konzentrieren sich die gegenwärtigen Untersuchungen auf die molekulargenetische und zellbiologische Analyse eines Signalnetzwerkes, das durch die Interaktion von 10 Kalziumbindungsproteinen (Calcineurin B-like proteins, CBLs) mit 25 Proteinkinasen (CBL-interacting protein kinases, CIPKs) gebildet wird. Durch die umfassende Analyse dieses Signalsystems wollen wir Einsichten in die Funktionsmechanismen dieses Interaktionsnetzwerkes auf zellulärer Ebene gewinnen und verstehen, wie diese Komponenten physiologische Prozesse und Entwicklungsvorgänge im Gesamtorganismus steuern und koordinieren.

 

1. Die Funktion des CBL/CIPK Signalsystems in abiotischen Stressantworten

Die molekularen Mechanismen und die physiologische Bedeutung Kalzium-vermittelter Signaltransduktionsprozesse in Stressadaptation und Entwicklung von Pflanzen sind gegenwärtig nur wenig verstanden. Die (von uns erfolgte) Identifizierung neuartiger Calcineurin B-ähnlicher Kalzium-Sensor-Proteine (CBLs) aus Arabidopsis sowie die Feststellung, dass diese Proteine durch präferentielle Komplexbildung mit einer distinkten Klasse von Kinasen (CIPKs) zur Spezifität und Weiterleitung von Kalziumsignalen beitragen, ermöglicht es, derartige Prozesse molekular und physiologisch zu analysieren. Die Existenz eines komplexen Signalnetzwerkes von 10 CBL-Isoformen und die Heterogenität der 25 interagierenden Kinasen machen es sehr wahrscheinlich, dass diese Proteine in Pflanzen integrale Bestandteile zahlreicher zellulärer Prozesse sind.
Zur Aufklärung der Funktion dieser Signalkomponenten verfolgen wir eine revers-genetische Vorgehensweise, die auf der Analyse von T-DNA induzierten Mutanten basiert. Hierfür haben wir im Rahmen des AFGN (Arabidopsis Functional Genomics Network) Insertionsmutanten für fast alle AtCBLs und AtCIPKs isoliert und mit der Charakterisierung ausgewählter Mutanten begonnen. Eine dieser Mutanten (cbl1) zeigt z.B. eine sehr deutliche Beeinflussung in ihrem Anpassungsvermögen an die Änderung von Wachstumsbedingungen wie Trockenheit, osmotischen und Salzstress. In einer weiteren von uns isolierten CBL-Mutante (cbl9) interferiert der Funktionsverlust des Kalziumsensor-Proteins spezifisch mit der durch das Pflanzenhormon ABA vermittelten Regulation physiologischer Prozesse. Zur Isolierung von Substraten der CBL/CIPK-Komplexe wurden Hefe-2-Hybrid- und BiFC-Analysen durchgeführt. In diesen Untersuchungen Plasmamembran-lokalisierte haben wir Ionenkanäle als Substrate der CIPKs identifiziert. Deshalb ist ein Schwerpunkt der gegenwärtigen Untersuchungen die biochemische Charakterisierung der CBL/CIPK-Komplexe und der durch diese Kinasen phosphorylierten Substrate.
 

