Forschungsaufenthalt am Massachusetts Institute of Technology (MIT), USA

Antragstellender: Nicolai-Leonid Bathen
Fachbereich: FB 11

Ich hatte die außergewöhnliche Gelegenheit, einen dreimonatigen Forschungsaufenthalt am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) zu verbringen, einer Institution, die in der Festkörperphysik und den Materialwissenschaften weltweit führend ist. Diese Erfahrung ermöglichte es mir nicht nur, meine persönlichen und akademischen Horizonte zu erweitern, sondern auch wichtige Messdaten zu sammeln. Diese Daten, in Verbindung mit Messungen, die wir in Münster durchführen werden, können entscheidend zum Verständnis der Eigenschaften von twisted transition metal dichalcogenides beitragen. Dieser Bericht zielt darauf ab, meine Erlebnisse und wissenschaftlichen Erkenntnisse während meines Aufenthalts am MIT zu teilen und zu reflektieren.

Mein erster Arbeitstag am MIT war am Montag, dem 2. Oktober 2023. Es war ein aufregender Start in eine Zeit voller neuer Erfahrungen und Herausforderungen. Wir begannen den Tag mit einem lockeren Mittagessen, bei dem ich die Chance hatte, meinen Betreuer und die anderen Gruppenmitglieder kennenzulernen. Es war toll, gleich am ersten Tag so herzlich aufgenommen zu werden. Nach dem Mittagessen machten wir einen kurzen Spaziergang zum berühmten MIT Dome, einem echten Blickfang auf dem Campus. Der Kuppel des MIT-Gebäudes ist bekannt als Ort für witzige und kreative Streiche – wie der ’R2D2 MIT Dome’ oder das ’Police Car’ auf der Kuppel. Wir nutzten die Gelegenheit für ein paar Erinnerungsfotos vor diesem ikonischen Hintergrund.
Nach den notwendigen Sicherheitseinweisungen konnten wir mit der praktischen Arbeit beginnen. Wir entschlossen uns, die von mir vorbereiteten Proben zunächst mit einem Leitungs-Rasterkraftmikroskop (conductive atomic force microscope, cAFM) zu untersuchen. Dabei konzentrierten wir uns auf zwei Aspekte: die Überprüfung des elektrischen Kontakts und die Analyse des Moiré-Musters. Leider stießen wir schnell auf eine Herausforderung: Der elektrische Kontakt der Proben war unzureichend. Dies war ein kritischer Punkt, da ein mangelnder Kontakt die Verwendung des Vier-Spitzen-Rastertunnelmikroskops für präzise Messungen ausschloss.
Ohne einen stabilen elektrischen Kontakt bestand das Risiko, dass die Messspitzen die Probe beschädigen könnten. In den nächsten drei Monaten experimentierten wir mit verschiedenen Techniken, um diesen Aspekt zu verbessern. Zwar konnten wir Fortschritte im cAFM feststellen, doch leider kam es bei einigen Proben immer noch vor, dass die Spitzen in die Oberfläche rammten. Wir vermuteten, dass dies möglicherweise auf eine nicht ausreichend saubere atomare Oberfläche zurückzuführen war. Bis zu meiner Abreise konnte dieses Problem nicht vollständig gelöst werden.
Trotz dieser Herausforderung bedeutet dies keineswegs das Ende unserer Bemühungen, tWSe2 mit einem Vier-Spitzen-Rastertunnelmikroskop zu vermessen. Die Zusammenarbeit am MIT, einem Ort voller talentierter und motivierter Forscher:innen, ermöglichte es mir, Wissenschaftler:innen zu treffen, die ähnliche Probensysteme mit konventionellen Rastertunnelmikroskopen untersucht hatten. Durch den Austausch mit ihnen eröffneten sich viele neue Wege zur Herstellung geeigneter tWSe2-Proben. Diese werde ich in Münster anwenden und die hergestellten Proben dann ans MIT schicken. Das bedeutet, dass die Zusammenarbeit mit der Gruppe von Frances Ross auch nach meinem Aufenthalt weiterhin vielversprechend voranschreitet.

