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Die Mitwirkenden des Studientages; es fehlen Thomas Neumann, Clauß Peter Sajak, Thomas Schüller und Petr Štica.

Die Würzburger Synode (1971-1975) – ein vergessenes Ereignis?

Studientag der Katholisch-Theologischen Fakultät und der Abteilung Fortbildung des Bischöflichen Generalvikariats in Münster

Anlässlich des 40. Jahrestages der Beendigung der Gemeinsamen Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland – besser bekannt als „Würzburger Synode“ – luden die Katholisch-Theologische Fakultät und die Abteilung Fortbildung des Bischöflichen Generalvikariats in Münster zu einem Studientag ein.

In der übervollen Aula der Katholischen Studierenden- und Hochschulgemeinde konnte die Dekanin, Judith Könemann, zusammen mit den versammelten Studierenden, wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen und Professor_innen und den anwesenden pastoralen Mitarbeiter_innen aus dem Bistum Münster besondere Gäste begrüßen: Dr. Dr. h. c. Marita Estor, zunächst Beraterin und später Mitglied der Synode, Dr. Dr. h. c. Friedrich Kronenberg, langjähriger Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und seinerzeit der stellvertretende Sekretär der Synode, Prof. Dr. Hanspeter Heinz, während der Synode Sekretär der Sachkommission „Charismen, Dienste, Ämter“, und Prof. Dr. Dr. Hermann Steinkamp, der Berater der Sachkommission „Christliche Diakonie“ und einer der vielen „Münsteraner“ auf der Synode gewesen ist.

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Dekanin Könemann begrüßt die Anwesenden.

Die Besonderheit des Ereignisses Würzburger Synode, die auch den Geist der damaligen Zeit atmete, wurde nicht zuletzt von den Zeitzeug_innen betont, aber auch, dass die Ergebnisse der Synode immer in die aktuelle Situation hinein weitergeschrieben werden müssten. Die Synode sei sicher kein vergessenes Ereignis, waren sich die „Synodalen“ einig, aber manche Ergebnisse seien eben auch nie umgesetzt worden und deshalb die damalige Situationsanalyse zum Teil heute immer noch gültig.

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Moderator Queckenstedt im Gespräch mit den Generationen.

In einem Generationengespräch, moderiert vom Direktor des Diözesanmuseums Osnabrück, Hermann Queckenstedt, an dem auch die Studierenden Rebbeka Krain und Benedikt Kern sowie Pastoralreferentin Elisabeth Scheffer, Pastoralassistent Matthias Grammann und der frühere Studentenpfarrer und langjährige Sprecher des Freckenhorster Kreises, Reinhold Waltermann, teilnahmen, sahen insbesondere die jüngeren Diskutant_innen in der Würzburger Synode unausgeschöpftes Potential. Es gelte die Synode nicht in ein zu kleines Licht zu stellen, denn z. B. sei ja das „personale Angebot“, das die Synode für die Jugendarbeit gefordert hatte, heute gar nicht mehr wegzudenken. Zugleich wurde betont, dass gerade mit Papst Franziskus die Kirche der Armen und die mehr externen Herausforderungen der Kirche wieder deutlich mehr in den Fokus gerückt würden als binnenkirchliche Fragen.

Wie sich Strukturen zu Inhalten verhalten und umgekehrt, war eines der zentralen Themen, die sich schnell herauskristallisierten und die Diskussionen des Tages durchzogen – ergänzt durch die Frage, wie Personen und Prozesse sich zueinander verhalten. Könemann hatte schon in ihrer Begrüßung auf den Zusammenhang von „Ereignis“ und „Akteur_innen“ hingewiesen. Friedrich Kronenberg illustrierte es anhand der Gestalt des Vorsitzenden, Julius Kardinal Döpfner; und die Ausführungen von Marita Estor über das Networking einer Gruppe von Synodalen und über die Bedeutung, die deren Austausch und deren Abstimmungen untereinander für das Gelingen der Synode selbst gehabt haben, war hier von großer Relevanz.

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Voges referierte über die Würzburger Synode als historischen Impuls für die Kirche der Gegenwart.

