Forschungsbericht 1995-96 | |
Institut für Neuro- und Verhaltensbiologie Badestraße 9 48149 Münster Tel. (0251) 83 - 2 38 94 FAX (0251) 83 - 2 83 90 Geschf. Direktorin: Prof. Dr. A. Barnekow | |
Forschungsschwerpunkte 1995 - 1996 Fachbereich 18 - Biologie Institut für Neuro- und Verhaltensbiologie Arbeitsbereich Neurophysiologie (Prof. Dr. U. Thurm, em.) |
Nesselzellen als vielfältig modulierbare Neurone.
Die Eingangs-Ausgangsbeziehung der Nesselzellen von Hydropolypen besteht aus der
Auslösung der Nesselkapsel-Entladung (und paralleler synaptischer Signalabgabe) durch
das vom mechanischen Eingangsreiz hervorgerufene Rezeptorpotential (s. 1. und 3.).
Diese E.-A.-Beziehung kann bei gleichen Eingangsreizen zu jeder beliebigen
Auslösewahrscheinlichkeit zwischen 0 % und 100 % führen aufgrund
zusätzlicher modulierender Einflüsse. Wir fanden als solche Einflüsse: a)
chemische Kontaktreize (z.B. Lezithin) am Cnidocil (ohne Bildung eines
Chemorezeptorpotentials), b) chemische Reize anderer, löslicher Stoffgruppen, die
wahrscheinlich von Sinneszellen rezipiert und synaptisch signalisiert werden, c)
Nahrungsaufnahme des Tieres und nachfolgende Hungerzeit, d) Botenstoff Dopamin-
(D2)Rezeptor-Agonisten und -Antagonisten (Psychopharmaka). Die biologischen
Funktionen dieser Modulationen sind: nur solche mechanischen Reize führen zur
Kapselentladung, die durch potentielle Beute hervorgerufen werden (chemische Sensitisierung
a und b); während der Verdauungszeit einer Nahrung wird keine zusätzliche Beute
gefangen (motivationsartige Modulation c-d).
In der Kausalkette zwischen mechanischem Reiz und exocytotischen Reaktionen der Zelle
konnten wir an drei unterschiedlichen Punkten reaktionsauslösend eingreifen (außer
mechanisch auch de- oder hyperpolarisierend elektrisch). In dieser Weise ließ sich
feststellen, daß die verschiedenen modulierenden und sensitisierenden Einwirkungen die
Kausalkette an unterschiedlichen Prozessgliedern fördern oder hemmen: an den
Mechanorezeptorkanälen oder den Ca-Kanälen des Exocytose-Apparats oder
seinem Fusionsmechanismus. Ihre leichte Zugänglichkeit qualifiziert die Nesselzellen als
Untersuchungsobjekt dieser modulatorischen Vorgänge; die Vorgänge entsprechen
Modulationen in Ganglienzellen höherer Organismen (z. B. D2-Rezeptoren
beteiligt in Psychosen des Menschen).
Elektronenmikroskopisch untersuchten wir die strukturelle Grundlage für die synaptische
Signalabgabe und -aufnahme der Nesselzellen und fanden einen neuartigen Synapsentyp mit
wenigen, großen Vesikeln, für die das cavicapture-Funktionsprinzip in Betracht kommt.
Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler:
Hans-Joachim Peter