2. Mechanismen des CBL/CIPK Signalsystems und Untersuchungen zur Dynamik der zellulärer Ca2+ Konzentration

Die von uns identifizierten Kalziumsensor-Mutanten stellen in Kombination mit entsprechenden Ca2+-Konzentrationsanalysen ein viel versprechendes System dar, um grundlegende Fragestellungen und Mechanismen der Signalfunktion von Ca2+ Ionen und Kalziumbindungsproteinen zu adressieren. Deshalb haben wir in den entsprechenden Mutantenlinien Cameleon-Reportergene etabliert und in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von J. Schroeder (San Diego) Methoden zur Untersuchung der zellulären Ca2+ Dynamik etabliert. Dieses System soll genutzt werden, um in den entsprechenden CBL- bzw. CIPK-Mutanten die Dynamik der zellulären Kalziumkonzentration in Reizantwortsituationen in den Modellsystemen Schliesszellen und Wurzelhaaren zu untersuchen.
Unsere Untersuchungen zur Lipidmodifikation von CBL1 haben ergeben, dass dieses letztendlich an der Plasmamembran lokalisierte Protein durch Myristylierung an das ER gelangt und nach hier erfolgter Palmitylierung zur Plasmamembran transportiert werden kann. Die Identifizierung der für diese Porteinmodifikation verantwortlichen Palmityltransferase und deren Charakterisierung sind Gegenstand der zukünftigen Arbeiten in diesem Projekt.
Im Rahmen der zellbiologischen Charakterisierung von CBL und CIPK Mutanten haben wir festgestellt, dass die alternative Komplexbildung einer spezifischen Kinase mit unterschiedlichen CBL Proteinen zu einer dualen Funktion dieser Kinase an unterschiedlichen Zellmembranen (z. B. Tonoplast und Plasmamembran) führen kann. Zur weiteren Untersuchung der alternativen Komplexbildung haben wir die Methode der "multicolour BiFC" entwickelt, welche den Nachweis mehrerer distinkter Proteinkomplexe in Pflanzenzellen ermöglicht. Unter Verwendung dieser Methode werden wir die Lokalisation und zelluläre Dynamik von CBL/CIPK- und CIPK/Substrat-Komplexen detailliert analysieren.
 

3. Ca2+-vermittelte Signaltransduktion in polaren Wachstumsprozessen

Polare Wachstumsprozesse in Pflanzen wie z. B. Pollenschlauchwachstum und Wurzelhaarwachstum werden durch dynamische und lokale Änderungen der zellulären Ca2+ Konzentration begleitet. Dabei ist gegenwärtig unklar, ob diese Änderungen der Ca2+ Konzentration die Wachstumsprozesse direkt steuern und wie diese Änderungen der Ca2+ Konzentration mit dem zellulären Signalsystem vernetzt sind. Wir haben CBL und CIPK Mutanten identifiziert, in denen das Pollenschlauchwachstum beeinträchtigt ist bzw. die Entwicklung von Wurzelhaaren morphologisch verändert ist. Unsere vorläufigen Untersuchungen dieser Mutanten deuten auf eine enge funktionelle Interaktion der CBLs/CIPKs mit RAC GTPasen hin und legen deshalb einen bisher nicht charakterisierten neuen Wirkmechanismus der CBLs nahe. In diesem Projekt soll daher durch die Kombination von zellbiologischen und biochemischen Analysen mit Proteininteraktionsstudien und Untersuchungen der Ca2+- und ROS-Dynamik in diesen Zellen der Beitrag des CBL/CIPK Signalsystems zu polaren Wachstumsprozessen aufgeklärt werden.
 

4. Systembiologische Analyse Ca2+-vermittelter Signaltransduktionsprozesse in Schliesszellen

Schliesszellen sind komplex regulierte dynamische Poren die gleichzeitig den Gasaustausch der Pflanzen ermöglichen und den Wasserhaushalt regulieren. Sie repräsentieren ein sehr gut untersuchtes und experimentell hervorragend zugängliches Modellsystem zur Erforschung von Signaltransduktions- und Regulationsprozessen auf zellulärer Ebene. Durch langjährige Untersuchungen ist die Bedeutung von Ca2+ Ionen für die Regulation dieser Prozesse sehr gut dokumentiert aber die molekularen Mechanismen der Ca2+-vermittelten Signaltransduktion in Schliesszellen sind nur teilweise verstanden. Durch revers-genetische Analysen haben wir Kalziumsensor- und Kinase-Mutanten identifiziert, in denen die ABA-vermittelte Regulation des Öffnens bzw. Schließens von Stomata beeinträchtigt ist. Diese Mutanten stellen einen Ausgangspunkt dar, um die Rolle von Ca2+-vermittelten Prozessen im komplexen Signalsystem der Schliesszellen aufzuklären.

In diesem Projekt verfolgen wir gegenwärtig folgende Ziele:

  • die Analyse und experimentelle Manipulation von Ca2+ Signalen in Schliesszellen
  • die Untersuchung der Auswirkungen von Änderungen der CBL/CIPK Expression in Schliesszellen auf die Generierung von Ca2+ Signaturen
  • die Aufklärung der Regulation von Ionenkanälen durch CBL/CIPK Komplexe
  • Langfristiges Ziel dieses Projektes ist die bioinformatische Integration der experimentellen Daten in ein umfassendes Modell der Schliesszellsignaltransduktion

 

Kooperationen