Ein anderes wichtiges Thema war die Bedeutung der Synodalität selbst. Stefan Voges, der an unserer Fakultät mit einer Arbeit über die Würzburger Synode promoviert worden ist, betonte in einer zeitgeschichtlichen Einordnung die Unhintergehbarkeit der Synodalität als zentrales Ergebnis des Ereignisses Synode. Eine weitreichende Synodalisierung der Kirche müsse, so Voges, in einer demokratischen Gesellschaft erstens selbstverständlich sein, damit die Kirche nicht das Vertrauen der Gläubigen verliere, zweitens eine ehrliche und ernstgemeinte Partizipation aller Gläubigen ermöglichen wollen. Drittens aber müssten synodale Versammlungen immer der Vergewisserung des Glaubens dienen.

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Reinhard Feiter im Gespräch mit dem Zeitzeugen Hanspeter Heinz.

„Nichts fordert so viel Treue wie lebendiger Wandel…“ – ausgehend von diesem Satz aus dem Synodenbeschluss „Unsere Hoffnung. Ein Bekenntnis zum Glauben in dieser Zeit“ zog Reinhard Feiter denn auch den Zeitzeugen Hanspeter Heinz ins Gespräch über die Bedeutung dieses Grundlagenpapier der Synode und über seine unabgegoltenen Impulse für die Gegenwart. Die Workshops am Nachmittag galten einerseits einzelnen Synodenbeschlüssen: Unsere Hoffnung (mit Marita Estor, Marianne Heimbach-Steins und Petr Štica), Der Religionsunterricht in der Schule (mit Clauß Peter Sajak und Thomas Neumann), Die pastoralen Dienste in der Gemeinde (mit Judith Könemann, Hanspeter Heinz und Reinhard Feiter), Ordnung für Schiedsstellen und Verwaltungsgerichte der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (mit Friedrich Kronenberg und Thomas Schüller), und andererseits bestimmten Grundfragen, wie: Synodalisierung – unverzichtbarer Impuls für die Pastoral der Gegenwart (mit Hermann Steinkamp und Stefan Voges), oder: Soll es eine zweite Würzburger Synode geben? (zugleich behandelt im Workshop von Kronenberg und Schüller).

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Hermann Queckenstedt, Marita Estor, Hanspeter Heinz, Hermann Steinkamp und Friedrich Kronenberg in der abschließenden Podiumsdiskussion.

Die abschließende Podiumsdiskussion mit den Zeitzeug_innen zum Ende der Veranstaltung schrieb die Synode eindeutig ins Heute fort, insofern sich alle Teilnehmer_innen darin einig waren, wie sehr auch die gegenwärtige Kirche der Synodalität, der Wahrnehmung des Volkes Gottes bedarf, um mit den gegenwärtigen Herausforderungen umgehen zu können. Kronenberg formulierte es so: Eine Synode, wie sie die Würzburger Synode, dargestellt hat, sei  „Ausdruck einer zeitgemäßen Verfasstheit von Kirche, die ihren Dienst an den Menschen inmitten der Welt leisten will.“ Er bezweifelte jedoch, dass die Kirche heute bereit wäre für eine weitere Synode. Ähnlich forderte Heinz: „Die Kirche muss den Dialog führen!“, sieht aber die Glaubwürdigkeit der Bischöfe und ihre Ernsthaftigkeit in Gefahr, wenn diese in einem bloßen Dialogprozess diskutieren, ohne zu Ergebnissen zu kommen.

Barbara Kormann, Fortbildungsreferentin der Hauptabteilung Seelsorge-Personal im Bischöflichen Generalvikariat, die gemeinsam mit Hermann Backhaus und Florian Kleeberg seitens des Bistums der Vorbereitungsgruppe angehört hatte, freute sich, dass mit diesem Studientag bereits zum zweiten Mal eine Kooperationsveranstaltung zwischen der Abteilung Fortbildung und der Katholisch-Theologischen Fakultät stattfinden konnte, um so den Austausch zwischen pastoraler Praxis und wissenschaftlichen Nachwuchs voranzutreiben.

Um im Dialog zu sein und die Diskussionen lebendig zu halten, wurden während des Studientages Stimmen von Teilnehmer_innen des Studientages in Videosequenzen eingefangen.  Die Video-Dokumentation des Studientages finden Sie hier.