Lehrstuhl Prof. Dr. T. Kuhn gemeinsam mit Prof. Dr. C. Falter und PD Dr. V. M. Axt
Mikroskopische Gitterdynamik und Elektron-Phonon
Wechselwirkung
Für die meisten Eigenschaften des festen Körpers, besonders im kristallinen Zustand, ist die
Kenntnis der Schwingungszustände der Atome bzw. Ionen, d.h. der Phononen, von großer
Bedeutung. Um hierüber Aussagen zu erhalten, muss die Wechselwirkung zwischen den Atomen bekannt
sein, die wiederum durch die (äußeren) Elektronen der Atome des Festkörpers vermittelt wird.
Die Bestimmung dieser Wechselwirkung in einem Vielteilchensystem ist eines der grundlegenden Probleme der
Physik der kondensierten Materie. Neben idealen Kristallen werden auch defekte Kristalle, insbesondere aber
auch die Dynamik an Kristallober- und grenzflächen untersucht. Dementsprechend behandelt ein Teil der
Arbeitsgruppe die grundlegenden mikroskopischen Wechselwirkungen, die das Verhalten der Phononen und
Elektronen bestimmen. Dies geschieht im Rahmen geeigneter Methoden für das Vielteilchenproblem
mittels Dichte-Response Funktionen. Dadurch ist es möglich, ab initio Aussagen zu erhalten, ohne dass
phänomenologische Parameter in die Beschreibung einfließen. Ein besonderes Anliegen ist es, die
oft undurchsichtigen und schwer handhabbaren Response Funktionen physikalisch darzustellen. Dies wird
durch eine Zerlegung der Elektronendichte des Festkörpers in Anteile erreicht, die man den einzelnen
Ionen eindeutig zuordnen kann (Partialdichten, Quasi-Ionen Dichten). Solche mikroskopisch wohldefinierten
elementaren Einheiten der Dichte folgen den Ionen bei deren Auslenkungen in einer Gitterschwingung in
unveränderter Form und ihre Superposition ergibt wieder die Gesamtdichte des Festkörpers. Neben
diesen starren (lokalen) Anteilen der auslenkungsinduzierten Dichte- bzw. Potentialänderungen entstehen
zusätzlich nichtlokale Distorsionsanteile. Beide zusammen gestatten es, den Dichteresponse, die
Elektron-Phonon Wechselwirkung und die dynamische Matrix, mit deren Hilfe sich die Phononen berechnen
lassen, eindeutig in einen lokalen und einen nichtlokalen Anteil zu separieren. Ziel der Untersuchungen ist es,
die Kenntnisse im Bereich der mikroskopischen Gitterdynamik und der Elektron-Phonon Wechselwirkung zu
erweitern. Ein Vergleich mit experimentellen Ergebnissen ergibt sich u.a. über die
Phonon-Dispersionskurven, den Infrarot-Response und die Raman Streuung. Die Quasi-Ionen (Partialdichte-)
Methode wird auf kovalente und ionische Halbleiter, auf konventionelle Metalle und vor allem auf das Studium
der Hoch-Temperatur Supraleiter (HTSL) angewendet. Bei diesen aktuellen Untersuchungen werden
insbesondere langreichweitige, phononinduzierte Polarisationsprozesse der Elektronen, d.h. ganz
spezifische Distorsionsanteile der Dichte, unter Berücksichtigung starker Korrelation (Charge-Transfer
Fluktuationen und dipolare Polarisationsprozesse), und ihre Bedeutung für die nichtlokale
Elektron-Phonon Wechselwirkung und den Paarbildungs-Mechanismus in den HTSL studiert. Dabei spielt
insbesondere die Kopplung hochfrequenter Sauerstoff-Bindungsstreckmoden an die Elektronen der CuO
Ebenen der HTSL eine wichtige Rolle. Diese Elektron-Phonon Wechselwirkungsprozesse haben generische
Phononanomalien zur Folge. Weiter führen unsere Rechnungen aufgrund der langsamen
Elektronendynamik senkrecht zu den CuO Ebenen für die c-Achsen-Phononen in der metallischen
Phase der HTSL zu einer Wechselwirkung mit energetisch tiefliegenden Plasmonen. Schließlich werden im
Rahmen der klassischen Elektrodynamik auf der Grundlage der Rayleigh-Gleichung verschiedene
Wechselwirkungseffekte und die Propagation elektromagnetischer Oberflächenwellen an rauhen
metallischen Flächen untersucht, insbesondere die Anregung und Dispersion von Oberflächen
Plasmon-Polaritonen an periodisch rauhen Oberflächen, die u. a. ein Modell für einen
photonischen Kristall definieren. Derartige numerische und analytische Grundlagenuntersuchungen auf der
Nanoskala sind für optische Anwendungen zur Informationsübertragung durch Photonen von
Interesse.
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