Strafrecht in multikulturellen Gesellschaften

DRadio Wissen strahlt aktuellen Cluster-Vortrag der Juristin Tatjana Hörnle aus

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Ton-Mitschnitt des Vortrags bei DRadio Wissen

Aktuelle Fragen des Strafrechts in multikulturellen Gesellschaften hat die Berliner Rechtswissenschaftlerin Prof. Dr. Tatjana Hörnle in einem Vortrag am Exzellenzcluster dargelegt, den der Sender DRadio Wissen in seiner Sendung „Hörsaal“ anlässlich der im Januar verübten Anschläge in Paris ausstrahlt. Darin erörtert die Wissenschaftlerin der Humboldt-Universität Berlin zunächst, ob Verbotsnormen angesichts der wachsenden gesellschaftlichen Vielfalt angepasst, aufgehoben oder verschärft werden müssen. Sie plädiert in dem Vortrag, der auch auf der Website der DRadio-Sendung „Hörsaal“ in voller Länge zu hören ist, einerseits dafür, „über solche Fragen nachzudenken, ohne eine Anpassung an geänderte gesellschaftliche Verhältnisse abzublocken“. Andererseits solle die Rechtswissenschaft bei der Entscheidungsfindung „bewusst Distanz gegenüber emotional aufwühlenden Ereignissen wie den jüngsten Anschlägen in Paris halten“.

Mit den Attentaten in Frankreich sei das Verbot der Bekenntnisbeschimpfung (§ 166 StGB) auch in Deutschland wieder in den öffentlichen Blickpunkt gerückt, sagt Prof. Hörnle in ihrem Vortrag. Darin befürwortet sie eine Aufhebung des Verbots, da es dafür „keine überzeugende Rechtfertigung“ gebe. Zugleich fragt die Wissenschaftlerin, ob kulturelle oder religiöse Hintergründe, die für das Handeln eines Straftäters von zentraler Bedeutung waren, bei der Bewertung der Straftat berücksichtigt werden sollten. Sie wendet sich dagegen, solche „cultural defenses“ zuzulassen und in die Bewertung der Straftat als Milderungs- oder sogar Rechtfertigungsgrund einzubeziehen. „Diese Hintergründe mindern nicht die Schuld des Täters und sind deshalb auch nicht strafmindernd zu berücksichtigen“, so Prof. Hörnle.

Der Sender DRadio Wissen strahlt in seiner Sendung „Hörsaal“ regelmäßig Vorlesungen des Exzellenzclusters aus. Unter dem Titel „Die Zukunft des Strafens in multikulturellen Gesellschaften“ hatte Prof. Hörnle im Januar in der Ringvorlesung „Zukunftsvisionen zwischen Apokalypse und Utopie“ gesprochen, die das Habilitandenkolleg des Exzellenzclusters im Wintersemester 2014/2015 organisierte. (han/vvm)