Prof. Dr. H.-J. Hinz
Mechanismus und Kinetik der Proteinfaltung
Der Mechanismus der in-vivo Faltung der ribosomal erzeugten linearen Polypeptidkette ist zur Zeit
noch nicht geklärt. Neuere theoretische Überlegungen schließen allerdings einen
Zufallsprozeß, der den gesamten Konfigurationsraum des Makromoleküls abtastet, aus und
schlagen eine trichterförmige Faltungslandschaft mit einer Mannigfaltigkeit von gleichwertigen
Faltungswegen vor. Zur Klärung dieser Fragestellungen sind kinetische Studien zur Charakterisierung
der Intermediärschritte auf dem Wege zur in-vitro Bildung der Tertiär- bzw.
Quartärstruktur eine wichtige Basis zum grundsätzlichen Verständnis der in-vivo
Prozesse. Die Existenz von faltungsfördernden Proteinen in-vivo, wie den
chaperones, beweist gerade, wie wichtig die Kontrolle instabiler Faltungsintermediate für
die Erreichung der stabilen nativen Konformation ist. Als Modellsysteme untersuchen wir monomere und
dimere Systeme, um mit letzteren den Einfluß der multimeren Struktur größerer Enzyme auf
das Faltungsverhalten simulieren zu können. Auf- und Rückfaltungsreaktionen werden isotherm
durch Konzentrationssprünge denaturierender Agentien oder der Wasserstoffionenkonzentration
induziert, und die Konformationsänderung wird über spektroskopische Verfahren (CD,
Fluoreszens, UV) verfolgt. Dabei wird der gesamte zugängliche Zeitbereich (ms bis h) durch
stopped-flow Messungen und konventionelle Langzeitstudien abgedeckt, um den Mechanismus der
Strukturbildung detailliert beschreiben zu können.