Westfälische Wilhelms-Universität Münster
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Interdisziplinäres Centrum für Elektronenmikroskopie und Mikroanalyse (ICEM)


Das Interdisziplinäre Centrum für Elekronenmikroskopie und Mikroanalyse (ICEM) wurde am 1. März 2000 mit einem wissenschaftlichen Festkolloquium eröffnet. Es ist eine fächer- und fachbereichsübergreifende Einrichtung zum Betrieb und zur Weiterentwicklung moderner instrumenteller analytischer Methoden. Für ICEM sind Arbeitsgruppen aus dem Geologisch/Paläontologischen Institut (Kerp), dem Institut für Mineralogie (Putnis), dem Institut für Planetologie (Jessberger) und dem Physikalischen Institut (Kohl) verantwortlich.

Der sehr gut ausgestattete Gerätepool von ICEM dient der mineralogischen Strukturanalytik, der Elektronen-Energieverlust-Spektroskopie und Nanoanalytik sowie der lokalen chemischen, isotopischen und molekularen Mikroanalytik. Während die Physik sich vorwiegend mit den Grundlagen und mit materialwissenschaftlichen Untersuchungen beschäftigt, stehen bei den anderen Arbeitsgruppen eher geowissenschaftliche Anwendungen im Vordergrund. So geht es beispielsweise im Institut für Planetologie um die Charakterisierung - und damit um die Geschichte - extraterrestrischer Gesteine. Das Institut für Mineralogie untersucht die Mikrostrukturen von Mineralen, um ihr Wachstum, ihre geologische Geschichte und physikalischen Eigenschaften zu verstehen, während das Geologisch-Paläontologische Institut durch die Untersuchung fossiler Pflanzen Klima und Ökologie im Verlauf der Erdgeschichte studiert.

Geräte und Personal

Der Gerätepool von ICEM umfasst derzeit

  • Feldemissions-Rasterelektronenmikroskop (FE-SEM),
  • analytisches Rasterelektronenmikroskop mit Kathodolumineszenzgerät (SEM-EDX-KL),
  • 300 keV Transmissionselektronenmikrokop mit EDX und EELS (TEM-EDX-EELS),
  • Flugzeit-Sekundärionen-Massenspektrometer (TOF-SIMS),
  • Elektronenstrahlmikrosonde
  • EFTEM mit Feldeffektkathode (ab 2001) sowie
  • Geräte zur mikroskopischen Präparation.

Das Personal des ICEM rekrutiert sich aus den Mitarbeitern der beteiligten Institute. Als problematisch angesehen werden muss, dass das Großgerät TEM z.Zt. nur durch Post-Doktoranden auf Drittmittelstellen betreut werden kann. Hierfür wird mittelfristig eine Dauerstelle benötigt.

Lehre

Von den an ICEM beteiligten Arbeitsgruppen werden gemeinsam in jedem Semester Transmissionselektronenmikroskopische Übungen als einwöchige Blockveranstaltung angeboten. Durch diese interdisziplinäre Verzahnung des Lehrangebots kann den teilnehmenden Studierenden aller beteiligten Fachrichtungen im Haupt- bzw. Graduiertenstudium ein Überblick über ein breites Spektrum moderner Methoden der Transmissionselektronenmikroskopie vermittelt werden.

Darüber hinaus werden in den Fachbereichen weitere Vorlesungen und Seminare zu einschlägigen Themen angeboten. Als Beispiele seien genannt die Vorlesungen über Hochauflösende Elektronenmikroskopie und über Analytische Elektronenmikroskopie, an denen jeweils Studierende verschiedener Fächer teilnehmen.

Forschung / Internationale Kontakte

Im Berichtszeitraum wurden u.a. folgende Ergebnisse erarbeitet:

  • Aus den Diffraktogrammen von energieverlustspezifischen TEM-Aufnahmen konnte die Kontrastübertragung erstmals experimentell bestimmt werden. Damit wurden frühere Rechnungen bestätigt. Das gewählte Verfahren ermöglicht die Bestimmung von Strukturdaten amorpher Festkörper.

  • Die Intensitätsprofile in Diffraktogrammen von Hochauflösungsaufnahmen wurden quantitativ mit Kleinwinkel-Streudaten verglichen. Für kleine Raumfrequenzen ergab sich, dass die bisher übliche Beschreibung der Abbildung durch eine Phasenkontrast-Übertragungsfunktion um einen Amplitudenkontrastterm ergänzt werden muss.

  • Durch Messungen und Rechnungen wurde gezeigt, dass normale und inverse Spinelle anhand ihrer kantennahen Feinstrukturen unterschieden werden können.

  • Mit Hilfe der multivariaten statistischen Analyse konnten aus stark verrauschten Energieverlustbildern vorurteilsfrei Elementverteilungen bestimmt werden.

  • Mikrostruktur und Mikroanalytik magnetischer Minerale: Es konnten zum ersten Mal sowohl die Verteilung von Fe2+/Fe3+ als auch die Konzentrationsunterschiede spinodaler Entmischung abgebildet werden.

  • Mikrostruktur und Mikroanalytik oszillierend zonierter Granate: Es konnten bimodale Fluktuationen der Zusammensetzung im Nanometerbereich gemessen werden, die auf eine kinetische Ursache für die Zonierung hinweisen.

  • Mit ultrastrukturellen Untersuchungen (high-resolution-TEM) von Baddeleyit-Xenokristallen aus dem Mbuji-Mayi-Kimberlit wurde ihr Ursprung im Unteren Erdmantel bewiesen.

  • Analysen zu vermeintlichen Lebensspuren in Marsmeteoriten: Es wurde eine Korrelation von PAHs mit modernem Pb entdeckt, welche auf terrestrische Kontaminationsprozesse hindeutet.

  • Als Beginn eines Programms zur umfassenden interdisziplinären Untersuchung aller Marsmeteorite wurde erstmals für Spurenelemente im Mikrometerbereich eine chemische Heterogenität der Pyroxene in Marsbasalten nachgewiesen.

  • In präsolaren SiC-Teilchen (Stardust) wurde eine deutliche chemisch/isotopische Heterogenität im Mikrometerbereich entdeckt, die möglicherweise die innere Struktur der Supernova offenbart, in deren Umgebung die Teilchen kondensierten.

  • Kathodolumineszenzphänomene in Jadeiten wurden durch hoch-ortsaufgelöste chemische TOF-SIMS-Analysen aufgeklärt.

  • Durch mineralogische und chemische Untersuchungen wurde der Meteorit Sayh al Uhamir 051 als neuer Marsmeteorit identifiziert.

  • Mikrochemische und gefügekundliche Studien primitiver Chondrite belegen ihre mineralogische und chemische Heterogenität im Submillimeterbereich.

Viele der Aktivitäten im ICEM werden in internationaler Kooperation mit Partnern und Gastforschern u.a. aus Frankreich, Norwegen, Österreich, Rußland und den USA durchgeführt.

Entwicklung / Perspektiven

Aus der gemeinsamen Nutzung des Gerätepools ergaben sich nahtlos interdisziplinäre Forschungsthemen. Diese bilden die Grundlage der Themenskizze High Resolution Analysis of Geomaterials für ein DFG-Forschungszentrum. Damit wird ein Forschungsverbund angestrebt, in dem interdisziplinär die Stärken der münsterschen mikrostrukturellen und mikroanalytischen Verfahren sowie die Erfahrungen mit Weltraumexperimenten weiter ausgebaut und wissenschaftlich verzahnt werden.

 

Prof. Dr. Hans Kerp
Vorsitzender des Interdisziplinären Centrums für Elektronenmikroskopie und Mikroanalyse