Medizinische Chemie
Synthetische niedermolekulare Modulatoren des mitotischen Systems für die Tumortherapie
Mitosehemmstoffe besitzen eine herausragende Bedeutung in der Tumortherapie, was durch den Erfolg der
Taxane und die Verbreitung der Catharanthus-Alkaloide dokumentiert wird. Durch Angriff an den
Mikrotubuli, integralen Komponenten des mitotischen Spindelapparates, kommt es zu einer Störung der
Chromosomentrennung und die Zellteilung wird unterbrochen. Substanzen mit einem solchen
Wirkmechanismus richten sich insbesondere gegen schnell proliferierende Tumorzellen. Gegenstand der
Untersuchungen sind synthetische, niedermolekulare Tubulin-bindende Substanzen mit ausgeprägt
wachstumshemmenden Eigenschaften gegenüber zahlreichen Tumorzell-Linien. Untersuchungen zum
Wirkmechanismus ergaben neben einer Blockade des Zellzyklus ausgeprägte antimikrotubuläre
Aktivitäten in vitro sowie eine destabilisierende Wirkung auf die Mikrotubuli, den Hauptbestandteil der
Mitosespindel. Die präparativen Arbeiten dienen der Herausarbeitung der
Struktur-Wirkungsbeziehungen, einer verbesserten Wasserlöslichkeit sowie der Auffindung strukturell
verwandter antimitotisch wirksamer Substanzen mit vergleichbarer oder verbesserter Aktivität.
Besonderes Interesse gilt der Auffindung von non-MDR-Substraten (MDR: multidrug-resistance), da
zahlreiche Tumorzellen Kreuzresistenzen gegen antimitotisch wirksame Verbindungen wie z.B. die
Vinca-Alkaloide aufweisen. Weitere mechanistische Untersuchungen gelten der Bindungsstelle der Substanzen
am Tubulin und der Apoptose-induzierenden Aktivität.
Unsere Arbeiten konzentrieren sich außerdem auf potenzielle Hemmstoffe mitotischer Kinesine.
Kinesine sind sogenannte Motorproteine. Sie koppeln ATP-Bindung und -hydrolyse und nutzen den
Energiegewinn für eine unidirektionale Bewegung entlang der Mikrotubuli. Intensive Anstrengungen
gelten seit einiger Zeit den Hemstoffen mitotischer Kinesine als "next generation anti-mitotics". Die Substanzen Monastrol, S-Trityl-L-cystein oder CK-0106023 sind bekannte Inhibitoren. Bei den mitotischen Kinesinen (z.B.
HsEg5) handelt es sich um zytoskelettale Proteine, die für die Ausbildung einer bipolaren Mitosespindel
sowie deren Funktion von essentieller Bedeutung sind. Man erhofft sich von geeigneten Inhibitoren im
Gegensatz zu den herkömmlichen Spindelgiften verbesserte Selektivitäten und geringere
Nebenwirkungen im Vergleich mit klinisch etablierten Tubulininhibitoren. Mitotische Kinesine werden ganz
überwiegend in proliferierenden Zellen exprimiert. Somit wäre beispielsweise kein Effekt auf
postmitotische Neurone und damit eine geringere Zahl an Neuropathien zu erwarten. Diese gelten als typische
Nebenwirkung etablierter Tubulinbinder wie etwa der Taxane und resultieren aus einer Interaktion der
Substanzen mit neuronalen Mikrotubuli.
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