Wissen vermitteln oder einfach nur spielen? Das Mutter-Kind-Spiel in drei Großstadt-Kulturen

Worum geht es?
Das kindliche Spiel ist ein wichtiger Kontext für die Entwicklung und das Lernen des Kindes. In vielen Familien – insbesondere der städtischen Mittelschicht – kommt dabei dem Mutter-Kind-Spiel eine wichtige Rolle zu. In dieser Studie haben wir uns mit der Frage befasst, was Mütter aus verschiedenen Kulturen über das Mutter-Kind-Spiel denken: was sind zentrale Ziele? Geht es eher darum, dass das Kind sich dem Spiel hingibt und seinen Ideen freien Lauf lässt? Soll es möglichst viel lernen? Daneben haben wir uns mit der Frage befasst, wie sich Mutter und Kind während des Spiels verhalten.

Was wurde gemacht?
Um das zu untersuchen, haben wir Familien aus Münster, New York und Chennai (Indien) zuhause besucht, als die Kinder etwa 2 Jahre alt waren. Bei diesem Besuch haben Mutter und Kind gemeinsam eine Reihe von Tätigkeiten unternommen (z.B. gemeinsam spielen, ein Buch ansehen, etc.), danach wurde die Mutter dazu befragt. Außerdem wurde während dieser Aktivitäten das Blickverhalten der Mutter über einen Eye-Tracker aufgezeichnet, hierzu werden die Ergebnisse an einer anderen Stelle berichtet.

Das kam raus!
Zum einen ist es so, dass das Mutter-Kind-Spiel den Müttern in allen drei Kulturen sehr wichtig war. Die Mütter in allen drei Kulturen haben ähnlich viele wichtige Ziele im Interview benannt und waren während des Mutter-Kind-Spiels auch ähnlich engagiert. Zum anderen war es so, dass es neben diesen Ähnlichkeiten eine Reihe von kulturspezifischen Besonderheiten gab. So war es zum Beispiel so, dass in Münster und New York das Spiel an sich und das Lernen etwa gleich häufig als wichtige Ziele im Interview benannt wurden, wohingegen die Mütter aus Chennai das Lernen und Vermitteln von Wissen stärker betont haben. Der Fokus der Mütter aus Chennai auf das vorschulische Lernen, hat sich auch direkt im Spiel gezeigt: obwohl die Mütter aus allen drei Kulturen ähnlich viel mitgespielt haben, haben Mütter aus Chennai häufiger Wissen vermittelt. Daneben war es so, dass die Mütter aus Münster und New York insgesamt das Kind und dessen Autonomie etwas stärker betont haben. Insgesamt zeigt sich also: das kindliche Spiel ist in allen drei Kulturen wichtig, allerdings werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt, die gut mit dem Stellenwert von Autonomie und den Ideen einer Kultur zur Funktion des kindlichen Spiels erklärt werden können.

Bei Interesse finden Sie hier die entsprechende Publikation:
Kärtner, J. & von Suchodoletz, A. (2021). The role of preacademic activities and adult-centeredness in mother-child play in educated urban middle-class families from three cultures. Infant Behavior and Development. https://doi.org/10.1016/j.infbeh.2021.101600

Wir bedanken uns recht herzlich bei allen Familien, die bei dieser Studie mitgemacht haben!