Aber natürlich kehrte ich nicht ohne konkrete Messergebnisse nach Hause zurück. Dank des bereits erwähnten Leitungs-Rasterkraftmikroskops und der Anwendung von Lateral Force Microscopy (LFM) konnten wir wichtige Erkenntnisse über die von mir hergestellten Proben gewinnen. Insbesondere gelang es uns, das Moiré-Muster der Proben an verschiedenen Stellen räumlich aufgelöst zu messen. Die Struktur und Periodizität dieses Musters sind entscheidend, da sie einen direkten Einfluss auf die elektronischen Eigenschaften des Systems haben. Besonders erfreulich war, dass es mir gelang, die Variation des Drehwinkels bei fünf Proben, die für das Entstehen des Moiré-Musters verantwortlich ist, vollständig zu messen. Diese Ergebnisse sind von großer Bedeutung für unsere Forschung, da sie uns ein tieferes Verständnis des untersuchten Systems ermöglichen. Der nächste Schritt wird sein, diese Erkenntnisse mit weiteren optischen Experimenten, die in Münster durchgeführt werden, zu korrelieren. Dieser Fortschritt in unserer Forschung zeigt, dass der Aufenthalt am MIT trotz einiger Herausforderungen äußerst fruchtbar war und wichtige Grundlagen für unsere weiteren Untersuchungen gelegt hat.

Neben der fordernden und oftmals von Rückschlägen geprägten Laborarbeit nutzte ich die Gelegenheit, an verschiedenen Veranstaltungen in der Bostoner Umgebung teilzunehmen. Ein besonderes Highlight war die Teilnahme an der German American Conference, einem ganzen Wochenende, das den transatlantischen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA in den Bereichen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft gewidmet war. Die Konferenz fand in den Räumlichkeiten der renommierten Harvard Kennedy School statt und bot mir eine hervorragende Plattform, um mein Verständnis der transatlantischen Beziehungen zu vertiefen. Es war eine bereichernde Erfahrung, die mir nicht nur ermöglichte, neue Kontakte zu knüpfen, sondern auch mein Wissen in diesen wichtigen Bereichen zu erweitern. Die Diskussionen und Begegnungen während dieser Veranstaltung, neben der Arbeit am MIT, waren für mich von unschätzbarem Wert und haben meine Sichtweise auf die globalen Verbindungen und Kooperationen erweitert. Darüber hinaus nahm ich auch an TEDxBoston teil, einer Veranstaltung im Rahmen der TED-Talks, die sich dem Thema ’Planetary Stewardship’ widmete. Dieses Event, das parallel zur United Nations’ Climate Change Conference stattfand, präsentierte eine Reihe von Vorträgen, die sich mit nachhaltigen Methoden zur Erhaltung der natürlichen Systeme unseres Planeten auseinandersetzten. Es war faszinierend zu beobachten, wie Experten aus verschiedenen Fachrichtungen ihre Ideen vorstellten, um die Ziele des Klimaschutzes zu erreichen. Zudem bot TEDxBoston mir die Gelegenheit, viele junge und motivierte Menschen zu treffen, die sich ebenfalls aktiv für den Klimaschutz engagieren.

Letztendlich haben wir zwar während meines Aufenthalts am MIT nicht genau das erreicht, was wir ursprünglich geplant hatten, aber ich betrachte diese Zeit dennoch als großen Erfolg. Neben den wichtigen Messungen, die wir mit der Lateral Force Microscopy (LFM) durchführen konnten, waren es vor allem die persönlichen Begegnungen und Erfahrungen, die diesen Aufenthalt so wertvoll gemacht haben.  Ich hatte das Glück, viele interessante Menschen kennenzulernen und die Zusammenarbeit mit der Gruppe von Frances Ross intensiv voranzutreiben. Die dabei und darüber hinaus geknüpften Kontakte sind nicht nur für meine zukünftige wissenschaftliche Arbeit von Bedeutung, sondern einige davon haben sich zu echten Freundschaften entwickelt. Ich bin zutiefst dankbar für die Unterstützung durch den Santander Mobilitätsfond, ohne den dieser außergewöhnliche Forschungsaufenthalt nicht möglich gewesen wäre. Die Erfahrungen und Erkenntnisse, die ich während meiner Zeit am MIT sammeln konnte, haben meine wissenschaftliche Laufbahn und Perspektive nachhaltig geprägt und bereichert. Nun freue ich mich darauf, meine Ergebnisse und Erfahrungen in naher Zukunft in einem Seminar des Physikalischen Instituts mit Professoren, Postdoktoranden, Doktoranden und Studierenden im Rahmen eines Vortrags zu teilen.

Nicolai-Leonid Bathen vor dem MIT Dome
Nicolai-Leonid Bathen vor dem MIT Dome
© Nicolai-Leonid Bathen